vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 3/24)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässige unechte Rückwirkung der Besteuerungsrecht für eine 2016 vereinbarte, aber 2017 bezahlte Abfindung bei Wegzug ins Ausland. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VI R 3/24)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Wird für ein in Deutschland ausgeübtes und Ende September 2016 beendetes Arbeitsverhältnis die Abfindung auf alleinigen Wunsch des 2017 in Malta ansässigen Arbeitnehmers erst im Jahr 2017 ausbezahlt, gilt die Abfindung nach § 50d Abs. 12 EStG in der Fassung des BEPS-UmsG als zusätzliches Entgelt für die frühere Tätigkeit und ist daher ungeachtet des DBA-Malta in Deutschland steuerpflichtig.
  2. Es liegt insoweit eine unechte Rückwirkung des ab 01.01.2017 geltenden Treaty-Override vor; dies ist verfassungsgemäß.
 

Normenkette

EStG § 50d Abs. 12; GG Art. 20; DBA MLT Art. 15 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2017

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Anwendung des § 50d Abs. 12 des Einkommensteuergesetzes bei der Berücksichtigung einer Abfindungszahlung im Zuge der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2017 (Streitjahr).

Die Klägerin wohnte zunächst in A und war als Mitarbeiterin der B beschäftigt. Mit Auflösungsvereinbarung vom 11.02.2016 (Bl. 104 der Einkommensteuerakte) beendeten die B und die Klägerin das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 30.09.2016 und vereinbarten als Ausgleich für die mit der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses verbundenen Nachteile eine im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses zahlbare Abfindung durch die B in Höhe von brutto … € (Ziffer 3 der Auflösungsvereinbarung).

Am 29.03.2016 kamen die Klägerin und die B überein, dass die Abfindung gemäß Ziffer 3 der Auflösungsvereinbarung vom 11.02.2016 nicht wie ursprünglich vereinbart im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses, sondern auf Wunsch der Klägerin erst mit der Gehaltsabrechnung für Januar 2017 zur Auszahlung gelangt (Bl. 108 der Einkommensteuerakte).

In der Folge kündigte die Klägerin mit E-Mail vom 29.06.2016 ihre Wohnung in A zum Ablauf des September 2016. Mit Mietvertrag vom 27.08.2016 mietete die Klägerin eine möblierte Wohnung in C (Malta); das Umzugsgut der Klägerin wurde von der Spedition am 14.09.2016 in A abgeholt und nach Malta verschifft.

Die B zahlte die Abfindung unter Einbehalt von Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag (vgl. die Lohnsteuerbescheinigung für das Streitjahr, Bl. 80 der Einkommensteuerakte) im Januar des Streitjahres an die Klägerin aus.

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Abfindung in Höhe von … € bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2016; über den hiergegen von der Klägerin eingelegten Einspruch ist bislang nicht entschieden.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr vom 01.04.2020 (Bl. 16 ff. der Einkommensteuerakte) erklärte die Klägerin --neben im Inland nicht dem Steuerabzug unterliegendem Arbeitslohn aus einem von der E Zweigniederlassung F gewährten geldwerten Vorteil in Höhe von … €, der hier nicht streitig ist-- im Rahmen der Angaben zum Progressionsvorbehalt insbesondere dem Steuerabzug nach § 50a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) unterliegende Einkünfte in Höhe von … €. Zugleich beantragte die Klägerin die Veranlagung nach § 50 Abs. 2 EStG.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 22.06.2021 setzte das FA die Steuer in Höhe von … € fest. Dabei berücksichtigte das FA insbesondere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von … € als inländische Einkünfte der Klägerin, von denen es … € mit Progressionsvorbehalt nach dem Grundtarif und … € nach § 34 Abs. 1 EStG versteuerte.

Am 02.07.2021 legte die Klägerin hiergegen Einspruch ein, den sie mit Verweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 07.07.2010 – 2 BvL 1/03 u.a. (BVerfGE 127, 31, Rn. 71) begründete. Bei einer erneuten nachträglichen Änderung der Vereinbarung mit der früheren Arbeitgeberin, für die es keinen Rechtsanspruch gegeben habe, wäre --so die Klägerin weiter-- von dem FA sicherlich § 42 der Abgabenordnung (AO) angewendet worden. Das FA verkenne zudem, dass ein Umzug der vorherigen Planung und Entscheidung bedürfe, die hier vor Beginn des Gesetzgebungsverfahrens erfolgt seien.

Mit Einspruchsentscheidung vom 07.10.2021, bei dem Bevollmächtigten der Klägerin eingegangen am 11.10.2021 (Montag), wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das FA im Wesentlichen aus, die Abfindung sei als sonstiger Bezug aufgrund des Zuflusses im Streitjahr in diesem Veranlagungszeitraum zu erfassen und unterliege nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d EStG der beschränkten Steuerpflicht. Unter Anwendung des § 50d Abs. 12 EStG stehe der Bundesrepublik Deutschland auch nach dem Recht der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ein Besteuerungsrecht an der Abfindung zu. § 50d Abs. 12 EStG sei nach § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG erstmals auf Abfindungen anzuwenden, die ab dem 01.01.2017 gezahlt wo...

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