Rz. 217

Der persönliche Umfang der Ausschlusswirkung ergibt sich aus dem Erscheinen des Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung, da eine steuerliche Prüfung ein konkretes Besteuerungsverfahren voraussetzt, das durch die Person des Beteiligten i. S. d. § 78 AO definiert ist. Die Ausschlusswirkung richtet sich somit nur gegen die Tatbeteiligten, in deren Besteuerungsverfahren die Ermittlungen geführt werden.[1] Das Erscheinen bei "anderen Personen" i. S. d. § 93 Abs. 1 AO, z. B. im Rahmen der Auskunftseinholung, begründet die Ausschlusswirkung nicht.

 

Rz. 218

Ist der am Besteuerungsverfahren gem. § 78 AO Beteiligte, gegen den sich die Ermittlungshandlungen richten, keine natürliche Person, sondern ein Rechtssubjekt mit eigener Steuerrechtsfähigkeit[2], so richtet sich die Wirkung des Ausschlussgrunds nach § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1c AO gegen den oder die für dieses Steuerrechtssubjekt nach § 79 AO handlungspflichtigen gesetzlichen Vertreter.

 
Praxis-Beispiel

Bei der X-GmbH hat eine Betriebsprüfung hinsichtlich der betrieblichen Steuern begonnen. Der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer Y kann keine Selbstanzeige hinsichtlich der von ihm für die X-GmbH begangenen USt-Hinterziehung mehr erstatten.

Die Ausschlusswirkung nach § 371 Abs. 1 Nr. 1c AO gilt aber aufgrund der Beschränkung auf den "sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung" nur hinsichtlich der Steuern dieses Rechtssubjekts, nicht hinsichtlich der Hinterziehung der persönlichen Steuern des Vertreters.

 
Praxis-Beispiel

Der Gesellschafter-Geschäftsführer Y hat bei der X-GmbH ordnungsgemäß als Betriebsausgaben gebuchte Vermittlungsprovisionen an sich selbst gezahlt, aber nicht in seiner ESt-Erklärung angegeben. Die begonnene Betriebsprüfung bei der X-GmbH hindert ihn nicht an der Selbstanzeige.[3]

 

Rz. 219

Bei mehreren Tatbeteiligten gilt die Ausschlusswirkung nur für den Tatbeteiligten, bei dem der Amtsträger erschienen ist, die Übrigen können noch ungehindert Selbstanzeige erstatten.

Strittig ist diese Frage nur, soweit es sich um eine "betriebsbezogene" Steuerhinterziehung handelt, die in dem geprüften Betrieb von mehreren Betriebsangehörigen begangen wurde, da der Gesetzgeber eine § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a AO vergleichbare Regelung – z. B. Sperrwirkung des Erscheinen beim Begünstigten – nicht geschaffen hat. Würde man insoweit nur auf den Inhalt der Prüfungsanordnung oder des Ermittlungsauftrags abstellen, so würde gar keine Sperrwirkung oder allenfalls eine Sperrwirkung für die gesetzlichen Vertreter oder Geschäftsführer i. S. d. § 34 AO eintreten. Dabei wird allerdings übersehen, dass sich auch für die anderen an der Tat Beteiligten durch das Erscheinen der Amtsperson das Entdeckungsrisiko in einem erheblichen Umfang konkretisiert hat, sodass keine originäre Wiedergutmachungsleistung mehr vorliegt. Vielmehr bedarf der Fiskus zur Erschließung der bislang unbekannten Steuerquelle nicht mehr der Mithilfe der Tatbeteiligten, weil die Entdeckung der Steuerquelle unmittelbar bevorsteht, sodass ein Anreiz für den Stpfl. zur Abgabe einer Selbstanzeige nicht mehr erforderlich ist (vgl. Rz. 163). Folglich löst das Erscheinen des Amtsträgers im Betrieb die Sperre für alle tatbeteiligten Betriebsangehörigen aus.[4] Vor dem Hintergrund, dass § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1c AO im Gegensatz zu den Nr. 1b und 2 allein auf objektive Merkmale abhebt, kann es auf die (potenzielle) Kenntnis der Betriebsangehörigen nicht ankommen.

Bei der Ermittlung "betriebsbezogener" Steuern dürfte die Ausschlusswirkung auch hinsichtlich der vor dem Erscheinen ausgeschiedenen Betriebsangehörigen eingreifen.[5]

 

Rz. 220

Für den sachlichen Umfang der Ausschlusswirkung ist zu unterscheiden:

  • Soweit für die Durchführung der Ermittlungshandlungen eine formalisierte Prüfungsanordnung i. S. v. § 196 AO erforderlich ist, also in den Fällen der Außenprüfung nach §§ 193ff. AO, bestimmt der Inhalt der Prüfungsanordnung den sachlichen Umfang der Ausschlusswirkung.[6] Diese besteht also nur für:

    • den Stpfl., gegen den sich die Prüfungsanordnung richtet, bzw. dessen handlungspflichtigen Vertreter[7];
    • die Steuerarten, die nach der Prüfungsanordnung geprüft werden sollen.[8] Die Rechtsprechung des BGH, nach der auch Selbstanzeigen bzgl. derjenigen Steuerarten gesperrt sind, die unter Berücksichtigung des Prüfungsziels einerseits und der steuerlichen Gegebenheiten des Stpfl. andererseits beim üblichen Gang der Außenprüfung ohnehin in die Prüfung einbezogen werden würden[9], kann aufgrund des seit dem 1.1.2015 geänderten Wortlauts und der ausdrücklichen Beschränkung auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung keine Anwendung mehr finden. Folglich greift auch keine steuerartenübergreifende Sperrwirkung mehr ein. Regelt die Prüfungsanordnung die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, so soll die Ausschlusswirkung hinsichtlich des gesamten ESt-Anspruchs eintreten[10] und nicht nur hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb[11];
    • die Besteuerungszeiträume, die durch die Prüfungsanordnung besti...

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