Rz. 544

[Autor/Stand] Steuerstrafrechtliche Ermittlungen werden vielfach durch Zufallserkenntnisse ausgelöst, die in Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahren andere Stpfl. betreffend gewonnen werden. Vor allem die Prüfungsdienste (einschließlich der Steufa), aber auch schon die Veranlagungsstellen sollen bei ihrer Tätigkeit die Augen nicht vor Unterlagen verschließen müssen, die auch Dritte betreffen, jedenfalls soweit sie diese Unterlagen bei der regulären Ermittlungsarbeit und dem Prüfungsauftrag entsprechend einzusehen haben.

 

Rz. 545

[Autor/Stand] Im Interesse der Steuergerechtigkeit können die daraus gewonnenen steuerrechtlichen Zufallsfunde zur Auswertung über sog. Kontrollmitteilungen an die für die Besteuerung des Dritten zuständige Stelle weitergeleitet werden (s. auch § 397 Rz. 12.1). Diese Kontrollmitteilungen können jedwede tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse Dritter zum Inhalt haben, deren Kenntnis für die Besteuerung möglicherweise von Bedeutung sein kann[3]. Für die steuerliche Außenprüfung existiert hierfür mit § 194 Abs. 3 AO (i.V.m. § 9 BpO 2000) eine ausdrückliche Regelung, ebenso für die Umsatzsteuer-Nachschau in § 27b Abs. 4 UStG. Danach können während einer Außenprüfung bzw. Nachschau festgestellte Verhältnisse dazu verwendet werden, die Besteuerungsgrundlagen einer anderen Person zu überprüfen[4].

 

Rz. 546

[Autor/Stand] § 194 AO Sachlicher Umfang einer Außenprüfung

(3) Werden anlässlich einer Außenprüfung Verhältnisse anderer als der in Absatz 1 genannten Personen festgestellt, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung dieser anderen Personen von Bedeutung ist oder die Feststellungen eine unerlaubte Hilfeleistung in Steuersachen betreffen.

 

Rz. 547

[Autor/Stand] Auch darüber hinaus wertet die Finanzverwaltung insgesamt in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften sowie als Ausfluss des Untersuchungsgrundsatzes (§ 88 AO) in sehr weitgehendem Umfang Erkenntnisse durch Kontrollmitteilungen aus[7]. Die Norm des § 194 Abs. 3 AO ist mithin keine Ermächtigungsnorm, sondern Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, da Kontrollmitteilungen grundsätzlich auch außerhalb einer Außenprüfung zulässig sind[8].

 

Rz. 548

[Autor/Stand] In der Praxis gibt es diverse Problemfelder, welche Anlass für eine Kontrollmitteilung sein können:

 

Beispiele

  • Branchenunübliche Sachverhaltsgestaltungen,
  • Geschäfte mit Auslandsbezug[10],
  • Geschäfte mit außergewöhnlich hohen Beträgen,
  • ungewöhnliche Zahlungs- und Abwicklungsmodalitäten,
  • Vorgänge mit vermuteten fingierten Geschäften,
  • Abfindungen, Provisionen und ähnlichen Vergütungen[11].
 

Rz. 549

[Autor/Stand] Soweit hiervon die Steufa im Rahmen steuerstrafrechtlicher Ermittlungen (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) oder bei Vorfeldermittlungen (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO) Gebrauch macht, fragt sich, ob sich die Fahndung überhaupt auf die Befugnisnorm des § 194 Abs. 3 AO berufen kann (s. Rz. 558 ff.) und wie die Abgrenzung hin zu strafprozessualen Zufallsfunden (§ 108 StPO) erfolgt[13].

 

Rz. 550

[Autor/Stand] Kontrollmitteilungen sind auch im Zuge von Betriebsprüfungen bei Banken nach allgemeinen Kriterien möglich[15]. Die früher bestehende Sonderregelung des § 30a Abs. 3 Satz 2 AO a.F., welche sich Einschränkungen von Kontrollmitteilungen bei der Außenprüfung eines Kreditinstitutes befasste, wurde mit Wirkung zum 25.6.2017[16] aufgehoben (s. Rz. 604).

 

Rz. 551

[Autor/Stand] Die Voraussetzungen, unter denen Kontrollmitteilungen gefertigt werden dürfen, bieten in der Praxis kaum noch Anlass für Rechtsstreitigkeiten. In Grenzbereichen besteht aber nach wie vor Diskussionsbedarf.

 

Rz. 552

[Autor/Stand] Geklärt ist mittlerweile, dass Kontrollmitteilungen nur dann "anlässlich" der Außenprüfung gefertigt werden und damit rechtmäßig sein können, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Gegenstand der Außenprüfung (zulässiger Prüfungstätigkeit) und der Feststellung steuerrechtlicher Verhältnisse Dritter (Inhalt der Kontrollmitteilung) besteht[19]. Die Kontrollmitteilung als eine Art Nebenprodukt darf nur Ausfluss einer "Reflexwirkung" der Prüfung sein[20]. Letztendlich stößt der Prüfer bei seiner Prüfungstätigkeit auf die Erkenntnisse, welche zu einer Kontrollmitteilung führen, ohne danach gesucht zu haben. Damit soll primär der geprüfte Stpfl. davor geschützt werden, dass die ihn betreffende Prüfung dazu missbraucht wird, über die allgemeinen Pflichten hinaus als Auskunftsperson in Besteuerungsverfahren anderer Personen mitzuwirken und die steuerrechtlichen Verhältnisse dritter Personen aufzuklären[21]. Der § 194 Abs. 3 AO schützt insoweit den Steuerpflichtigen, aber nicht den Dritten[22].

 

Rz. 553

[Autor/Stand] Eine gezielte Suche nach Kontrollmaterial ohne sachlichen Zusammenhang mit der Prüfung ("Ausforschungsprüfung") ist daher rechtswidrig; die dabei gewonnenen Aufzeichnungen und Erkenntnisse unterliegen einem Verwertungsverbot[24]. Demzufolge ist auch eine rastermäßige Auswertung der im Zuge der Außenprüfung gesichteten Unt...

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