Ergänzender Hinweis: Nr. 16 Abs. 3, 29, AStBV (St) 2017.

 

Rz. 131

[Autor/Stand] Gemäß § 393 Abs. 1 Satz 4 AO ist die FinB verpflichtet, den Stpfl. über die sich aus Satz 1–3 ergebenden Rechte und Pflichten zu belehren, "soweit dazu Anlass besteht".

 

Rz. 132

[Autor/Stand] Bereits vor Beginn der steuerlichen Ermittlungen hat die Belehrung zu erfolgen, wenn das Steuerstraf- oder -bußgeldverfahren gegen den Beschuldigten wegen desselben steuerlich relevanten Sachverhalts schon eingeleitet worden ist[3]. Wann im Übrigen ein Anlass zur Belehrung besteht, ist umstritten.

 

Rz. 133

[Autor/Stand] Auch wenn eine möglichst frühzeitige Belehrung erfolgen sollte, genügt eine generelle Belehrung in abstrakter Form durch Aushändigung des Merkblatts zu Beginn der Prüfung nicht[5]. Für die Außenprüfung schreibt § 5 Abs. 2 BpO 2000 vor, dass bereits der Prüfungsanordnung (§ 196 AO) "Hinweise auf die wesentlichen Rechte und Pflichten des Stpfl. bei der Außenprüfung" beizufügen sind[6]. Die auf der Rückseite der Prüfungsanordnung abgedruckte Belehrung genügt nicht, denn darin wird nur abstrakt über die bei Verdacht erforderliche Einleitung informiert. Bei Steuerfahndungsprüfungen nach § 208 Abs. 1 Satz 3 AO wird bei gegebenem Anlass ein Merkblatt über die Rechte und Pflichten des Stpfl. ausgehändigt, das aber nicht – wie ausdrücklich vom Gesetzgeber gefordert – "in einer verständlichen Form über die sich aus § 393 Abs. 1 AO und § 404 AO ergebenden Rechte und Pflichten aufklärt", sondern sich missverständlich auf die Rechtsstellung des Stpfl. im Rahmen der Vorfeldermittlungen nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO bezieht[7].

 

Rz. 134

[Autor/Stand] Erforderlich ist vielmehr eine (mündliche) Belehrung in der konkreten Situation, wenn sich im Verlauf der Prüfung zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat[9] ergeben (s. näher § 397 Rz. 5 ff.)[10]. Dazu gibt es gleichlautende Anwendungserlasse der Länder[11]. Der Verdacht ist nicht zu verwechseln mit der eine strafbefreiende Selbstanzeige ausschließenden Tatentdeckung i.S.d. § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO (s. auch § 371 Rz. 629 ff.), die bei einem bloßen Tatverdacht noch nicht gegeben ist[12].

 

Rz. 135

[Autor/Stand] Bei entsprechendem Verdacht hat der Prüfer nach § 10 BpO (abgedruckt in § 397 Rz. 27) die Betriebsprüfung unverzüglich – ohne schuldhaftes Zögern – zu unterbrechen und die Strafsachenstelle zu unterrichten, die dann die Ermittlungen übernimmt (s. auch Nr. 130, 131 AStBV (St) 2017). Die Prüfung darf dann erst nach Mitteilung der Einleitung des Strafverfahrens und Belehrung über die strafprozessualen und abgabenrechtlichen Rechte fortgesetzt werden. Wegen der Einzelheiten s. § 397 Rz. 27 ff. Zur Unterrichtungspflicht im Rahmen von Vorfeldermittlungen s. § 397 Rz. 7.

 

Rz. 136

[Autor/Stand] Das gilt selbst dann, wenn lediglich die Möglichkeit besteht, dass ein Strafverfahren durchgeführt werden muss (§ 10 Abs. 1 Satz 2 BpO). Es genügen bereits "Anhaltspunkte, die zwar noch nicht zureichend sind, um einen Verdacht zu begründen, die jedoch eine Untersuchung des Falles durch die BuStra geboten erscheinen lassen" (vgl. Nr. 130 Abs. 3 AStBV (St) 2017). An den Verdacht sind also keine gesteigerten Anforderungen zu stellen, denn § 10 BpO soll gerade Klarheit und Eindeutigkeit in das Verfahren bringen[15]. Keinesfalls darf weiterhin steuerlich ermittelt werden, um etwa den Verdacht noch zu erhärten (s. Rz. 27). Ein Hinweis auf unzulässige verdeckte Ermittlungen könnte es sein, wenn der Prüfer ohne vorhergehenden Hinweis in den Betriebsprüfungsbericht den Schlusssatz aufnimmt, die Prüfung steuerstrafrechtlicher Sachverhalte bleibe vorbehalten. Wenn diese dann tatsächlich folgen, liegt die Annahme eines Verwertungsverbotes nahe (s. Rz. 158 f.).

 

Rz. 137

[Autor/Stand] Verbindliche (Nicht-)Aufgriffsgrenzen für die FinB oder die Steufa gibt es nicht. Die Wahrscheinlichkeit der Einleitung eines Strafverfahrens steigt jedenfalls mit der Höhe der festgestellten oder vermuteten Steuermehrerträge. Die nähere Handhabung des § 10 BpO regelt der gleich lautende Erlass der obersten FinB der Länder vom 31.8.2009[17]. Daraus ergibt sich zumindest für den Bußgeldbereich eine untere Grenze:

"Soweit bei offensichtlich leichtfertiger Begehungsweise nur der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit im Raume steht, kann eine Unterrichtung der BuStra unterbleiben, wenn das aufgrund der Tathandlung zu erwartende steuerliche Mehrergebnis insgesamt unter 5 000 EUR liegt und nicht besondere Umstände hinsichtlich des vorwerfbaren Verhaltens für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens sprechen [...]."

 

Rz. 138

[Autor/Stand] Vgl. dazu auch Nr. 104 Abs. 3 AStBV (St) 2017 betr. die Ahndung von Steuerordnungswidrigkeiten:

(3) Trotz Verdachts kann von der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit nach den vorstehenden Absätzen in der Regel abgesehen werden, wenn der verkürzte Betrag oder der gefährdete Betrag insgesamt weniger als 5 000 EUR beträgt, sofern nicht ein besonders vorwerfbares Verhalten für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens spr...

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