Rz. 202

Ist ein Wirtschaftsgut so beschaffen, dass ihm auch in abgenutztem Zustand ein beachtlicher Materialwert zukommt (Schrottwert), ist nur der um den voraussichtlichen Schrottwert – nach Berücksichtigung von Entfernungs- und Verschrottungskosten – verminderte Betrag der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten als AfA-Volumen auf die Nutzungsdauer zu verteilen.[1] Der Schrottwert ist bei der Bemessung der AfA nur dann zu berücksichtigen, wenn er im Verhältnis zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und bei isolierter Betrachtung erheblich ist.[2] Heranzuziehen ist er insbesondere bei Gegenständen mit einem hohen Gewicht, wie z. B. bei Schiffen[3] oder Flugzeugen. Gleiches gilt für Wirtschaftsgüter, die aus wertvollem Material bestehen. Im Rahmen der Prüfung, ob bei der Bemessung der AfA von Schiffen ein verbleibender Schrottwert im Verhältnis zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten wirtschaftlich ins Gewicht fällt, ist auf die tatsächlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzustellen. Die Ermittlung der Umstände und Kriterien, die zur Bestimmung eines – der absoluten Höhe nach – als erheblich ins Gewicht fallenden Werts maßgebend sind, sowie deren Feststellung und Würdigung im konkreten Einzelfall obliegt dem jeweiligen FG.[4] Eine feste prozentuale oder betragsmäßige Wertgrenze hinsichtlich des Schrottwerts bei Schiffen besteht nicht.[5] Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des BFH v. 22.7.1971.[6]

 

Rz. 203

Nicht zu berücksichtigen ist ein Schrottwert bei Gebäuden.[7] Auch bei einem Pkw mindert der am Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer am Markt ggf. noch realisierbare Wiederverkaufswert nicht die Bemessungsgrundlage für die AfA.[8]

 

Rz. 204

Ein Wahlrecht, den Schrottwert auch dann zu berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen hierzu nicht vorliegen, weil z. B. der Schrottwert unerheblich ist, besteht nicht.[9] Berücksichtigung findet der Schrottwert vor dem Hintergrund des Realisationsprinzips nur im Ausnahmefällen.[10]

 

Rz. 205

Die aufgezeigten Grundsätze gelten auch bei der Viehbewertung. Zum Anlagevermögen gehörendes Vieh – z. B. Milchkühe – ist mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu bewerten. Da die Tiere nach ihrer Nutzung i. d. R. verwertet werden, ist bei Vornahme der AfA ein Schlachtwert zu berücksichtigen, sofern er im Vergleich zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten ins Gewicht fällt.[11] Bei Milchkühen beträgt z. B. der Schlachtwert im Regelfall 550 EUR.[12] Keine Berücksichtigung findet der Schlachtwert im Rahmen von § 7g EStG.[13] Gleiches gilt bei § 6 Abs. 2 EStG.[14]

[1] BFH v. 1.3.2019, X B 45/18, BFH/NV 2019, 545; BFH v. 7.12.1967, GrS 1/67, BStBl II 1968, 268; a. A. Kulosa, in Schmidt, EStG, 2022, § 7 EStG Rz. 115.
[5] BFH v. 1.3.2019, X B 45/18, BFH/NV 2019, 545; Brandis, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 7 EStG Rz. 246.
[7] Brandis, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 7 EStG Rz. 246
[9] Anzinger, in H/H/R, EStG/KStG, § 7 EStG Rz. 141; a. A. Gübbels, BB 1969, 1304; Henninger, FR 1968, 371; Sauer, FR 1972, 394.
[10] Anzinger, in H/H/R, EStG/KStG, § 7 EStG Rz. 141.

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