1 Bedeutung

 

Rz. 1

§ 46 EStG bestimmt, in welchen Fällen eine ESt-Veranlagung durchzuführen ist, wenn im Einkommen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit enthalten sind, von denen LSt einbehalten worden ist. Die Vorschrift bezweckt zum einen die Sicherung des Steueraufkommens, damit trotz der Vereinfachung der Steuererhebung und der Abgeltung der ESt durch das LSt-Abzugsverfahren Steuerausfälle vermieden werden (Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1–7 EStG; Rz. 13ff.). Mit der Amtsveranlagung werden Sachverhalte erfasst, bei denen die Verwirklichung des ESt-Anspruchs allein durch den LSt-Abzug fraglich erscheint.[1]§ 46 EStG dient zum anderen der Steuergerechtigkeit im Interesse der Stpfl., indem sie eine Veranlagung in den Fällen vorsieht, in denen es durch den LSt-Abzug zu ungerechtfertigten Steuerbelastungen käme (Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 und 9 EStG; Rz. 16).[2]

 

Rz. 2

Systematisch ist § 46 EStG eine Ausnahmevorschrift zu § 25 Abs. 1 EStG. Nach dieser Vorschrift ist für jeden Besteuerungszeitraum eine Veranlagung durchzuführen, soweit sie nicht nach § 46 EStG unterbleibt. Gem. § 46 Abs. 2 EStG kommt bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, von denen ein LSt-Abzug vorgenommen worden ist, eine Veranlagung nur in den dort genannten Fällen in Betracht. Liegt ein solcher Fall nicht vor, so hat der LSt-Abzug nach § 46 Abs. 4 S. 1 EStG Abgeltungswirkung (Rz. 21ff.). § 46 EStG ähnelt damit der Regelung des § 50 Abs. 2 S. 1 EStG, nach der die ESt bei beschr. Stpfl. für Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, grundsätzlich durch den Steuerabzug abgegolten ist und nur bei Vorliegen besonderer Umstände eine Veranlagung erfolgt.

 

Rz. 2a

Die Ausnahme vom Veranlagungsprinzip des § 25 Abs. 1 EStG ist im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung begründungsbedürftig, wenn hierdurch die Steuerbelastung von der tatsächlich entstandenen Steuer abweicht. Ein ausreichender sachlicher Grund für § 46 Abs. 2 EStG liegt im Verfahren des LSt-Abzugs, das eine relative Sicherheit dafür bietet, dass die Steuerbelastung der tatsächlich entstandenen Steuer entspricht; die Fälle, in denen dies als gefährdet erscheint, führen nach § 46 Abs. 2 EStG zu einer Veranlagung. Ein weiterer sachlicher Grund besteht darin, das Massenverfahren des LSt-Abzugs aus dem arbeits- und kostenaufwendigen Veranlagungsverfahren herauszuhalten. Dies liegt auch im Interesse des Stpfl., der die Kosten einer Steuererklärung spart. Da der Stpfl. die Möglichkeit hat, eine Veranlagung zu beantragen (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 und 9 EStG), werden seine Interessen auch nicht stärker als notwendig beeinträchtigt. Dies gilt jedenfalls seit Streichung der Zweijahresfrist für den Antrag durch das JStG 2008 (Rz. 64).[3]

2 Allgemeine Grundsätze für die Veranlagung von Arbeitnehmern

2.1 Einschränkung des allgemeinen Veranlagungsgebots durch § 46 EStG

 

Rz. 3

Der Begriff der Veranlagung ist in § 25 Abs. 1 EStG geregelt. Er bezeichnet die Festsetzung der Steuer durch förmlichen Steuerbescheid (§ 155 AO) aufgrund eines vorangegangenen Ermittlungs- und Prüfungsverfahrens (§ 25 EStG Rz. 17). Wesensmerkmal der Veranlagung ist, dass bei ihr die aufgrund der gesetzlichen Vorschriften tatsächlich entstandene Steuer festgesetzt und erhoben wird, unter Einbeziehung der Einkünfte aller Einkunftsarten und aller sachlichen und persönlichen Abzüge sowie Freibeträge. Im Gegensatz hierzu stehen die Abzugssteuern, bei denen die ESt i. d. R. nur auf der Grundlage der Einkünfte einer einzigen Einkunftsart, z. T. auch nur aufgrund des Zuflusses einzelner Einnahmen innerhalb einer Einkunftsart, festgesetzt und erhoben wird (z. B. LSt, KapESt). Im Gegensatz zur Veranlagung kann bei der Abzugssteuer eine Steuer erhoben werden, die höher oder niedriger ist als die Steuer, die bei Anwendung aller Vorschriften des EStG entstanden wäre.

 

Rz. 4

§ 46 Abs. 2 EStG bestimmt, dass bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, von denen LSt einbehalten worden ist, eine Veranlagung nur in den einzeln aufgeführten Fällen vorzunehmen ist. Die Aufzählung in § 46 Abs. 2 EStG ist abschließend. Sie kann also nicht auf andere, gesetzlich nicht benannte Sachverhalte ausgedehnt werden. § 46 Abs. 2 EStG führt damit zu einer Einschränkung des in § 25 Abs. 1 EStG enthaltenen allgem. Veranlagungsgebots. Soweit die Tatbestände des § 46 Abs. 2 EStG nicht erfüllt sind, besteht für das FA ein Veranlagungsverbot.[1]

 

Rz. 4a

Soweit nach § 46 Abs. 2 EStG keine Veranlagung erfolgt, kommt dem LSt-Abzug gem. § 46 Abs. 4 EStG Abgeltungswirkung zu (Rz. 21ff.). Die Tatbestände des § 46 Abs. 2 EStG sind aus diesem Grund so aufgebaut, dass in allen Fällen, in denen die Möglichkeit besteht, dass der LSt-Abzug zu einer unrichtigen Steuer führt, die Veranlagung angeordnet wird (Nr. 1 bis 7) bzw. vom Stpfl. beantragt werden kann (Nr. 8 und 9). Die Abgeltungswirkung ist daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen im Allgemeinen damit gerechnet werden kann, dass der L...

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