Abkopplung vom zivilrechtlichen Begriffsverständnis der Innengesellschaft: Ein anderer Besteuerungsmechanismus kann auch deshalb nicht eintreten, da das Steuerrecht nicht zwischen einer zivilrechtlichen Selbständigkeit der Personengesellschaft mit eigenem Vermögen und der Qualifikation als Gesamthandsvermögen differenzieren will:[96] letztlich knüpft § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG nicht an die Qualifikation von Gesamthandsvermögen an[97] und ist insoweit vom zivilrechtlichen Begriffsverständnis der Innengesellschaft abgekoppelt.

Nach dem zugrunde liegenden steuerlichen Verständnis umfasst die Besteuerung auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung das Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft, das als Synonym für Gesamthandsvermögen herangezogen wird.[98] Das bedeutet, dass die steuerliche Definition des Gewinnanteils erster Stufe das Gesamthandsvermögen mit dem Gesellschaftsvermögen gleichsetzt und in der Folge auf das in der Vermögensphäre der Personengesellschaft erzielte Einkommen abstellt.

Steuerliches Besteuerungsverständnis weiterhin gültig: Da § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG

  • keinerlei Bezug zum Terminus des Gesamthandsvermögens aufweist und
  • auch keinen Bezug auf die zivilrechtlichen Vorschriften vornimmt,

muss das bislang entwickelte steuerliche Besteuerungsverständnis weiterhin gültig sein. Beachten Sie: Letztlich festigt sich die These, dass das zivilrechtliche Verständnis nun dem steuerlichen Verständnis angeglichen wird.

Keine Auswirkung auf Sonderbetriebsvermögen: Daraus ist nach der hier vertretenen Auffassung auch keine Auswirkung auf das Sonderbetriebsvermögen gegeben, das qua gesetzlicher Fiktion in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG gewisses Vermögen – jenseits der eigentlichen Sphäre der Personengesellschaft – als Bestandteil des Unternehmensvermögens qualifizieren will.

[96] Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 15 Rz. 164; BFH v. 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617 Rz. 3c; BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter B.III.6.
[97] Hubert, StuB 2021, 115; Wichmann, Stbg 2022, 86; Mayer/Käshammer, NWB 2021, 2522; Kahle, FR 2022, 379.
[98] Tiede in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 15 Rz. 456 (8/2017), der hier den Begriff des Gesellschaftsvermögens wohl mit dem Gesamthandsvermögen gleichsetzt; so explizit auch Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 15 Rz. 228.

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