Rz. 475

[Autor/Stand] Das Erscheinen eines Amtsträgers in dem bisher erörterten Sinn hat den Verlust der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige zur Folge. Die Frage, wie weit diese Wirkung in persönlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht reicht, war in der Vergangenheit im Einzelnen heftig umstritten. Auch die Beschränkung der Sperrwirkung auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Prüfung seit dem 1.1.2015 hat nicht alle Zweifelsfragen beseitigen können.

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021

a) Persönlicher Umfang der Sperrwirkung

 

Rz. 476

[Autor/Stand] Auch in der seit dem 1.1.2015 geltenden Fassung sagt das Gesetz nichts darüber aus, in Bezug auf welche Person, d.h. welchen Tatbeteiligten, das Erscheinen zur steuerlichen Prüfung die Sperrwirkung auslöst[2]. Daher stellt sich die Frage nach dem Adressaten des Erscheinens. Diese Problematik ergibt sich vor allem bei mehreren Tatbeteiligten und insb. beim Erscheinen in einem Unternehmen. Anders als in Nr. 1 Buchst. a (dazu Rz. 435 ff.) hat der Gesetzgeber des AOÄndG 2015[3] in Nr. 1 Buchst. c des § 371 Abs. 2 Satz 1 AO keine Konkretisierung – bzw. Ausdehnung – des Adressatenkreises vorgenommen. Wäre insoweit ein Gleichlauf gewollt gewesen, hätte der Gesetzgeber den Wortlaut beider Sperrgründe auch insoweit parallel formuliert (wie er dies hinsichtlich der Beschränkung der Sperrwirkung auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Prüfung(sanordnung) getan hat. Abgesehen von der Einschränkung auf den sachlichen und zeitlichen Umfang bleibt es daher auch für nach dem 31.12.2014 abgegebene Selbstanzeigen bei der bisherigen Auslegung des Sperrgrundes und den damit verbundenen Unklarheiten[4].

 

Rz. 477

[Autor/Stand] Einigkeit besteht zumindest dahin gehend, dass auch im Rahmen von § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO der Umfang der persönlichen Sperrwirkung begrenzt ist. Die steuerliche Prüfung setzt ein konkretes Besteuerungsverfahren voraus, das durch die Person des Beteiligten (§ 78 AO) bestimmt ist[6]. Die Ausschlusswirkung des Erscheinens betrifft daher nur die Person, in deren Besteuerungsverfahren die Ermittlungen geführt werden und bei der der Amtsträger erscheint. Anderen Tatbeteiligten ist die Möglichkeit zur Selbstanzeige dadurch unbenommen.

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[2] Vgl. Kohler in MünchKomm/StGB3, § 371 AO Rz. 246 ff.
[3] BGBl. I 2014, 2415.
[4] So auch Gehm, StBW 2015, 105 (108); Buse, DB 2015, 89 (91).
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021

aa) Täter/Teilnehmer

 

Rz. 478

[Autor/Stand] Grundsätzlich tritt die Wirkung des Erscheinens bei einer von mehreren Beteiligten begangenen Steuerhinterziehung nur gegenüber dem Beteiligten ein, bei dem der Amtsträger zur steuerlichen Prüfung erschienen ist[2].

 

Beispiel

Prüfer P erscheint beim Stpfl. A, der mit wissentlicher Mitwirkung seines Steuerberaters S falsche Steuererklärungen abgegeben hat. Da P nur bei A, nicht aber bei S, zur Steuerprüfung erschienen ist, hat S noch die Möglichkeit zur Selbstanzeige wegen der von ihm begangenen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des A.

Etwas anderes gilt dann, wenn dem A bereits eine Prüfungsanordnung i.S.d. § 196 AO bekannt gegeben wurde. Nach dem erweiterten Adressatenkreis der Prüfungsanordnung nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO entfaltet die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung gegenüber dem Täter auch Sperrwirkung für eine Selbstanzeige des Gehilfen (s. Rz. 435).

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[2] Vgl. auch Beckemper in HHSp., § 371 AO Rz. 163; Joecks in JJR8, § 371 AO Rz. 232; Bilsdorfer, StBp 1988, 87; a.A. Jäger in Klein15, § 371 AO Rz. 129 für ausgeschiedene Mitarbeiter.

bb) Gesellschaft/Gesellschafter

 

Rz. 479

[Autor/Stand] Soll die Prüfung bei einer Kapitalgesellschaft (AG oder GmbH) durchgeführt werden, so sind davon nicht die einzelnen Gesellschafter in Bezug auf ihre persönlichen Steuern betroffen. Der BGH[2] hat grundsätzlich festgestellt, dass bei der Außenprüfung nach §§ 193 ff. AO das Erscheinen des Prüfungsbeamten die Möglichkeit zur strafbefreienden Selbstanzeige nur bei dem Stpfl. ausschließt, gegen den die Prüfungsanordnung (§ 196 AO) ergangen ist. Dieser in ständiger Rspr. vertretenen Auffassung[3] von der Maßgeblichkeit der Prüfungsanordnung sowohl in sachlicher als auch in persönlicher Hinsicht ist zu folgen. Letztlich ergibt sich dies nunmehr auch aus der Beschränkung auf die von der Außenprüfung umfassten Steuerarten. Aus dieser sachlichen Beschränkung folgt gleichzeitig auch eine Beschränkung in persönlicher Hinsicht. Findet bei einer GmbH eine Außenprüfung wegen Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer statt, sperrt dies nicht die Selbstanzeige eines Gesellschafters in Bezug auf dessen Einkommensteuer. Aber auch eine Selbstanzeige wegen – eigener – Umsatzsteuer ist nicht gesperrt, da es sich auch insoweit um eine eigene Steuerart handelt.

 

Rz. 480

[Autor/Stand] Bei außenstehenden Dritten kann der Betriebsprüfer nicht "erscheinen", weil der rechtspolitische Zweck der Vorschrift, die Möglichkeit der Selbstanzeige dann abzuschneiden, ...

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