Rz. 26

§ 50c Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG ermöglicht ein vereinfachtes Verfahren zum Absehen vom Steuerabzug und ersetzt das bisher anwendbare Kontrollmeldeverfahren nach § 50d Abs. 5 EStG a. F. durch eine Freigrenze. Das vereinfachte Verfahren ist nach § 52 Abs. 47a EStG erstmals auf Einkünfte anzuwenden, die dem beschränkt Stpfl. nach dem 21.12.2021 zufließen. Für Vergütungen und Kapitalerträge, die vor diesem Zeitpunkt dem Gläubiger zufließen, gilt das Kontrollmeldeverfahren nach § 50d Abs. 5, 6 EStG a. F. Nach diesen Vorschriften kann das BZSt den Schuldner der Kapitalerträge oder Vergütungen ermächtigen, vom Steuerabzug Abstand zu nehmen. Ist eine solche Ermächtigung erteilt, endet ihre Wirksamkeit nach § 52 Abs. 47a S. 1 Halbs. 2 EStG spätestens mit dem Ablauf des 31.12.2021, wenn sie nach den Nebenbestimmungen der von dem BZSt erteilten Ermächtigung nicht bereits früher endet.

 

Rz. 27

Anwendbar ist das vereinfachte Verfahren nur bei Entlastung der Abzugsteuer nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, also bei Vergütungen für immaterielle Wirtschaftsgüter, wie Lizenzzahlungen und Urheberrechtsvergütungen. Nicht anwendbar ist es daher bei der KapESt und bei dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG. Das Verfahren ist auf Kleinbeträge beschränkt und nur anwendbar, solange die durch den jeweiligen Schuldner an den jeweiligen Vergütungsgläubiger zu leistende Vergütung einschließlich der vorher im selben Kj. gezahlten Vergütungen 5.000 EUR nicht übersteigt. Es handelt sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Da die Regelung gilt, soweit der Besteuerung der Einkünfte eine DBA entgegensteht, ist die Freigrenze nicht nur bei völliger Freistellung, sondern auch bei einer Reduzierung des Steuersatzes anwendbar.[1] Soweit ein Gläubiger Vergütungen von mehreren Schuldnern erhält, kann er die Freigrenze mehrfach in Anspruch nehmen. Anzusetzen ist der Bruttobetrag der Vergütung, also einschließlich einer etwaigen USt. Wird die Kleinbetragsgrenze durch weitere Zahlungen im gleichen Kalenderjahr durch den gleichen Schuldner überschritten, ist sowohl für den überschießenden Betrag die Abzugsteuer einzubehalten und abzuführen als auch eine Nachversteuerung der vorher innerhalb der Kleinbetragsgrenze gezahlten Beträge durch den Vergütungsschuldner durchzuführen. Der Schuldner hat eine entsprechende Steueranmeldung abzugeben.[2] Im Gesetzestext ausgedrückt wird dies durch das Wort "wenn". Damit wird bei Überschreiten der Grenze rückwirkend die Steuerabzugspflicht in Kraft gesetzt. Eine Nachversteuerung bei dem Gläubiger dürfte angesichts der Ansässigkeit des Gläubigers im Ausland hinsichtlich der Verwaltung zu aufwendig sein. Allerdings unterliegt diese Regelung rechtlichen Bedenken. Bis die Grenze von 5.000 EUR erreicht ist, handelt der Vergütungsschuldner nicht rechtswidrig, wenn er die Steuer nicht einbehält und abführt. Eine Haftung kommt für ihn daher nicht in Betracht. Es muss eine Nacherhebung bei dem Vergütungsgläubiger erfolgen.

 

Rz. 28

Das vereinfachte Verfahren ist nicht von einem Antrag und einer Zulassung durch das BZSt und auch nicht vom Vorliegen einer Freistellungsbescheinigung abhängig. Der Vergütungsgläubiger kann daher selbstständig prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen, und dann ohne weiteres vom Steuerabzug Abstand nehmen. Nimmt der Vergütungsgläubiger die Voraussetzungen zu Unrecht an, haftet er für den unterbliebenen Steuerabzug. Andererseits ist er von einer etwaigen Haftung freigestellt, soweit er in Übereinstimmung mit Abs. 2 S. 1 Nr. 2 vom Steuerabzug absieht. Nach §50c Abs. 2 S. 2 EStG muss er jedoch eine Steueranmeldung beim BZSt einreichen (Null-Meldung; vgl. Rz. 25). Das ermöglicht es dem BZSt, zu prüfen, ob die Kleinbetragsgrenze überschritten ist.

[1] Holthaus, IStR 2021, 383, 385.
[2] Holthaus, IStR 2021, 383, 385; so wohl auch BR-Drs. 50/21.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge