Frage: Das Berufsrecht schreibt in § 69 Abs. 1 StBerG vor, dass Steuerberater zwingend einen allgemeinen Praxisvertreter bestellen müssen, wenn sie länger als einen Monat daran gehindert sind, ihren Beruf auszuüben. Die Vertreterbestellung erfolgt dabei privatrechtlich aufgrund vertraglicher Vereinbarung zwischen dem vertretenen Steuerberater und dem Vertreter, der seinerseits ebenfalls Steuerberater sein muss. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, auf Antrag einen Vertreter durch die zuständige Steuerberaterkammer bestellen zu lassen (öffentlich-rechtliche Bestellung). Hat der verhinderte Steuerberater weder selbst einen Vertreter bestellt noch die Vertreterbestellung beantragt, kann die zuständige Steuerberaterkammer die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen vornehmen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 StBerG).

Ausdrücklich wird von Gesetzes wegen (nur) dem von Amts wegen bestellten Vertreter eine angemessene Vergütung zugesprochen (§ 69 Abs. 4 Satz 4 StBerG). Wie verhält es sich in den übrigen Fällen und was ist unter einer angemessenen Vergütung zu verstehen?

Antwort: Es versteht sich von selbst und unterliegt keinem Zweifel, dass sowohl dem ausschließlich ­privatrechtlich als auch dem öffentlich-rechtlich auf Antrag bestellten Vertreter eine angemessene bzw. die übliche Vergütung zusteht. Die Bundes­steuerberaterkammer gibt hierzu sinngemäß folgende unverbindliche Hinweise (vgl. Berufsrechtliches Handbuch, Stand: September 2018, unter I.5.2.3.1):

„Die Vergütung bestimmt sich grundsätzlich nach der vertraglichen Regelung. Wurde eine solche nicht getroffen, richtet sich die Vergütung nach der Üblichkeit (§ 612 Abs. 2 BGB) und wird vom Vertreter nach § 316 BGB bestimmt. Schuldner der Vergütung ist der Vertretene (§ 69 Abs. 2 StBerG). Üblicherweise wird eine Zeitgebühr oder eine Pauschale vereinbart. Zudem hat der Vertreter gegenüber dem Vertretenen einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen gem. § 670 BGB (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 3 StBerG).

Können sich der Vertreter und der Vertretene nicht über die Höhe der Vergütung einigen, setzt die Steuerberaterkammer auf entsprechenden Antrag eines der Beteiligten die Vergütung fest und haftet in diesem Fall für die festgesetzte Vergütung wie ein Bürge (§ 69 Abs. 4 Sätze 5 und 7 StBerG).

Im Ausnahmefall, nämlich dann, wenn eine vereinbarte Vergütung nicht, auch nicht aus dem Gebührenaufkommen der Steuerberaterpraxis realisiert werden kann, kann der Vertreter eine nachträgliche Vergütung durch die Steuerberaterkammer beantragen und damit in den Genuss der Bürgenhaftung der Steuerberaterkammer kommen. ­Allerdings besteht in diesem Fall kein Anspruch auf eine Festsetzung der Vergütung in der mit dem Vertretenen vereinbarten Höhe. Vielmehr hat dies nach von der ­Rechtsprechung entwickelten Maßnahmen (u. a. Zeitaufwand, berufliche Erfahrung, Stellung des Vertreters) zu erfolgen.”

Der Begriff der angemessenen Vergütung ist ein der gerichtlichen Überprüfung unterliegender unbestimmter Rechtsbegriff (so für den wortgleichen § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO: BGH, Beschluss v. 30.11.1992, AnwZ (B) 27/92, NJW 1993, S. 1334). Der zu beachtende Bezugspunkt ist in den Fällen, in denen ein Vertreter von Amts wegen bestellt worden ist, das aus der Bestellung folgende öffentlich-rechtliche Verhältnis des Praxisvertreters, das primär dem Interesse der bestehenden Mandanten und des Berufsstandes zu dienen bestimmt ist.

Ein Anhaltspunkt für die Bemessung der Vergütung ist das Gehalt, das für einen Angestellten oder freien Mitarbeiter in einer Steuerberaterpraxis gezahlt wird. Zu berücksichtigen ist dabei der Zeitaufwand, den der Vertreter für die Bewältigung seiner Aufgabe benötigt, seine berufliche Erfahrung, die Schwierigkeiten der Dauer der jeweiligen Abwicklung wie auch der Umstand, dass die Tätigkeit des Vertreters eine Berufspflicht ist, die im Interesse des Berufsstandes geleistet wird (vgl. VG Frankfurt, Urteil v. 15.3.2006, 12 E 300/05, für die Vergütung eines Praxisabwicklers; wegen des Verweises in § 70 Abs. 5 StBerG auf § 69 Abs. 4 StBerG gelten diese Grundsätze auch bei der Bestellung eines allgemeinen Vertreters).

Gesamtvergütung statt Vergütung auf Stundenbasis als Alternative?

Nach Auffassung des VG Gelsenkirchen (Beschluss v. 7.11.2017, 7 K 138/16, DStR 2018, S. 47) ist die Zugrundelegung eines Stundensatzes jedenfalls bei umfangreichen länger andauernden Vertretungen von mehr als nur 2 oder 3 Monaten bei einem von Amts wegen zum allgemeinen Praxisvertreter bestellten Steuerberater kein geeigneter Ansatzpunkt für die Bemessung einer angemessenen Vergütung eines Vertreters, sondern es ist vielmehr die Festsetzung einer Gesamtvergütung für einen längeren Zeitraum angemessen. Als Anhaltspunkt kann dabei auf das Gehalt eines freien Mitarbeiters zurückgegriffen und bei einem jungen Berufsangehörigen die Vergütung nach E 14 TVöD zugrunde gelegt werden.

Relevante Faktoren sind danach überdies der für die Bewältigung der Aufgabe erforderliche Zeitaufwand, die berufliche Erfahrung des Bestellten und...

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