Rz. 1378

[Autor/Stand] Legt der Täter zum Nachweis angeblicher Vorsteuererstattungsansprüche im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung von ihm selbst gefälschte Einkaufsrechnungen, Lieferscheine und Verkaufsrechnungen vor, steht einer Verurteilung wegen der tateinheitlich mit der Steuerhinterziehung begangenen Urkundenfälschung nach § 267 StGB nach Ansicht des BGH auch nicht das Verwertungsverbot des § 393 Abs. 2 AO entgegen (s. § 393 Rz. 198 ff.)[2]. Die Vorlage unechter Urkunden erfolge nicht in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz. Dieser finde seine Grenze dort, wo es nicht mehr um bereits begangenes Fehlverhalten, sondern um die Schaffung neuen Unrechts gehe.

 

Rz. 1379

[Autor/Stand] Das Verwertungsverbot des § 393 Abs. 2 AO greift nach Ansicht der Rspr. auch nicht ein, wenn der Stpfl. im Rahmen einer Selbstanzeige (§ 371 AO) Urkundenfälschungen aufdeckt, die er zeitgleich mit einer Steuerhinterziehung begangen hat (s. auch § 393 Rz. 200 ff.)[4]. Diese Rspr. hat die Finanzverwaltung in Nr. 150 AStBV (St) 2020[5] (s. AStBV Rz. 150) übernommen.

 

Rz. 1380

[Autor/Stand] Im Zusammenhang mit dem Verwenden nachgemachter oder verfälschter Belege kommt auch ein besonders schwerer Fall i.S.d. § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO in Betracht (s. Rz. 1114 ff.). Sind die Urkundenfälschungen Teil einer einheitlichen prozessualen Tat i.S.d. § 264 StPO, ist die ausschließliche Zuständigkeit der StA gegeben (s. § 386 Rz. 95 ff.).

 

Rz. 1381

[Autor/Stand] Eine häufig vorkommende Form der Umsatzsteuerhinterziehung ist die Geltendmachung von Vorsteuern aus Scheinrechnungen, ohne dass zuvor ein steuerbarer Umsatz erfolgt und die ausgewiesene Umsatzsteuer durch den Rechnungsaussteller angemeldet oder gar entrichtet wird. Dadurch werden die Besonderheiten des weitgehend automatisierten Umsatzsteuererhebungssystems ausgenutzt. Nach § 15 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer die in den Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abziehen. In jenen Fällen werden regelmäßig zwei Umsatzsteuerhinterziehungen begangen: Die Scheinrechnung führt trotz Nichtvorliegens einer steuerbaren Lieferung oder Leistung zu einer Steuerpflicht in Höhe der in der Scheinrechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer (§ 14c Abs. 2 UStG). Diese hat der Aussteller der Rechnung zu erklären und zu entrichten. Unterlässt er die Erklärung und Abführung der Umsatzsteuer, begeht er eine Umsatzsteuerhinterziehung, sofern die ausgestellte Rechnung noch zum Vorsteuerabzug verwendet werden kann[8]. Daneben begeht der Rechnungsempfänger eine Umsatzsteuerhinterziehung durch die Geltendmachung der Vorsteuer, obwohl kein Umsatz getätigt wurde, der den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG genügt.

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2021
[2] BGH v. 11.9.2003 – 5 StR 253/03, wistra 2003, 429 (430); BGH v. 5.5.2004 – 5 StR 548/03, wistra 2004, 309 (312).
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2021
[4] BGH v. 5.5.2004 – 5 StR 548/03, wistra 2004, 309 (312); Nichtannahmebeschluss des BVerfG v. 15.10.2004 – 2 BvR 1316/04, wistra 2005, 175 = PStR 2005, 52 m. Anm. Birke = Inf. StW 2005, 249 m. Anm. Weyand; ebenso Bülte in Graf/Jäger/Wittig2, § 370 AO Rz. 359.
[5] BStBl. I 2019, 1142.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2021
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2021
[8] BGH v. 20.2.2001 – 5 StR 544/00, NStZ 2001, 380 = wistra 2001, 220.

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