Rz. 10

Wann Leistungen geförderte Altersvorsorgebeiträge darstellen, ist umstritten.

 

Rz. 11

Nach Auffassung des BGH ist maßgeblicher Aspekt für den Pfändungsschutz nicht die Förderfähigkeit, sondern die tatsächlich gewährte Förderung. Das Kapital aus einem Altersvorsorgevertrag soll demnach erst dann unpfändbar sein, soweit der Altersvorsorgevertrag im maßgeblichen Zeitpunkt der Pfändung förderfähig war, ein Antrag auf eine Zulage (§ 89 EStG) für die entsprechenden Beitragsjahre (§ 88 EStG) bereits gestellt war und die Voraussetzungen für eine Zulage (§§ 83ff. EStG) vorlagen.[1]

 

Rz. 12

Die Gegenansicht will das Eingreifen des Pfändungsschutzes hingegen vom Bestehen einer Förderberechtigung dem Grunde nach sowie einer Beitragsleistung innerhalb der Höchstbeträge abhängig machen.[2]

 

Rz. 13

Auch wenn der Wortlaut des § 97 S. 1 EStG das Abstellen auf die tatsächlich gewährte Förderung nahelegt, begegnet dieser Ansatz erheblichen Einwänden. So hat der Gesetzgeber neben dem geförderten Altersvorsorgevermögen ausdrücklich auch die "geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge" sowie den "Anspruch auf Zulage" in den Schutzbereich des § 97 EStG aufgenommen. Dieser Aufzählung hätte es jedoch nicht bedurft, wenn allein die tatsächlich gewährte Förderung für den Pfändungsschutz maßgeblich sein soll. Der Gesetzgeber hätte sich in diesem Fall auf den Begriff "gefördertes Altersvorsorgevermögen" beschränken können. Soweit Altersvorsorgevermögen auf tatsächlich geförderten Altersvorsorgebeiträgen beruht, liegt stets gefördertes Altersvorsorgevermögen vor (Rz. 9).

 

Rz. 14

Gegen die Annahme einer tatsächlich erfolgten Förderung als Voraussetzung des Pfändungsschutzes spricht auch der Wortlaut des § 82 Abs. 1 S. 1 EStG. "Geförderte Altersvorsorgebeiträge" sind Beiträge und Tilgungsleistungen, die der Zulageberechtigte bis zum Beginn der Auszahlungsphase zugunsten eines auf seinen Namen lautenden Altersvorsorgevertrag "leistet". Es kommt also auf die Leistung von Beiträgen oder Tilgungsleistungen zugunsten eines Altersvorsorgevertrags an, nicht auf deren Förderung.

 

Rz. 15

Die Förderung der geleisteten Beiträge regeln § 10a EStG und die einschlägigen Vorschriften des Abschnitt XI EStG. Soweit nach § 10a Abs. 1 S. 1 EStG "Altersvorsorgebeiträge (§ 82) zuzüglich der dafür nach Abschnitt XI zustehenden Zulage jährlich bis zu 2.100 Euro als Sonderausgaben" abgezogen werden können, kann es sich nur um dem Grunde nach förderfähige, nicht bereits geförderte Beitragsleistungen handeln. Entsprechendes gilt für § 83 EStG, der die Zahlung der Zulage von den "geleisteten" Altersvorsorgebeiträgen abhängig macht.

 

Rz. 16

Mit der ausdrücklichen Nennung der "geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge" in § 97 S. 1 EStG knüpft der Gesetzgeber sprachlich an die Legaldefinition des § 82 Abs. 1 S. 1 EStG an und macht zugleich deutlich, dass es ihm auf einen umfassenden Schutz der zum Zweck des Aufbaus einer zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge eingesetzten Beträge ankommt. Das zur lebenslangen Versorgung im Alter gebildete Kapital – und hierzu gehören die laufenden Altersvorsorgebeiträge – soll zu diesem Zweck auch tatsächlich zur Verfügung stehen.

Diesen Schutzgedanken hat der Gesetzgeber auch im Bereich der Zertifizierung aufgegriffen und geregelt, dass der Anbieter im Rahmen der Vertragsgestaltung zusagen muss, dass zu Beginn der Auszahlungsphase zumindest die eingezahlten Altersvorsorgebeiträge für die Auszahlungsphase zur Verfügung stehen und für die Leistungserbringung genutzt werden (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AltZertG). Eine Begrenzung der Beitragszusage auf die steuerlich geförderten Beiträge ist dabei unzulässig, sie muss stets in voller Höhe erfolgen.[3]

[1] BGH v. 16.11.2017, IX ZR 21/17, BFH/NV 2018, 511; zustimmend Dietzel, NZI 2018, 162.
[2] Myßen/Obermair, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 97 Rn. B 22; Wollmann, ZinsO 2013, 902.

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