Ergänzender Hinweis: Nr. 12, 13 AStBV (St) 2020 (s. AStBV Rz. 12, 13)

 

Rz. 12

[Autor/Stand] Bereits im allgemeinen Strafverfahren besteht die Notwendigkeit, dass die StA auch ohne Veranlassung eines Anzeige erstattenden Dritten auf Basis ihr aus anderen Gründen bekannt gewordener Umstände sog. Initiativermittlungen (RiStBV Nr. 6.1 f. Anlage E) ergreift[2]. Dies gilt erst recht für das Steuer(straf)recht: Wie sich aus der besonderen Natur der Materie ergibt, kommen die meisten Ermittlungsverfahren aufgrund amtlicher Wahrnehmung (vgl. § 385 Rz. 129), d.h. eigener Beobachtung durch Finanzbeamte und Fahndungsbeamte bei Amtshandlungen im Steuerermittlungs-, Steueraufsichts- oder Steuererhebungsverfahren in Gang.

 

Rz. 12.1

[Autor/Stand] Verfahrensauslöser für zunächst steuerrechtliche, nicht selten aber auch sogleich oder wenig später steuerstrafrechtliche Ermittlungen kann Kontrollmaterial anderer Dienststellen sein. Insbesondere die Prüfungsdienste sollen bei ihrer Tätigkeit die Augen nicht vor auch Dritte betreffende Unterlagen, die sie dem Prüfungsauftrag entsprechend einsehen, verschließen müssen und im Interesse der Steuergerechtigkeit daraus erzielte Erkenntnisse an die für die Besteuerung des Dritten zuständige Stelle zur Auswertung weiterleiten können.

Dies erfolgt über eine sog. Kontrollmitteilung nach § 194 Abs. 3 AO (s. dazu auch Rz. 25, vgl. umfassend zu den Voraussetzungen § 404 Rz. 232 ff.), d.h. die Auswertung von anlässlich einer Außenprüfung festgestellten Verhältnissen anderer Personen als des geprüften Stpfl. Es handelt sich quasi um ein Nebenprodukt der eigentlichen steuerlichen Prüfung.

Noch nicht abschließend geklärt ist in diesem Zusammenhang, ob es für Kontrollmitteilungen eines hinreichenden Anlasses als allgemeine Schwelle für steuerrechtliche Ermittlungen (s. § 404 Rz. 83) bedarf[4] oder ob sie auch als Stichproben gefertigt werden können[5].

Die vormals bestehende Sonderregelung in § 30a Abs. 3 Satz 2 AO a.F. für den Bankenbereich ist mit Wirkung zum 25.6.2017 durch das StUmgBG vom 23.6.2017[6] aufgehoben. Damit sind Kontrollmitteilungen nach den allgemeinen Kriterien möglich[7]. Auch Auskunftsersuchen sowie Sammelauskunftsersuchen nach dem neuen § 93 Abs. 1a AO sind gegenüber Kreditinstituten nunmehr nach den allgemeinen Regeln möglich.[8]

 

Rz. 12.2

[Autor/Stand] Die steuerliche Außenprüfung liefert nicht nur Informationen über dritte Personen, sondern bietet gerade auch hinsichtlich des geprüften Stpfl. immer wieder Ansatzpunkte, auch über die steuerstrafrechtliche Relevanz bestimmter Prüfungsfeststellungen nachzudenken. Gelangt der Betriebsprüfer auf Basis einer Nachkalkulation (innerer Betriebsvergleich) oder anhand einer anderen anerkannten Schätzungsmethode (äußerer Betriebsvergleich[10], Vorjahresvergleich, Geldverkehrsrechnung, Vermögenszuwachsrechnung[11]) zu einem steuerlichen Mehrergebnis, kann dies einen strafrechtlichen Anfangsverdacht der Steuerhinterziehung begründen, sofern die Voraussetzungen des Anfangsverdachts erfüllt sind.

Diese Gefahr besteht zum einen, wenn der Prüfer neben seiner Kalkulationsgrundlage weitere Umstände kennt, die ihn die Möglichkeit einer Steuerzuwiderhandlung (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 BpO 2000) bejahen lassen. Zum anderen besteht die Gefahr auch bei einer nicht unerheblichen Abweichung (schon ab 5 %) des vom Stpfl. ermittelten Betriebsergebnisses von der Kalkulation/Schätzung des Prüfers. Der Prüfer erteilt dann entweder einen Hinweis auf die noch ausstehende strafrechtliche Würdigung (§ 201 Abs. 2 AO, s. Rz. 26), oder er unterbricht sogleich die Prüfung und initiiert die Einleitung des Strafverfahrens (s. Rz. 27).

 

Rz. 12.3

[Autor/Stand] Die Datenauswertung in der Betriebsprüfung wird zudem seit Jahren immer effektiver. Die FinB haben gem. §§ 146, 147, 200 Abs. 1 Satz 2 AO Zugriff auf die mittels Datenverarbeitungssystemen geführte Buchhaltung der Stpfl. Über den unmittelbaren Datenzugriff (§ 147 Abs. 6 Satz 1 AO) kann der Prüfer unmittelbar Einsicht in die gespeicherten Daten nehmen und dazu das Datenverarbeitungssystem des Stpfl. nutzen. Eine Datenauswertung kann entweder nach den Vorgaben des Prüfers oder im Wege einer Datenträgerüberlassung erfolgen (§ 147 Abs. 6 Satz 2, 3 AO).

Zunehmend unterzieht die Finanzverwaltung das Buchführungswerk oder sonstige Aufzeichnungen von Stpfl. einer Plausibilitätskontrolle anhand von mathematisch-statistischen Methoden.

Beim sog. Chi-Quadrat-Test ist Ansatzpunkt die Kontrolle, wie häufig in einer Datenmenge bestimmte Ziffern im Vergleich zu anderen vorkommen[13]. Bei auffälligen, nicht mehr zufälligen Häufungen bestimmter Ziffern bedarf es weiterer Aufklärung. Die Methode nutzt das Phänomen, dass jeder unbewusst seine "Lieblingszahlen" häufiger als andere verwendet[14]. Damit lassen sich Manipulationen in der Buchführung (z.B. fingierte Umsätze, Kassenbestand) aufdecken. Zwar ist mit einem positiven Testergebnis weder der Beweis von Einnahmemanipulationen erbracht noch kann es als Grundlage für eine steuerliche Schätzu...

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