Rz. 248

Voraussetzung ist in jedem Fall, dass der Ertrag oder Aufwand eine bestimmte Zeit nach dem Stichtag betrifft. Der Grund für diese Beschränkung liegt einerseits in der Befolgung des Gewinnrealisierungsprinzips: Eine Einnahme soll erst dann zum Ertrag werden, wenn die hierfür geschuldete Gegenleistung erbracht ist. Andererseits entspricht die Beschränkung aber auch dem Vorsichtsprinzip: Eine Verlagerung in andere Wirtschaftsjahre als die des Anfalls von Einnahmen und Ausgaben soll nur infrage kommen, wenn eine eindeutige zeitliche Zuordnung möglich ist (oder die zu übertragenden Positionen Wirtschaftsgutcharakter haben). Deshalb muss die zeitliche Verpflichtung, auf die sich der Aufwand oder Ertrag bezieht, gegenüber einem Dritten bestehen, eine Verpflichtung gegen sich selbst genügt nicht. Die Rspr. fordert deshalb für eine aktive Rechnungsabgrenzung zu Recht, dass einer Vorleistung des Kaufmanns eine noch nicht erbrachte zeitbezogene Gegenleistung des Vertragspartners gegenübersteht.[1] Das ist nicht der Fall, wenn ein Kaufmann eine Entschädigung für künftige Umsatzeinbußen erhält. Dann steht der Entschädigungszahlung keine künftig zu erbringende Leistung des Kaufmanns gegenüber.[2]

 

Rz. 248a

Allerdings braucht es sich nicht um eine schuldrechtlich fest vereinbarte Gegenleistung und um eine Gegenleistung i. S. eines gegenseitigen Vertrags zu handeln. Es genügt, wenn mit der Vorleistung ein zeitraumbezogenes Verhalten erwartet wird, das wirtschaftlich als Gegenleistung für die Vorleistung aufgefasst werden kann und bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen der Vorleistung und der im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses zu erbringenden Leistung besteht.[3] Eine zeitraumbezogene Gegenleistung besteht regelmäßig dann, wenn die Vorleistung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung zeitanteilig zurückzuzahlen ist. In diesem Fall sind auch einmalige Zahlungen zeitbezogen. Darf der Empfänger dagegen die Vorleistung auch bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung behalten, ist dies ein gewichtiges Indiz gegen den Zeitraumbezug.[4] Andererseits besteht der Zeitbezug auch in Fällen, in denen die Vorleistung bei Auflösung des Vertrags nicht zurückgezahlt zu werden braucht, der Vertrag aber nur bei Vorliegen von wichtigen Gründen kündbar oder nur im gegenseitigen Einvernehmen aufhebbar ist und nach den Vorstellungen der Parteien eine Kündigung bzw. vorzeitige Vertragsaufhebung nur eine theoretische Möglichkeit und damit unwahrscheinlich ist.[5]

 

Rz. 248b

Für eine passive Abgrenzung ist erforderlich, dass der Kaufmann einen Anspruch oder eine Erwartung auf eine zeitbezogene oder periodisch aufteilbare Leistung hat.[6] In beiden Fällen muss es sich um eine quantitativ oder qualitativ gleich bleibende Dauerleistung handeln, die wie bei einem Werteverzehr zeitanteilig bestimmten Zeiträumen zugeordnet werden kann. Dies entspricht dem Erfordernis der Objektivierung der Gewinnermittlung, da sie eine willkürliche Ergebnisbeeinflussung durch Rechnungsabgrenzungsposten ausschließt. Die Zeitraumbezogenheit ist ein objektives Kriterium, das eine willkürliche Bilanzierung ausschließt. Hieraus folgt auch, dass eine Rechnungsabgrenzung nicht zu erfolgen hat, wenn die Gegenleistung einmalig, also nicht zeitraumbezogen, ist.[7] Damit kann keine Rechnungsabgrenzung erfolgen, wenn keine zeitraumbezogene Leistung des Kaufmanns mehr aussteht.[8] Für eine bereits erbrachte Leistung kann kein Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden.

 

Rz. 248c

Für die Abgrenzung vorausgezahlter Kfz-Steuer hat die Rechtsprechung[9] den Begriff der "zeitraumbezogenen Gegenleistung" sehr weit gezogen. Zwar ist die Zahlung der Kfz-Steuer zeitraumbezogen, wenn sie für einen über den Bilanzstichtag hinausreichenden Besteuerungszeitraum gezahlt wird. Es besteht aber kein zeitraumbezogener Anspruch des Kaufmanns, dem der Aufwand, den der Kaufmann vorausgezahlt hat, gegenübergestellt werden kann. Weder der Steuergläubiger noch ein Dritter geht dem Kaufmann gegenüber eine Verpflichtung ein, die bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die vorausgezahlte Kfz-Steuer angesehen werden könnte. Der BFH lässt es genügen, dass bei Nichtzahlung der Steuer die Zulassung entzogen und bei vorzeitiger Beendigung der Steuerpflicht durch Abmeldung des Kraftfahrzeugs die vorausgezahlte Kfz-Steuer zurückzuzahlen ist. Daraus entnimmt der BFH einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Zahlung der Kfz-Steuer und dem berechtigten Halten des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen. Im Ergebnis wird hiermit die Voraussetzung der zeitraumbezogenen Gegenleistung praktisch aufgegeben. Es genügt, dass die vorausgezahlte Kfz-Steuer mit der Möglichkeit der Nutzung, und damit mit künftigen Erträgen, in Zusammenhang steht. Dieses aus der dynamischen Bilanzauffassung folgende Prinzip der periodengerechten Ergebniszuordnung ist zwar vertretbar, doch sollte dann das kaum noch konkretisierbare Merkmal der "Gegenleistung" aufgegeben werden. Zum Unterlassen der...

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