Rz. 629

[Autor/Stand] Die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige ist gem. § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO dann ausgeschlossen, wenn "eine der Steuerstraftaten" im Zeitpunkt der Nacherklärung "ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste".

 

Rz. 630

[Autor/Stand] Ebenso wie die anderen Ausschlussgründe beruht § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO auf der Erwägung, dass die Gewährung der Straffreiheit infolge Selbstanzeige nicht mehr gerechtfertigt erscheint, wenn die Tat bereits entdeckt ist. Wie bereits dargelegt, kommt es bei der Auslegung der Bestimmung nicht auf die Freiwilligkeit bzw. Unfreiwilligkeit an (s. Rz. 419 ff., 32). Mit der heutigen Fassung der Vorschrift hat der Gesetzgeber unmissverständlich klargestellt, dass es für die Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige auf die objektive Entdeckung der Tat und nicht auf deren irrtümliche Annahme durch den Täter ankommt[3].

Damit ist die früher umstrittene Frage[4] nach den Auswirkungen einer irrtümlichen Annahme der Tatentdeckung im Sinne der h.M. vom Gesetzgeber geklärt worden[5].

 

Beispiel

Stpfl. S, der über die B-Bank Geld in Luxemburg angelegt hat, glaubt Zeitungsberichten zufolge, dass auch die B-Bank von der Steufa wegen des Verdachts illegaler Kapitaltransfers durchsucht worden und man ihm dabei auf die Schliche gekommen sei. Er erstattet daher schleunigst Selbstanzeige bzgl. der nichtversteuerten Zinseinkünfte. In Wirklichkeit fand die Durchsuchung aber bei der D-Bank statt. Die Selbstanzeige ist selbstverständlich nicht deshalb unwirksam, weil S irrtümlich angenommen hat, seine Tat sei entdeckt worden.

 

Rz. 631

[Autor/Stand] Zu der objektiven Tatentdeckung muss hinzukommen, dass der Täter subjektiv davon Kenntnis hatte bzw. damit hätte rechnen müssen. Dieses zusätzliche subjektive Erfordernis besteht seit der Neufassung des § 410 RAO 1949 bzw. 1951, da die vorherige objektive Fassung das Risiko der Bestrafung für den selbstanzeigewilligen Täter nicht völlig ausschloss[7]. Die Tatsache der Tatentdeckung wird ihm häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium des Ermittlungsverfahrens bekannt.

 

Beispiel 5

A hatte bei einer Bank "zur Steuerhinterziehung" ein schwarzes Bankkonto angelegt. Bei einer Überprüfung der Bank stieß der Prüfer der FinB auf Kontokarten, die auf das erwähnte Konto hinwiesen.

Mit Recht wertete das LG Flensburg das Auffinden der Kontokarten als Entdeckung der Tat. Gleichwohl erkannte es dem A gem. § 410 (heute § 371 AO) Straffreiheit zu, weil ihm die Tatsache der Entdeckung bei Erstattung der Selbstanzeige nicht bekannt war.

 

Rz. 632

[Autor/Stand] Der fiskalische Charakter des § 371 AO fordert auch im Hinblick auf § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO eine restriktive Auslegung der einzelnen Voraussetzungen (s. Rz. 417 ff.).

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[3] BT-Drucks. 7/4291, 44.
[4] Vgl. nur Henneberg, INF 1971, 351.
[5] Joecks in JJR8, § 371 AO Rz. 301.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[7] Nunmehr besteht aber die Bestrebung, das subjektive Element wieder gänzlich aus dem Tatbestand zu streichen; vgl. Empfehlungen der Ausschüsse zum Entwurf des JStG 2010, BR-Drucks. 318/1/10; s. dazu auch Schauf/Schwartz, PStR 2010, 195 (196).
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021

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