Rz. 32

[Autor/Stand] Unter "Einbehalten" kann nur die Nichtauszahlung der rechnerisch dem Steuerabzug entsprechenden Beträge an den Steuerschuldner verstanden werden. Es kommt nicht darauf an, ob der zum Abzug Verpflichtete die Beträge tatsächlich aus seinem sonstigen Vermögen ausgesondert hat, also entweder bar beiseitelegt oder auf einem gesonderten Konto bereithält oder nicht[2]. Die Tatbestandsalternative "Nichteinbehalten" ist demnach mit der ungekürzten oder unvollständig gekürzten Leistung erfüllt. Daran kann eine spätere Rückzahlung durch den Leistungsempfänger oder ein entsprechend höherer Abzug bei einer späteren Leistung in einem nachfolgenden Anmeldezeitraum (nachträglicher Einbehalt, vgl. für die Lohnsteuer § 41c Abs. 1 Nr. 2 EStG) nichts ändern, wenngleich hier eine Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens auch Opportunitätsgründen angezeigt ist[3].

 

Rz. 32.1

[Autor/Stand] Der Arbeitgeber verwirklicht § 380 AO bei Auszahlung des ungekürzten (Brutto-)Lohnes. Denn er genügt seiner Verpflichtung, die Lohnsteuer einzubehalten, wenn er die Lohnsteuer vom Bruttolohn berechnet und nur den nach Abzug der Steuerbeträge verbleibenden Nettolohn an die Arbeitnehmer auszahlt[5] (zur Problematik der Nettolohnvereinbarung s. sogleich Rz. 33.2 ff.). Aus welchen Mitteln er später bei Abführung der Lohnsteuer die rein rechnerisch einbehaltenen Beträge finanziert, ist gleichgültig.

Zahlt der Arbeitgeber dagegen keinen Lohn oder wird der Lohn nur gutgeschrieben, ist § 380 AO nicht erfüllt[6], da es an einem Zufluss von Lohn mangelt (vgl. § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG)[7]. Durch Abschlagszahlungen kann die Einbehaltungspflicht nicht umgangen[8], sondern lediglich zeitlich verschoben werden (vgl. § 39b Abs. 5 EStG). Trotz Nichtzahlung des Lohnes müssen aber die üblicherweise geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers entrichtet werden, ansonsten ist der Straftatbestand der Beitragsvorenthaltung gem. § 266a StGB[9] erfüllt[10]. Im Sozialversicherungsrecht gilt nicht das Zuflussprinzip des Steuerrechts, sondern das Entstehungsprinzip (vgl. § 22 Abs. 1 SGB IV), weshalb eine strafbare Beitragsvorenthaltung vorliegen kann, "unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird" (vgl. § 266a Abs. 1 StGB)[11].

 

Rz. 33

[Autor/Stand] Die Höhe der einzubehaltenden Steuern, die der Abzugspflichtige selbst festzustellen hat, ergibt sich aus den einzelnen Steuergesetzen und beträgt für

Grundlage der Berechnung ist der volle Betrag der Einkünfte, d.h. der ausgezahlte Betrag zzgl. der einbehaltenen Steuern. Dabei ist entscheidend, welche Einkünfte dem Steuerschuldner tatsächlich zufließen, nicht, welche Bruttoeinkünfte zwischen dem Abzugspflichtigen und dem Steuerschuldner privatrechtlich vereinbart worden sind.

 

Rz. 33.1

[Autor/Stand] Stehen etwa dem Arbeitgeber am Zahltag nicht genügend Mittel zur Verfügung, um sowohl die Nettolöhne der Arbeitnehmer als auch die Lohnsteuer zu entrichten, so hat er die Nettolöhne durch Teillohnzahlung so zu kürzen, dass er neben dem zur Auszahlung gelangten Betrag die sich ebenfalls entsprechend verminderte Lohnsteuer noch begleichen kann. Die Einwendungen des Arbeitgebers, ihm hätten die Mittel zur Abführung der Lohnsteuer nicht zur Verfügung gestanden bzw. er habe die Kürzung der Löhne versäumt, um eine Abwanderung der Arbeitnehmer zu verhindern, können ihn nicht entlasten (s. auch Rz. 50, 48). Der Arbeitgeber hat vielmehr die Löhne entsprechend seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten zu kürzen und die verminderte Lohnsteuer zu entrichten[14]. Aufgrund der mit den Deliktsnormen § 266a StGB und § 380 AO verbundenen Privilegierung der Sozialkassen und Finanzkassen geht die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur vollständigen Abführung der Lohnsteuer der privatrechtlichen aus dem Arbeitsvertrag vor[15] (s. dazu auch Rz. 50.1 f.), wie auch die Regelung in § 38 Abs. 4 EStG bestätigt:

§ 38 EStG Erhebung der Lohnsteuer

(4) [1] Wenn der vom Arbeitgeber geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen oder der Arbeitgeber einen entsprechenden Teil der anderen Bezüge des Arbeitnehmers zurückzubehalten. [2] Soweit der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung nicht nachkommt und der Arbeitgeber den Fehlbetrag nicht durch Zurückbehaltung von anderen Bezügen des Arbeitnehmers aufbringen kann, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) anzuzeigen. [3] [...]. [4] Das Finanzamt hat die zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern.

 

Rz. 33.2

[Autor/Stand] Im Falle einer Nettolohnvereinbarung ist die Lohnsteuer derart zu berechnen, dass der ausgezahlte Nettolohn um die darauf entfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu erhöhen, d.h. zu einem Bruttoloh...

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