rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung des Verfahrens wegen einer anhängigen Verfassungsbeschwerde

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens wegen eines beim BVerfG anhängigen Musterprozesses liegen nicht vor, wenn bereits eine wegen des gleichen Streitgegenstandes anhängige Verfassungsbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen worden ist.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 2 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2000

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob dem Kläger Kindergeld für seinen Sohn R. I. für das Jahr 2000 zusteht.

Mit Bescheid vom 22.10.2001 hob der Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn des Klägers R. ab Januar 2000 auf und forderte die Rückzahlung des für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2000 gezahlten Kindergeldes in Höhe von insgesamt 3.600,-- DM. Begründet wurde dies damit, dass die Einkünfte des Kindes im Streitjahr 2000 den für dieses Jahr geltenden Grenzbetrages von 13.500,-- DM überschritten hätten. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen habe das Bruttoarbeitsentgelt 16.062,28 DM betragen, hiervon sei der Arbeitnehmerpauschbetrag in Höhe von 2.000,-- DM als Werbungskosten in Abzug zu bringen, so dass der Grenzbetrag überschritten werde.

Der Kläger hat, vertreten durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, hiergegen Einspruch eingelegt. Er wendet sich nicht gegen die Höhe des vom Beklagten in Ansatz gebrachten Arbeitsentgeltes und des abgezogenen Werbungskostenpauschbetrages - dies ist unstreitig -, sondern weist auf den Arbeitnehmeranteil an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 3.316,89 DM hin. Darüber hinaus habe der Kläger auf den Bestand der Zahlungen vertraut und die Beträge bereits ausgegeben.

Mit Einspruchsentscheidung vom 08.04.2002 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben.

Im Klageverfahren vertritt er ebenfalls die Rechtsansicht, dass eine Rückforderung des gezahlten Kindergeldes nicht rechtmäßig sei, da das Geld vom Kläger verbraucht worden sei. Es liege somit eine Entreicherung vor, auf die er sich berufe. Im Übrigen habe der Sohn des Klägers einen Arbeitnehmeranteil an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 3.316,89 DM geleistet, die - so legt das Gericht den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 14.06.2002 aus - als abzugsfähige Aufwendungen berücksichtigt werden müssten.

Wegen Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten vom 08.05., 14.06. und 19.07.2002 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 22.10.2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2002 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt auch im gerichtlichen Verfahren die Auffassung, dass der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid zu Recht ergangen sei, da die Einkünfte des Sohnes des Klägers den Grenzbetrag von 13.500,-- DM überschritten hätten. Eine Berufung auf eine Entreicherung sei nicht möglich.

Die Beteiligten haben angeregt, ein Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 21.07.2000 (IV R 153/99) zur Frage des Einkünftebegriffes in § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) anzuordnen.

Die einschlägigen Kindergeldakten haben dem Gericht vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht sieht davon ab, gemäß der Anregung der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens zu beschließen bzw. das Verfahren auszusetzen.

Die Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des BFH für eine Aussetzung des Verfahrens wegen eines beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Musterprozesses vorliegen müssen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 07. Februar1992 III B 24, 25/91, BFHE 166, 418, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1992, 408; vom 18. September 1992 III B 43/92, BFHE 169, 110, BStBl II 1993, 123, und vom 25. August 1993 X B 32/93, BFHE 171, 412, BStBl II 1993, 797), sind nicht erfüllt. Zwar war gegen das von dem Beklagten erwähnte BFH-Urteil vom 21. Juli 2000 VI R 153/99 (BStBl II 2000, 566), bei dem es um die Verfassungsmäßigkeit des Grenzbetrages des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 1997 geht, Verfassungsbeschwerde eingelegt worden. Diese Verfassungsbeschwerde ist jedoch mit Beschluss vom 30.09.2002 (2 BvR 1781/00) als unzulässig zurückgewiesen worden. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Darüber hinaus ist nicht bekannt und auch vom Kläger nicht vorgetragen, dass den Finanzgerichten und/oder dem BFH zahlreiche andere Verfahren wegen der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung vorlägen. Die Tatsache, dass noch eine weitere Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des BFH vom 11.12.2001 VI R 16/00 beim BVerfG anhängig ist, ist daher unbeachtlich.

Ein Ruhen des Verfahrens kommt ebenfalls nicht in Betracht. Selbst wenn man die „Anregungen” der Beteiligten als Antrag im Sinne des § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 Ziv...

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