Rz. 33

Das Freistellungsverfahren ist davon abhängig, dass durch das BZSt eine Freistellungsbescheinigung erteilt wird. Diese wird von dem Vergütungsgläubiger beantragt; durch sie ermächtigt das BZSt den Vergütungsverpflichteten, den Steuerabzug zu unterlassen oder nach einem niedrigeren Abzugsteuersatz vorzunehmen. Adressat der Freistellungsbescheinigung und Vergütungsgläubiger müssen identisch sein.[1] Der Vergütungsschuldner hat kein eigenständiges Recht, die Freistellungsbescheinigung zu beantragen.

 

Rz. 34

Die Freistellungsbescheinigung wird für höchstens für 3 Jahre erteilt. Eine Mindestlaufzeit besteht nicht, sodass auch eine Freistellungsbescheinigung für die einmalige Zahlung einer Vergütung ausgestellt werden kann.

[2] Allerdings bestimmt Art. 1 Abs. 13 der Zins- und Lizenzrichtlinie, dass die Freistellungsbescheinigung für mindestens ein Jahr ausgestellt werden muss. § 50c Abs. 2 EStG berücksichtigt dies nicht. Die Geltung der Bescheinigung beginnt frühestens mit dem Tag, an dem der Antrag bei dem BZSt eingeht. Das BZSt muss in der Freistellungsbescheinigung entscheiden, ab wann sie gelten soll; insoweit steht ihm eine Ermessensspielraum zu. Eine darüber hinausgehende Rückwirkung der Freistellungsbescheinigung ist ausgeschlossen. Diese Regelung klärt damit die Frage, ob die Freistellungsbescheinigung noch nachträglich beantragt werden kann, und ob ihre Erteilung davon abhängt, ob die zugrunde liegende Steuer verjährt ist. Auch führt eine nachträglich erteilte Freistellungsbescheinigung nach § 50c Abs. 2 S. 3 EStG, abgesehen von den Fällen des Halbs. 2, nicht dazu, dass die Steueranmeldung geändert werden kann (Rz. 29ff.). Auch eine Haftung des Vergütungsschuldners wird durch eine nachträglich erteilte Freistellungsbescheinigung nicht ausgeschlossen. Das Verfahren über die Freistellungsbescheinigung ist also abgesehen von den Fällen des § 50c Abs. 2 S. 3 Halbs. 2 EStG gegenstandslos, wenn die Vergütungen bereits ausgezahlt wurden.[3]

 

Rz. 35

Die Freistellungsbescheinigung ist ein Verwaltungsakt, aber kein Steuerbescheid; die Vorschriften für Steuerbescheide gelten daher nicht. Nicht anwendbar sind daher §§ 169ff. AO sowie §§ 172ff. AO; Aufhebung oder Änderung der Freistellungsbescheinigung erfolgt daher nach §§ 130, 131 AO.[4] Die Erteilung der Freistellungsbescheinigung kann unter Nebenbestimmungen nach § 120 AO erteilt werden. In Betracht kommt der Vorbehalt des Widerrufs sowie Auflagen oder Bedingungen. Als Auflagen kommen bestimmte Meldungen über Zahlungen ohne oder zu einem reduzierten Steuerabzug oder besondere Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungspflichten in Betracht. Nach § 50c Abs. 2 S. 4 EStG ist zwingend die Bedingung beizufügen, dass die Freistellungsbescheinigung nur gilt, wenn und soweit die Voraussetzungen ihrer Erteilung während ihrer Geltung eingehalten werden. Das betrifft insbesondere die Ansässigkeit in dem anderen Staat. Die Beifügung des Widerrufsvorbehalts und die Erteilung von Auflagen und Bedingungen liegen im Ermessen des BZSt. Die Beifügung der Bedingung, die die Wirksamkeit der Freistellungsbescheinigung von der Erfüllung der Voraussetzungen abhängig macht, ist gesetzlich zwingend vorgeschrieben, unterliegt also nicht der Ermessensentscheidung des BZSt. Die Beifügung der Nebenbestimmungen, von denen die Wirksamkeit der Freistellungsbescheinigung abhängt, ersetzt die bisherige Verpflichtung des Gläubigers der Vergütung, Änderungen der Verhältnisse dem BZSt mitzuteilen.[5]

 

Rz. 36

Besteht Streit darüber, ob eine Freistellungsbescheinigung auszustellen ist, ist durch Bescheid, im Fall des Verneinens der beschr. Steuerpflicht durch Freistellungsbescheid, zu entscheiden.[6]

Die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung der Freistellungsbescheinigung ist nicht vollziehbar; vorläufiger Rechtsschutz wird also durch einstweilige Anordnung nach § 114 FGO, nicht durch Aussetzung der Vollziehung gewährt.[7]

Ein vollziehbarer Verwaltungsakt liegt aber vor, wenn eine bereits erteilte Freistellungsbescheinigung geändert oder aufgehoben wird.

 

Rz. 37

Wird der Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung abgelehnt, ist hiergegen der Einspruch gegeben. Einspruchsberechtigt ist neben dem Vergütungsgläubiger als dem Adressaten der beantragten Freistellungsbescheinigung auch der Vergütungsschuldner. Die Freistellungsbescheinigung hat auch Wirkung zu seinen Gunsten, indem sie ihn von der Verpflichtung des Steuerabzugs befreit und vor einer Haftung schützt. Er ist als Drittbetroffener daher durch die Ablehnung der Erteilung der Freistellungsbescheinigung beschwert und daher einspruchsberechtigt.[8]

Wird eine Freistellungsbescheinigung aufgehoben oder widerrufen, können sowohl der Vergütungsgläubiger als auch der Abzugsverpflichtete Rechtsbehelf bzw. Rechtsmittel einlegen. Die Aufhebung oder der Widerruf der Freistellungsbescheinigung setzt den Abzugsverpflichteten der Gefahr der Haftungsinanspruchnahme aus. Er ist daher betroffen und daher auch rechtsbehelfsbefugt.[9]

 

Rz. 38

Das Einspruchs- bzw. das ent...

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