a) Allgemeines

 

Rz. 607

[Autor/Stand] Der Fahndung stehen für ihre Ermittlungen zwei Arten des Kontenabrufs, im Besteuerungsverfahren der steuerliche Kontenabruf nach § 93 Abs. 7, Abs. 8a, § 93b AO i.V.m. § 24c Abs. 1 KWG und im Strafverfahren der strafrechtliche Kontenabruf nach § 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG zur Verfügung.

 

Rz. 608

[Autor/Stand] Die Möglichkeiten der FinB und damit auch der Steufa sind im Steuerverfahren seit 2003 durch den sog. automatisierten Abruf von Kontoinformationen nach § 93 Abs. 7, Abs. 8a, § 93b AO erheblich erweitert und erleichtert worden[3]. Zwar konnten bereits zuvor Kreditinstitute als auskunftspflichtige Dritte nach § 93 Abs. 1 AO um Auskunft gebeten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung beim Stpfl. nicht zum Ziel führte (s. Rz. 596). Ein (Einzel-)Auskunftsersuchen setzt jedoch voraus, dass die Konten und Depots des Stpfl. den FinB bereits bekannt sind. Mit dem Kontenabrufverfahren besteht im Vorfeld hierzu die Möglichkeit, zunächst zu erfahren, bei welchem Kreditinstitut der Stpfl. überhaupt Konten unterhält, um so seine Angaben zu den Einkünften zu überprüfen und ggf. weitere Ermittlungen anzustellen. Seit 2019 regelt der neu eingefügte § 93 Abs. 8a AO, dass das die Abfrage durch ein obligatorisch zu verwendendes elektronisches Verfahren erfolgt[4].

 

Rz. 609

[Autor/Stand] Diese mit dem Kontenabruf verfolgte Intention des Gesetzgebers hat auch die Rspr. zur Kenntnis genommen und die damit verbesserten Verifikationsmöglichkeiten in steuerlichen Veranlagungsverfahren vor allem in Bezug auf die Besteuerung von Kapitalerträgen gewürdigt. Der BFH[6] hält angesichts dessen das vom BVerfG[7] gerügte strukturelle Erhebungsdefizit[8] bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften und Wertpapiergewinnen für die Veranlagungszeiträume ab 1999 für behoben (s. dazu näher § 370 Rz. 1502 f.)[9].

 

Rz. 610

[Autor/Stand] Von Beginn an war die Möglichkeit des Kontenabrufs und der damit verbundene umfassende Datenzugriff von harscher Kritik vor allem aus der Literatur und von Seiten der Datenschützer begleitet, sah man darin doch einen weiteren Schritt hin zum "gläsernen Steuerzahler"[11]. Das BVerfG[12] billigte, nachdem es bereits den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hatte[13], die Regelungen zum Kontenabruf im Wesentlichen (s. dazu Rz. 618 ff.). Immerhin führte die Verfassungsklage zu gesetzlichen Korrekturen im Detail.

Der Gesetzgeber ist in mehreren Schritten tätig geworden:

 

Rz. 611

[Autor/Stand] Das Kontenabrufverfahren wurde durch § 24c KWG[15] mit Wirkung zum 1.4.2003 eingeführt. Danach sind Kreditinstitute verpflichtet, die Stammdaten der Kunden (vor allem Konto-/Depot-Nr.; Tag der Errichtung und Auflösung; Name und Geburtsdatum des Inhabers bzw. Verfügungsberechtigten) in einer Datei zu führen und für automatisierte Zugriffe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bereit zu halten (sog. Kontenevidenzzentrale). Die Dateien sind ständig ("unverzüglich") zu aktualisieren, aufgelöste Konten und Depots dürfen erst zehn Jahre später gelöscht werden (vgl. § 24c Abs. 1 Satz 2–4 KWG). Das Kreditinstitut muss sicherstellen, dass ihm Abrufe nicht zur Kenntnis gelangen (§ 24c Abs. 1 Satz 6 KWG). Von Beginn an hatten Ermittlungsbehörden die Möglichkeit, bei Kreditinstituten bei begründetem Anlass über die BaFin an die von den Kreditinstituten gespeicherten Daten zu gelangen.

 

Rz. 612

[Autor/Stand] Im Zuge der Steueramnestie 2004/2005[17] wurde sodann mit Wirkung zum 1.4.2005 mit § 93 Abs. 7, § 93b AO den FinB die Nutzung des Kontenabrufs auch im Besteuerungsverfahren eröffnet[18]. Jedoch muss der Stpfl. seinen vorrangigen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sein. Zudem kann die Kontenabfrage nicht einzelne Kontenbewegungen oder Kapitalerträge ausweisen, sondern nur die Kontostammdaten (s. Rz. 623).

 

Rz. 613

[Autor/Stand] Neben den FinB können nach § 93 Abs. 8 Satz 1 AO auch andere enumerativ aufgezählte (Sozialverwaltungs-)Behörden (vor allem für Zwecke der Sozialhilfe, Grundsicherung – Arbeitslosengeld II, Ausbildungsförderung oder des Wohngeldes) das BZSt darum ersuchen, Kontendaten abzurufen, soweit dies in den von den jeweiligen Behörden durchgeführten Verwaltungsverfahren zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist. Diese Norm bedurfte jedoch einer Korrektur durch den Gesetzgeber, nachdem das BVerfG – unter Billigung der Regelungen zum Kontenabruf im Übrigen (s. dazu sogleich Rz. 618 ff.) – die ursprüngliche Gesetzesfassung für verfassungswidrig erklärt hatte. Nach § 93 Abs. 8 AO a.F. war der Kontenabruf über das BZSt erlaubt, soweit die anderen Behörden bei ihrer Tätigkeit an "Begriffe des Einkommensteuerrechts" anknüpften. Diese Regelung verstieß nach Ansicht des BVerfG gegen das Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit, da nicht bereichspezifisch und präzise beschrieben war, welche Stellen in sozialrechtlichen Angelegenheiten auf die Kontenstammdaten zugreifen durften[20]. Dem Urteil des BVerfG folgend besserte der Gesetzgeber nach un...

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