Schrifttum:

Bornheim, Verfassungswidrige Steuern und Verlängerung der Festsetzungsverjährung aufgrund Steuerhinterziehung gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO, Stbg 1998, 549; Bornheim, Vermögensteuer in Hinterziehungsfällen, DB 1999, 2600; Bornheim, Steuerstrafverteidigung – Strafrecht – Steuerrecht – Wirtschaftliche Folgen, 2. Aufl. 2010; Gast-de Haan, Erlaß von Hinterziehungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen in den sogenannten Bankfällen?, DB 1999, 2441; Kindshofer/Wegner, Ist die Hinterziehung von Erbschaftsteuer weiter strafbar?, PStR 2007, 45; Kohlmann/Hilgers-Klautzsch, Bestrafung wegen Hinterziehung verfassungswidriger Steuern?, wistra 1998, 161 = Stbg 1998, 485; Plewka/Heerspink, Nichtabführung von verfassungswidrig überhöhten bzw. ungleichen Steuerforderungen – Steuer- und strafrechtliche Konsequenzen, BB 1999, 2429; Plewka/Heerspink, Zur Hinterziehung von Vermögensteuer, BB 2000, 292; Salditt, Die Hinterziehung ungerechter Steuern, in FS Tipke, 1995, S. 475; Schlepp, Die Vermögensteuer ist tot, es lebe die Vermögensteuer?, wistra 2004; 454; Spatschek/Seebode, Folgen der Verfassungswidrigkeit der Vermögensteuer für das Verfahrensrecht, BB 1999, 2480; Tipke, Kann das Steuerstrafrecht das Steuerrecht verbessern?, PStR 2000, 143; Wegner, Keine Strafbarkeit bei Nichtangabe von Spekulationsgewinnen, PStR 2003, 13; Wegner, Nochmals: Keine Strafbarkeit bei Nichtangabe von Spekulationsgewinnen, PStR 2004, 54; Wulf, Strafbarkeit der Vermögensteuerhinterziehung und § 370 als Blankettgesetz, wistra 2001, 41.

 

Rz. 1475

[Autor/Stand] Die mehrfachen Verdikte des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit einzelner Steuergesetze werfen die Frage nach den steuerstrafrechtlichen Konsequenzen dieser Rspr. auf.[2] Dabei geht es zum einen um die potentielle Strafbarkeit der entsprechenden Verkürzungen, zum anderen um die gravierenden finanziellen steuerlichen Nebenfolgen (wie verlängerte Festsetzungsfrist und Hinterziehungszinsen). Am deutlichsten zeigt sich die Problematik bei der Vermögensteuer (Rz. 1482) und bei der Zinsbesteuerung (s. Rz. 1500). Die Besonderheit liegt darin, dass das BVerfG – bis auf die Spekulationssteuer in den Jahren 1997/1998 – die befristete Weitergeltung der mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit gem. Art. 3 GG für unvereinbar erklärten Steuergesetze bis zu einer verfassungskonformen Neuregelung angeordnet hat.

 

Rz. 1476

[Autor/Stand] Die verfassungsrechtlichen Defizite der Besteuerungsregelungen wirken nach hier vertretener Ansicht zwangsläufig auf die Strafbarkeit zurück. Für das dem Schuldgrundsatz verpflichtete Strafrecht verbietet sich die Anwendung verfassungswidriger Steuernormen, deren Weitergeltung vornehmlich von haushaltspolitischen Erwägungen getragen wird. Die Bestrafung wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO setzt neben der formellen Gültigkeit auch die materielle Verfassungsgemäßheit der blankettausfüllenden Steuernorm voraus. Eine vom BVerfG für mit der Verfassung unvereinbar erklärte Steuernorm kann daher trotz vorübergehender Fortgeltung nicht Anknüpfungstatbestand des § 370 AO sein. Der enggefasste strafrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) fordert insoweit eine restriktive Auslegung sowohl der steuerlichen Ausfüllungsnorm als auch der strafrechtlichen Blankettnorm des § 370 AO. Geht der Schutzzweck des § 370 AO dahin, die Durchsetzung der gleichmäßigen Steuerbelastung sicherzustellen, dann folgt daraus, dass Steuerrechtsnormen, die diesem Grundanliegen nicht gerecht werden, aus dem Schutzbereich des § 370 AO herausfallen. Der Erfolg der Steuerverkürzung kann aus diesem Grund dem Täter oder Tatbeteiligten objektiv nicht zugerechnet werden[4].

Zudem ist es generell in Fällen der Verkürzung verfassungswidriger Steuern der Finanzverwaltung verwehrt, die verlängerte Festsetzungsfrist (zehn Jahre bei vorsätzlicher, fünf Jahre bei leichtfertiger Verkürzung) nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auszuschöpfen, denn dies setzt die Erfüllung der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung voraus. Folglich darf die Steuer nur für den Zeitraum von höchstens vier Jahren (§ 169 Abs. 1 Nr. 2 AO) nacherhoben werden[5].

Die Rspr. und ein Teil der Literatur ist dagegen anderer Auffassung[6]. Nähere Einzelheiten sind im Folgenden dargestellt (Rz. 1482–1507).

 

Rz. 1477– 1481

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

 

Rz. 1482

[Autor/Stand] Das BVerfG[9] hatte im Jahre 1995 die Vermögensteuer für partiell verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber bis zum 31.12.1996 eine Frist zur Neuregelung eingeräumt, die aber ergebnislos verstrichen war.

 

Rz. 1483

[Autor/Stand] Die Vermögensteuer für die Veranlagungszeiträume von 1983–1996 kann – insoweit unstr. – weiter veranlagt, Bescheide können vollstreckt werden[11]. Ergänzend hat das BVerfG 1998 entschieden, dass die Vermögensbesteuerung für Stichtage vor dem 1.1.1997 verfassungsrechtlich auch nach diesem Stichtag zulässig ist[12].

Der BFH hatte sodann auch die Festsetzung von Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) bei Vermögensteuer für ...

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