Dreh- und Angelpunkt der Besteuerung einer Personengesellschaft respektive deren Mitunternehmer ist § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, der die Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, KG und anderen Gesellschaften als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert.[61]

Autonomes steuerliches Verständnis der Gesamthand: Die Personengesellschaft ist aus steuerlicher Sicht partiell rechtsfähig.[62] Für die steuerliche Einordnung soll es unerheblich sein, ob die zivilrechtliche Verselbständigung der Personengesellschaft maßgeblich ist[63] oder ob das Gesellschaftsvermögen als gesamthänderische Verbundenheit der Gesellschafter angesehen wird:[64] Denn diese zivilrechtliche Vorfrage dürfe nach Ansicht der Finanzgerichtsbarkeit[65] keine Auswirkung auf die Besteuerung der Personengesellschaft haben. Damit ist die zivilrechtliche Verselbständigung der Außengesellschaft für die steuerliche Behandlung dem Grunde nach ohne Bedeutung; schließlich hat sich ein autonomes steuerliches Verständnis der Gesamthand herausgebildet.[66]

Das steuerlich abgekoppelte Begriffsverständnis qualifiziert als Gesamthandsvermögen grundsätzlich das Gesellschaftsvermögen der Außengesellschaft.[67]

Die steuerliche Verselbständigung der Gesamthand kann etwa durch

  • eine partielle Steuersubjekteigenschaft einerseits sowie
  • die additive Gewinnermittlung der Personengesellschaft andererseits

nachgewiesen werden.

[61] Zur analogen Anwendung im Bereich der übrigen Gewinneinkünfte s. auch § 13 Abs. 7 und § 18 Abs. 4 S. 2 EStG.
[62] Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 15 Rz. 164; Tiede in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 15 Rz. 450 (8/2017).
[64] Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 15 Rz. 164.
[66] Möhlenbrock/Haubner, FR 2022, 54.
[67] Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 15 Rz. 228.

aa) Partielle Steuersubjekteigenschaft

Für die Frage der partiellen Steuersubjekteigenschaft gilt anzumerken, dass die Personengesellschaft – im Gegensatz zur intransparenten Besteuerung juristischer Personen[68] – nicht Gegenstand einer Einkommen- oder Körperschaftsteuer ist.[69] Allerdings ist sie für andere Steuerarten selbst Subjekt der Besteuerung und damit Steuerpflichtiger i.S.d. § 33 AO,[70] soweit der jeweilige Tatbestand erfüllt ist:

  • Die Umsatzsteuerpflicht etwa ergibt sich aus der Unternehmereigenschaft des § 2 Abs. 1 UStG. Damit kann auch eine Personengesellschaft als Unternehmer qualifizieren und eine eigene Umsatzsteuerpflicht begründen; eine eigene Rechtsfähigkeit ist insoweit irrelevant.[71]
  • Eine Gewerbesteuerpflicht resultiert aus § 5 GewStG, wonach als Steuerschuldner der Unternehmer angesehen wird. Dabei kann auch eine Personengesellschaft selbst Schuldner der Gewerbesteuer sein, soweit diese einen Gewerbebetrieb betreibt (§ 5 Abs. 1 S. 3 GewStG).[72]
  • Für Zwecke der Grunderwerbsteuer sind die möglichen Steuerschuldner in § 13 GrEStG aufgeführt.[73] Aufgrund der §§ 57 GrEStG können auch Gesamthandsgemeinschaften als selbständige Rechtsträger[74] – und damit Subjekt der Grunderwerbbesteuerung – anzusehen sein.[75]

Damit bleibt als Zwischenergebnis festzuhalten, dass steuerlich das Gesamthandsprinzip dergestalt umgesetzt wird, als dass die unternehmerisch tätige Personengesellschaft partielle Rechtsfähigkeit erlangt.

[68] S. dazu grundlegend Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2020, Rz. 10.10.
[69] Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 15 Rz. 162. Schließlich sieht der persönliche Anwendungsbereich in § 1 EStG und § 1 KStG keinen Besteuerungszugriff auf eine Personengesellschaft vor und kann damit allenfalls die dahinterstehenden Gesellschafter erfassen.
[70] S. dazu auch Wacker in Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 15 Rz. 164 m.w.N. zur eigenständigen Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft.
[71] BFH v. 21.4.1994 – V R 105/91, BStBl. II 1994, 671. S. dazu auch Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 33 AO Rz. 56 (2/2019) m.w.N.
[72] Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 33 AO Rz. 60 ff. (2/2019).
[73] Insoweit beschränkt auf natürliche und juristische Personen, s. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 33 AO Rz. 66 (2/2019).
[74] S. dazu z.B. BFH v. 24.4.2013 – II R 17/10, GmbH-StB 2013, 239 (E. Böing) = BStBl. II 2013, 833 Rz. 12; gleich lautende Erlasse betreffend die Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG v. 12.11.2018, BStBl. I 2018, 1334 Tz. 1. Andernfalls würden die Vorschriften der §§ 5, 6 GrEStG leerlaufen, vgl. dazu Drees in Behrens/Wachter, GrEStG, 1. Aufl. 2018, § 1 Rz. 11.

bb) Zweistufige/additive Gewinnermittlung

Die steuerliche Verselbständigung des Gesamthandsvermögens spielt daneben i.R.d. zweistufigen Gewinnermittlung eine tragende Rolle, die additiv vorzunehmen ist und sich aus dem Gewinn aus erster und zweiter Stufe zusammensetzt:

  • Der Gewinn auf erster Stufe beschreibt dabei den Gesamthandsgewinn, der sich auf Ebene der Personengesellschaft an sich ergibt. Dabei sind der Gewinn aus der...

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