Rz. 102

Forderungen gehören zwar zu den Gütern, die in Geldeswert bestehen, fallen jedoch erst dann unter den Einnahmebegriff, wenn ihr Wert zugeflossen ist.[1] Nur tatsächliche Zuflüsse sind Einnahmen. Deshalb führt die Zusage künftiger Leistungen als solche nicht zu Einnahmen. Sagt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses (z. B. wegen des günstigen Geschäftsergebnisses eines Jahres) zu, ihm bei Erreichen der Altersgrenze oder im Fall der Erwerbsunfähigkeit zusätzlich zu den dann an ihn zu leistenden Beträgen einen festen Betrag zuzuwenden, so fließt im Allgemeinen dem Arbeitnehmer durch diese Zusage einer Versorgung noch kein Arbeitslohn zu.[2] Schreibt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Beträge gut, liegt ein Zufluss vor, wenn der Arbeitnehmer über die gutgeschriebenen Beträge wirtschaftlich verfügen kann.

 

Rz. 102a

Geändert hat sich die Übertragung eines unentziehbaren Rechtsanspruchs gegen einen Dritten z. B. aus einer Unfallversicherung. Dieser stellt nun i. d. R. einen Sachbezug dar (Rz. 137aa).

 

Rz. 102b

Schecks und Wechsel haben die Funktion von Zahlungsmitteln im bargeldlosen Zahlungsverkehr[3] und führen daher zum Zufluss eines geldwerten Guts, ohne dass bereits die Gutschrift eines Geldbetrags notwendig ist (Rz. 72).

 

Rz. 102c

Die Erfüllung einer Forderung führt nicht zu einem (erneuten) Zufluss, wenn nach den Grundsätzen in Rz. 102a bereits die Einräumung der Forderung einen Zufluss zur Folge hatte.[4] Eine Leistung erfüllungshalber führt allerdings – entsprechend der Regelung in § 364 Abs. 2 BGB – nicht zum Erlöschen des Anspruchs und damit nicht zu einer Einnahme. Übernimmt der Schuldner zwecks Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist nach § 364 Abs. 2 BGB im Zweifel nicht anzunehmen, dass er die Verbindlichkeit an Erfüllungs statt – also mit der Wirkung des Erlöschens des Anspruchs (§ 364 Abs. 1 BGB) – übernimmt.

 

Rz. 103

Problematisch ist, ob die Einräumung von Options- und Vorvertragsrechten, insbesondere an Arbeitnehmer – z. B. auf Übertragung eines Grundstücks – bereits eine lohnsteuerpflichtige Sachzuwendung darstellt. Die Frage ist von Bedeutung dafür, ob Wertänderungen des Wirtschaftsguts, auf das sich das Recht bezieht, die Vermögenssphäre des Arbeitnehmers betreffen und steuerlich unerheblich sind, oder ob ein Zufluss erst mit Ausübung des Rechts angenommen wird, sodass der Zufluss in Höhe des Werts des Wirtschaftsguts zum Zeitpunkt der Ausübung des Rechts anzunehmen ist. Die Entscheidung hängt davon ab, ob das Verkaufs- bzw. Übertragungsangebot so ausgestaltet ist, dass es bereits als Übertragung gegenwärtiger Vermögenswerte angesehen werden kann. Erhält der Berechtigte – nicht nur formal, sondern auch wirtschaftlich – lediglich eine Ausübungsmöglichkeit, treten die Vermögensmehrung und damit der Zufluss erst durch die Ausübung der Berechtigung ein. Zur Sachzuwendung gehört in diesem Fall auch die Ausübung der Berechtigung durch den Berechtigten. Erst damit ist die Sachzuwendung als Vorgang abgeschlossen. Solange der Berechtigte sich zu nichts verpflichtet hat, erwirbt er noch keinen realen Vermögenswert. Der BFH sieht dementsprechend in der Einräumung der Option auf den Erwerb von Aktien an Arbeitnehmer zu einem bestimmten Preis nur eine Chance; die vermögenswerte Sachzuwendung erfolgt damit erst, wenn der Berechtigte die Option ausübt und der Kurswert der Aktien den Optionspreis übersteigt.[5]

Wird jedoch das Optionsrecht auf einen Dritten übertragen, liegt bereits dann der Zufluss vor.[6]

Entsprechendes gilt für die Einräumung eines Optionsrechts auf den verbilligten Erwerb eines Grundstücks[7], aber auch bei einem von einem Arbeitnehmer an den Arbeitgeber gewährten Darlehen, das mit einem Wandlungsrecht zum Bezug von Aktien ausgestattet ist. Bei Letzterem wird ein Zufluss von Arbeitslohn nicht bereits durch die Hingabe des Darlehens, sondern im Fall der Ausübung des Wandlungsrechts durch den Arbeitnehmer begründet. Diesem wächst ein geldwerter Vorteil aus dem Bezug von Aktien zu einem unter dem Kurswert liegenden Übernahmepreis grundsätzlich erst dann zu, wenn dem Arbeitnehmer durch Erfüllung des Anspruchs das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien verschafft wird.[8] Auch zu diesem Zeitpunkt liegt allerdings noch kein Zufluss vor, solange eine Verfügung über die Aktien rechtlich unmöglich ist.[9]

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