Rz. 283

Das Steuerrecht gestattet in bestimmten Fällen die Bildung gewinn- und damit steuermindernder Rücklagen, die erst bei ihrer Auflösung versteuert werden müssen.

Die Bildung dieser steuerfreien Rücklagen bedeutet keine endgültige Steuerersparnis, sondern nur einen zeitlichen Steueraufschub. Der Betrag der Rücklage ist zu versteuern, wenn sie aufgelöst wird und sich damit der steuerliche Gewinn erhöht. Der in diese Positionen eingestellte Betrag hat daher nicht in voller Höhe Rücklagen- und damit Eigenkapitalcharakter; berücksichtigt werden muss, dass der Betrag der Rücklage noch mit der zukünftig bei der Auflösung entstehenden Steuer belastet ist. Handelsrechtlich handelt es sich also um einen gemischten Posten. Er enthält einen Rücklageanteil als echtes Eigenkapital, aber in der Form der latenten Steuerbelastung auch einen Rückstellungsanteil. Konsequent werden diese Positionen daher in §§ 247 Abs. 3, 273 HGB a. F. als "Sonderposten mit Rücklageanteil" bezeichnet.

Der Sonderposten bildet in voller Höhe weder einen Schuldposten noch eine sonstige Last; durch den Sonderposten wird das Unternehmensvermögen nicht gemindert. Der Sonderposten ist daher bei der Ermittlung einer Überschuldung des Stpfl. nicht vermögensmindernd einzubeziehen.[1]

 

Rz. 284

Steuerrechtlich war die Bildung der Sonderposten mit Rücklageanteil seit der Neuregelung der "umgekehrten Maßgeblichkeit" davon abhängig, dass der Passivposten auch in der Handelsbilanz gebildet wurde (vgl. sowie zur Rechtsentwicklung Rz. 28, 31ff.). Lediglich für die Rücklage bei der Stilllegung von Steinkohlenbergwerken (vgl. Rz. 321) bestand diese Bindung nicht.

Um die Inanspruchnahme der in der Bildung solcher gewinnmindernden Rücklagen liegenden Steuervergünstigungen nicht dadurch zu verhindern, dass der Ausweis dieser Rücklagen in der Handelsbilanz nicht zugelassen war, gestattete § 247 Abs. 3 HGB a. F. ihren Ausweis auch in der Handelsbilanz. Diese Rücklagen konnten dabei in einem Posten gebildet werden; sie brauchten nicht aufgespalten zu werden in Rücklage und Rückstellung für latente Steuern (vgl. § 247 Abs. 3 S. 3 HGB a. F.).

Voraussetzung für die Bildung dieser Posten in der Handelsbilanz war für nicht nach dem Publizitätsgesetz publizierungspflichtige Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften lediglich, dass die Bildung dieser Rücklagen nach Steuerrecht zulässig war; nicht erforderlich war, dass das Steuerrecht den Ansatz auch in der Handelsbilanz zwingend voraussetzte.

Bei Kapitalgesellschaften sowie Einzelgewerbetreibenden und Personengesellschaften, die nach dem Publizitätsgesetz publizierungspflichtig sind[2], galt nach § 273 HGB a. F. grundsätzlich das Gleiche; allerdings durften diese Rücklagen danach in der Handelsbilanz nur gebildet werden, wenn das Steuerrecht die Anerkennung dieser Rücklagen von der Bildung in der Handelsbilanz abhängig machte. Das war bei der Rücklage bei Stilllegung von Steinkohlenbergwerken nicht der Fall; in der Handelsbilanz dieser Kaufleute durften diese Positionen daher nicht gebildet werden. Eine im Ergebnis mit der Bilanzierung in der Steuerbilanz gleiche Bilanzierung in der Handelsbilanz konnte aber dadurch erreicht werden, dass die Rücklage in Gewinnrücklage und Rückstellung für latente Steuern aufgespalten wurde.

 

Rz. 285

Durch das BilMoG v. 25.5.2009[3] ist § 5 Abs. 1 S. 2 EStG ersatzlos gestrichen und damit die umgekehrte Maßgeblichkeit aufgegeben worden. Die Bildung der steuerfreien Rücklagen (Sonderposten mit Rücklageanteil) ist daher jetzt in der Steuerbilanz ohne Bindung an die Handelsbilanz möglich (vgl. Rz. 62ff.). In der Handelsbilanz besteht für Sonderposten mit Rücklageanteil ein Passivierungsverbot. Die Bilanzierung erfolgt durch einen Gewinnausweis (Gewinnrücklage) und eine Rückstellung für latente Steuern.

[3] BStBl I 2009, 650.

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