Kindergeld: Behindertes Kind in psychiatrischem Krankenhaus

Das FG Hamburg hat zur Kindergeldgewährung für ein behindertes Kind, welches in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist, entschieden.

Danach ist ein Kind, das an einer psychischen Erkrankung leidet, deretwegen ein Grad der Behinderung von 80 mit dem Merkmal "H" festgestellt ist, und das wegen im Zustand der Schuldunfähigkeit begangener rechtswidriger Taten nach § 63 StGB (einstweilen) in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist, i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG gerade wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten.

Kind mit hebephrener Schizophrenie

Worum ging es in dem Fall? Der Sohn der Klägerin leidet unter einer hebephrenen Schizophrenie. Bei vier rechtswidrigen Körperverletzungen, die sich jeweils gegen das Pflegepersonal in einem Klinikum richteten, handelte der Sohn nach der Überzeugung des Amtsgerichts Hamburg jeweils ohne Schuld wegen aufgehobener Steuerungsfähigkeit. Die Familienkasse hat die Festsetzung des Kindergeldes aufgehoben, da der Sohn nicht als behindertes Kind gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen sei, weil seine Behinderung nicht ursächlich dafür sei, dass er seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten könne. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass die Behinderung kausal für die Unfähigkeit sei, sich selbst zu unterhalten.

Anspruch auf Kindergeld

Die zulässige Klage ist begründet und die Klägerin hat im Streitzeitraum einen Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn. Nach Auffassung des FG erfolgte im Streitfall eine Unterbringung wegen einer schuldlos im Zustand der (behinderungsbedingten) Steuerungsunfähigkeit begangenen Tat. Eine eigenständige Willensentscheidung des Sohnes, an die sich der Beginn einer neuen Kausalkette anknüpfen ließe, liege hier daher nicht vor. Dementsprechend könne in der Unterbringung keine, die behinderungsbedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt überholende Ursache liegen. Es bestehe daher kein Unterschied zu einer sonstigen behinderungsbedingten vollstationären Unterbringung. Die Behinderung sei nach Überzeugung des FG die weit überwiegende Ursache für die Unfähigkeit des Sohnes zum Selbstunterhalt.

Revision ist beim BFH anhängig

Das FG hat die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Verfahren ist anhängig, Az beim BFH III R 42/22. In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene gegen die ablehnenden Bescheide der Familienkasse unter Hinweis auf das angegebene Verfahren Einspruch einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 AO verweisen.

FG Hamburg, Urteil v. 26.10.2022, 5 K 181/19

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