Rz. 31

[Autor/Stand] Die Fahndungsdienste sind unverzichtbare Institutionen zur wirksamen Bekämpfung der Steuerkriminalität[2]. Neben der Sicherstellung des staatlichen Strafanspruchs dient die Aufklärung einer Steuerstraftat gleichzeitig auch fiskalischen Zwecken, da die FinB in den bislang unbekannten Steuerfällen die Steueransprüche festsetzen und durchsetzen können. Als Teil der mit der Vollziehung der Steuergesetze beauftragten Finanzverwaltung steht auch die Fahndung in der Pflicht, Steuern gleich- und gesetzmäßig festzusetzen (vgl. § 85 AO) und hilft dabei mit, die von Verfassungs wegen geforderte steuerliche Gleichbehandlung und gleichmäßige Lastenverteilung sicherzustellen.

 

Rz. 32

[Autor/Stand] Das Deklarationsprinzip bedarf der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip. Dies ist Ausdruck der vom Staat zu verwirklichenden Steuergerechtigkeit durch tatsächlichen Gesetzesvollzug und gleichzeitig Voraussetzung, um die Steuerlast gegenüber dem betroffenen Bürger zu rechtfertigen[4]. Ohne wirksame Kontrollen und Sanktionen ist dies nicht zu verwirklichen, wie es sich am Beispiel des vom BVerfG gerügten strukturellen Vollzugsdefizits bei der Besteuerung von Zinseinnahmen[5] und Spekulationsgewinnen[6] erwiesen hat (s. dazu § 370 Rz. 1500 ff. und nachst. Rz. 580 ff.).

Allerdings darf die Überzeugungskraft angezweifelt werden, wenn strafrechtliche Institutionen nicht mehr punktuell als ultima ratio, sondern als Instrument der Fiskalpolitik eingesetzt werden, und ob dies die gebotene Rechtsanwendungsgleichheit in den Massenverfahren der Steuerverwaltung tatsächlich sicherstellen kann[7].

 

Rz. 33

[Autor/Stand] Wie sich in der Praxis zeigt, werden mit diesem Ziel die Befugnisse der Steufa weit ausgelegt. Deren Tätigwerden bezieht sich unabhängig von der primären Aufgabe, steuerstrafrechtliche Ermittlungen zu führen, letztendlich darauf, Zwecke des regulären Besteuerungsverfahrens zu verfolgen. Dem entsprechen Tendenzen, die Steufa als "Flankenschutz" für die Festsetzungs-FÄ einzusetzen[9], (s. ausführlich Rz. 700 ff.) sowie die in der jüngeren Rspr. deutlich werdende Sichtweise des BFH, wonach der Gesetzgeber gerade das Gebot an die Steufa gerichtet habe, Steuerverkürzungen möglichst lückenlos zu verhindern, weshalb wenige Hinweise genügen, um die Ermittlungsschwelle des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zu überschreiten[10]. Verfassungsrechtlich ist diese Kontrollbefugnis der Steufa – so das BVerfG – im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung unbedenklich[11].

 

Rz. 34

[Autor/Stand] Die Steufa nimmt unter den Ermittlungsbehörden eine herausgehobene Stellung ein, da sie sowohl Aufgaben einer Fiskal- als auch einer Strafverfolgungsbehörde wahrnimmt. Diese Doppelfunktionalität ist verbunden mit einer möglichst effektiven Bündelung von Kompetenzen einer Strafverfolgungs- und einer Steuerermittlungsbehörde bei ein- und demselben Ermittlungsorgan[13] (s. Rz. 119 ff.).

 

Rz. 35

[Autor/Stand] Die besondere Stellung der Fahndung wird nochmals dadurch unterstrichen, dass sie – neben der ihr zugewiesenen Aufgabe, Steuerzuwiderhandlungen nachzugehen – zur Sicherstellung der Steueransprüche in einer dem Straf- und Besteuerungsverfahren vorgelagerten Phase tätig wird, in der die Fahndungserfahrung die Annahme stützt, dass (in einzelnen Bereichen) die steuerrechtlichen Pflichten nicht von allen Personen ordnungsgemäß erfüllt werden[15].

 

Rz. 36

[Autor/Stand] Wie die Fahndungsbehörden die ihnen vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Ermittlungsbefugnisse sowohl in strafrechtlicher als auch steuerlicher Hinsicht anzuwenden verstehen, zeigen nur allzu deutlich die Bankenverfahren mit groß angelegten Durchsuchungs- und Beschlagnahmeaktionen seit Mitte der 1990er Jahre. Die in diesem Zusammenhang an der Steufa geübte Kritik wird regelmäßig damit verknüpft, dass von unzulässigen "Rasterfahndungen", "Ausforschungsmaßnahmen", "Ermittlungen ins Blaue hinein" o.Ä. (s. Rz. 217 ff.) die Rede ist. Auch in jüngerer Vergangenheit zeigten wiederholt Ankäufe von Datensammlungen zu Auslandsvermögen in Deutschland steuerpflichtiger Personen und darauf gestützte aufsehenerregende Fahndungsaktionen auf, wie die Finanzverwaltung gedenkt, die steuerliche Ungleichbehandlung durch verstärkten Einsatz der Steufa zu beseitigen. (s. Rz. 586 ff.).

 

Rz. 37

[Autor/Stand] Derartige Fahndungsaktionen flankieren die vom Gesetzgeber für ausgewählte Bereiche geschaffenen erweiterten Verifikationsmöglichkeiten und Kontrollmechanismen, die sich vor allem durch das vom BVerfG[18] im Wesentlichen für verfassungsgemäß erklärte automatisierte Kontenabrufverfahren gem. § 93 Abs. 7, § 93b AO i.V.m. § 24c KWG (s. dazu näher Rz. 607 ff.), die Rentenbezugsmitteilungen und die Steueridentifikationsnummer. Bei zweckwidriger Verwendung der Steuer-Identifikationsnummer (§ 139b AO) war bis zum 24.5.2018 der § 383a AO a.F. anwendbar und nunmehr § 384a AO mit Verweis auf die DSGVO.[19]

 

Rz. 38

[Autor/Stand] Die doppelfunktionale Aufgabenzuweisung an die Steufa ruft seit jeher ...

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