Leitsatz

Bei der Berechnung des Monatsnutzungsgrads i.S.v. § 25 Abs. 3b MinöStG 1993 von Gas- und Dampfturbinenanlagen (GuD-Anlagen) mit Wärmeauskopplung ist wie bei herkömmlichen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen ohne nachgeschaltete Dampfturbine allein die durch die Gasturbine erzeugte thermische und mechanische Energie (sog. kleiner Bilanzkreis) zugrunde zu legen.

 

Normenkette

§ 25 Abs. 3a Nr. 3.1, § 25 Abs. 3b MinöStG 1993

 

Sachverhalt

Ein Energieversorgungsunternehmen, das Letztverbraucher mit Strom versorgt, begehrte gem. § 25 Abs. 1 Nr. 5 des MinöSt-Gesetzes (MinöStG 1993) die Vergütung der MinöSt für das seit Mai 2000 in ihrem Gas- und Dampfkraftwerk (GuD-Anlage) verwendete Erdgas. In der GuD-Anlage werden die bei der Verbrennung des zur Stromerzeugung eingesetzten Erdgases in der Gasturbine entstehenden heißen Gase zur Erzeugung von Dampf genutzt; der Dampf wird sodann in einer nachgeschalteten Dampfturbine zur weiteren Stromerzeugung verwendet oder als Nutzwärme in das Fernwärmenetz eingespeist.

Das HZA lehnte die Vergütung ab, weil bis November 2000 der geforderte Monatsnutzungsgrad von 70 % nicht erreicht worden sei und sich ab dem Monat Dezember 2000 ein solcher Nutzungsgrad nur dann ergebe, wenn man bei der Berechnung des Monatsnutzungsgrads ausschließlich auf die Erstnutzung des Gases zur Herstellung von Kraft und Wärme abstelle; bei einer GuD-Anlage mit Wärmeauskopplung seien jedoch die in den nachgeschalteten Turbinen entstehenden Generatorverluste zu berücksichtigen.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.04.2006, 6 K 1720/04 Z, Haufe-Index 1501455, EFG 2007, 1733).

 

Entscheidung

Das konnte der BFH bestätigen: Dem Kraftwerk steht die Steuervergütung entsprechend dem Wortlaut des MinöStG (jetzt gleichlautend das EnergieStG) zu. Hätte der Gesetzgeber eine Berücksichtigung des Energie-outputs bei allen GuD-Anlagen sicherstellen wollen, hätte er sich klarer ausdrücken müssen.

 

Hinweis

Kraftwerke, die mit Öl oder Erdgas betrieben werden und bei denen die bei der Stromerzeugung entstehende Wärme (z.B. für Fernheizungen) genutzt wird (sog. KWK-Anlagen), können von der MinöSt entlastet werden, wenn der durchschnittliche Nutzungsgrad, also das Verhältnis zwischen Energieeinsatz und Energieausbeute, mehr als 70 % beträgt. Ausgenommen hiervon sind seit dem Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform von 1999 Anlagen, in denen die in der Gasturbine, welche Strom erzeugt, entstehende Wärme in einer (nachgeschalteten) Dampfturbine ebenfalls zur Stromerzeugung genutzt wird (sog. GuD-Anlagen); diese neuartigen Anlagen kommen nur dann in den Genuss der MinöSt-Vergütung, wenn ihr elektrischer Wirkungsgrad mehr als 57,5 % beträgt (Dampfturbine und Gasturbine zusammengerechnet).

Können solche GuD-Anlagen eine MinöSt-Vergütung ungeachtet dessen, ob sie diesen Wirkungsgrad erreichen, dann beanspruchen, wenn sie die in der Dampfturbine entstehende Wärme nicht vollständig für die Stromerzeugung weiterverwenden, sondern teilweise wie die herkömmlichen KWK-Anlagen als Wärme (sog. GuD-Anlagen mit Wärmeauskoppelung)? Unterliegen sie dann also lediglich der Forderung nach einem 70 %-Nutzungsgrad bei dem Energieeinsatz in der Gasturbine, ungeachtet dessen, dass der Nutzungsgrad der Anlage wegen des Energieverbrauchs der Dampfturbine geringer ist?

Es ist leicht zu erkennen, dass eine solche Begünstigung von Anlagen mit Wärmeauskopplung im Verhältnis zu Anlagen ohne Wärmeauskopplung leicht zu ungerechten oder geradezu willkürlichen Ergebnissen führen kann. Man fragt sich auch, was es rechtfertigen soll, die mineralölsteuerrechtliche Förderungswürdigkeit solcher Anlagen nicht nach ihrem Energie-output, sondern nach ihrer Effizienz lediglich auf einer Zwischenstufe des Produktionsprozesses zu beurteilen. Dass Errichtung und Betrieb solcher Anlagen betriebswirtschaftlich sinnvoll sein kann (wegen der größeren Flexibilität in der Herstellung des Kraft-Wärme-Mischungsverhältnisses), versteht sich (sonst wären sie wohl nicht erfunden worden); aber ist das ein Kriterium des Gesetzes (das aus ökologischen Gründen um eine energetisch effektive Verwendung fossiler Energien besorgt ist) und wie sollte das im Einzelfall geprüft werden?

Im Gesetzestext hat die Behandlung von GuD-Anlagen mit Wärmeauskoppelung freilich keine Berücksichtigung gefunden; auch die Materialien helfen insofern nicht weiter. Das war für den BFH Grund genug, GuD-Anlagen mit Wärmeauskoppelung schlicht wie herkömmliche KWK-Anlagen zu behandeln und vor der Energievernichtung in der Gasturbine die Augen zu verschließen. Alles Weitere soll offenbar der Gesetzgeber richten (was er rückwirkend schwerlich vermag).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.04.2008, VII R 26/06

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