Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung eines Zweifamilienhauses mit übergroßer Wohnfläche

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine die Anwendung des Sachwertverfahrens rechtfertigende besondere Gestaltung liegt vor, wenn die Wohnfläche eines Zweifamilienhauses mehr als 220 qm beträgt.

2. Durch die Bewertung im Sachwertverfahren liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG vor.

 

Normenkette

BewG § 76 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.10.2005; Aktenzeichen II S 9/05)

BFH (Beschluss vom 22.07.2005; Aktenzeichen II B 121/04)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Zweifamilienhaus des Klägers im Sachwertverfahren oder im Ertragswertverfahren zu bewerten ist. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Nach der unentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks in der Größe von 1.608 qm im Jahr 1995 hat der Kläger auf diesem Grundstück in einem Ortsteil von A ein Zweifamilienhaus errichtet, das im Jahr 1997 fertig gestellt worden ist. Die Baukosten hat der Kläger gegenüber dem Finanzamt mit 500.000,-- DM und gegenüber der Baugenehmigungsbehörde mit voraussichtlich 650.000,-- DM angegeben. Nach der vom Kläger eingereichten Wohnflächenberechnung hat die Hauptwohnung eine Größe von 228,42 qm und die abgeschlossene Einliegerwohnung eine Größe von 53,71 qm. Der Beklagte (das Finanzamt) hat der Hauptwohnung noch einen Werkraum im Keller mit der halben Nutzfläche von 4,72 qm zugerechnet und damit die Wohnfläche der Hauptwohnung insgesamt mit 233 qm angesetzt. Da die Wohnfläche der Hauptwohnung größer war als 220 qm hat das Finanzamt eine Bewertung der wirtschaftlichen Einheit im Sachwertverfahren für erforderliche gehalten und die Raummeterpreise durch seinen Bausachverständigen ermitteln lassen. Auf dessen Bericht vom 23.09.2002 wird Bezug genommen (Bl. 98/12 ff EW-A). Auf der Grundlage dieser Ermittlungen hat das Finanzamt mit Einheitswertbescheid vom 07.11.2002 die Grundstücksart Zweifamilienhaus mit einem Einheitswert von 83.033,-- EUR (162.400,-- DM) festgestellt. Gegen die Feststellung des Einheitswerts hat der Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt, mit dem er die Bewertung des Grundstücks im Ertragswertverfahren begehrt hat. Das Finanzamt hat den Einspruch mit Entscheidung vom 15.01.2003 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewiesen. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, die Wohnfläche der Hauptwohnung betrage nicht 233 qm, sondern 228,42 qm. Von dieser Fläche werde ein Raum von 9,92 qm, der in den Bauplänen mit „Arbeiten” bezeichnet sei, als Abstellraum genutzt. Selbst wenn man diesen Raum der Wohnfläche der Hauptwohnung zurechne, werde die von der Rechtsprechung und der Verwaltung aufgestellte Grenze von 220 qm nur geringfügig überschritten. Diese Grenze sei zudem willkürlich und ohne gesetzliche Grundlage und führe, wenn man sie so absolut nehme wie das Finanzamt, zu ungerechten Ergebnissen. Die Ungleichheit der Behandlung zeige sich insbesondere im Vergleich seines Falles mit dem vom BFH mit Urteil vom 07.11.2000 - II R 45/99 (BFH/NV 2001, 583) - entschiedenen Fall. Im Urteilsfall habe das 1977 errichtete Einfamilienhaus bei einer Wohnfläche von 191 qm eine luxuriöse Ausstattung und ein Schwimmbad gehabt bei Gesamtherstellungskosten von damals 760.000,-- DM. Trotzdem sei das Objekt im Ertragswertverfahren bewertet worden. Dagegen hätten im Streitfall die Herstellungskosten für sein 20 Jahre später gebautes Zweifamilienhaus deutlich unter den Kosten des Vergleichsfalles gelegen, und sein Gebäude verfüge weder über eine gehobene Ausstattung noch über ein Schwimmbad. Wenn es dennoch im Sachwertverfahren bewertet werden solle, so liege darin ein nicht von Art. 3 Grundgesetz (GG) gedeckter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Zudem verkenne das Finanzamt, dass sich die Wohnbedürfnisses seit dem Hauptsfeststellungszeitpunkt gewandelt hätten und daher auch die Rechtsprechung angepasst werden müsse und dass die Nichtberücksichtigung der Familiengröße einen Verstoß gegen den Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG darstelle.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Finanzamt unter Änderung des Einheitswertbescheids vom 07.11.2002 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15.01.2003 zu verpflichten, den Einheitswert zum 01.01.1998 für das Grundstück ........................ in A unter Anwendung des Ertragswertverfahrens neu festzustellen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt es Bezug auf die einschlägige Rechtsprechung des BFH, die auch im Streitfall anwendbar sei.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 02.04.2004 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen, § 6 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Dieser entscheidet durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet haben, § 90 Abs. 2 FGO. Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung ei...

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