1.1 Überblick

 

Rz. 1

§ 45a EStG ist eine Vorschrift des KapESt-Verfahrens, die in der Praxis insbesondere Bedeutung für auszahlende Stellen i. S. d. § 44 Abs. 1 S. 3 EStG und den Schuldner der Kapitalerträge hat. § 45a EStG enthält die zentralen Bestimmungen für die auszahlende Stelle oder den Schuldner der Kapitalerträge zur Anmeldung der KapESt beim FA und zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen für den Gläubiger. Insoweit ergänzt § 45a EStG den § 44 EStG.[1] Die Vorschrift enthält in Abs. 7 zudem einen Haftungstatbestand für den Fall, dass aufgrund von Bescheinigungen, die den Abs. 2 bis 5 nicht entsprechen, Steuern verkürzt oder Steuervorteile zu Unrecht gewährt werden. § 45a EStG regelt mit der Anmeldung und der Bescheinigung der KapESt den Abschluss des Quellensteuerverfahrens.[2]

[1] Knaupp, in Kirchhof, EStG, 2018, § 45a EStG Rz. 1.
[2] Gersch, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG,§ 45a EStG Rz. A 2.

1.2 Zweck der Regelung

 

Rz. 1a

Die Verpflichtung zur Anmeldung und Bescheinigung der KapESt dienen insbesondere Nachweiszwecken für die Finanzverwaltung[1] Durch die Verpflichtung zur Ausstellung Steuerbescheinigung soll der die praktikable und rechtssichere Durchführung der KapESt-Anrechnung ermöglicht werden. Zudem ist die Steuerbescheinigung vor allem im Zusammenhang mit § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG zu sehen, wonach die Vorlage einer Steuerbescheinigung gem. § 45a Abs. 2 und 3 EStG zwingende Voraussetzung für die Anrechnung der KapESt auf die ESt ist. Nach Ansicht des BFH galt diese Anrechnungsvoraussetzung bereits vor der ausdrücklichen Regelung in § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG und dessen Inkrafttreten zum Jahr 1996.[2] Dies ergebe sich aus dem Zweck der gesetzlichen Bescheinigungsregelung in § 45a Abs. 2 EStG, der in einer Nachweisfunktion bestehe.[3]

[2] Jahressteuergesetz v. 11.10.1995, BGBl I 1995, 1250.

1.3 Systematik der Vorschrift

 

Rz. 2

Die Vorschrift hat folgenden Inhalt:

  • Abs. 1 regelt das Verfahren zur Anmeldung der KapESt.
  • Abs. 2 und 3 enthalten Vorschriften zur Erteilung von KapESt-Bescheinigungen, die dem Gläubiger der Kapitalerträge auf Verlangen zu erteilen sind und mit Wirkung für ab 1.1.2009 zufließende Kapitalerträge alle Informationen enthalten müssen, die für eine Pflicht- oder Wahlveranlagung des Stpfl. nach § 32d EStG benötigt werden. Abs. 2 enthält zudem Ausführungen über die Form der Steuerbescheinigung. Für die Praxis ist die Änderung des Abs. 2 S. 2 durch Art. 4 des G. zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016[1] bedeutsam, durch das eine Steuerbescheinigung erstmals grundsätzlich auch "elektronisch übermittelt" werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Steuerbescheinigungen noch in Papierform zu übermitteln.[2]
  • Abs. 4 befasst sich mit dem Verhältnis zwischen der Ausstellung einer Steuerbescheinigung einerseits und der Erstattung von KapESt andererseits. Die Vorschrift ist durch G. v. 14.8.2007[3] umfassend geändert worden (Rz. 132ff.).
  • Abs. 5 regelt die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ersatzbescheinigung (Rz. 136f.). Die Vorschrift wurde durch G. v. 20.12.2001[4] in das EStG eingefügt.
  • Abs. 6 enthält Verfahrensvorschriften für die Berichtigung einer nicht ordnungsgemäß ausgestellten Steuerbescheinigung (Rz. 138ff.).
  • Abs. 7 regelt die Haftung des Ausstellers einer Steuerbescheinigung (Rz. 144ff.).
[1] BGBl I 2016, 167.
[2] BT-Drs. 18/8434, 116.
[3] BGBl I 2007, 1912.
[4] BStBl I 2002, 35.

1.4 Verhältnis zu anderen Vorschriften

 

Rz. 2a

Wie unter Rz. 1 ausgeführt, ist die Vorlage einer Steuerbescheinigung nach § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG Voraussetzung für die KapESt. Richtigerweise wirkt sich § 36a EStG jedoch nicht auf § 45a EStG aus, denn § 36a EStG wirkt unmittelbar nur auf Ebene der Stpfl.[1] § 36a EStG berührt daher das KapESt-Abzugsverfahren gem. §§ 43ff. EStG und die Erteilung einer Steuerbescheinigung i. S. d. § 45a Abs. 2 und 3 EStG nicht. Weiter sind in § 44b Abs. 5 EStG zur Erstattung der KapESt mehrere Verweise auf § 45a EStG enthalten. Solange noch keine Steuerbescheinigung nach § 45a EStG erteilt ist, hat der zum Steuerabzug Verpflichtete das Verfahren nach § 45a Abs. 5 S. 1 EStG zu betreiben (Änderung der Steueranmeldung nach § 45a Abs. 1 EStG). Zudem setzt ein Antrag nach § 50d Abs. 1 EStG die Vorlage einer Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 2 EStG voraus (§ 50d Abs. 1 S. 4 und 8 EStG). Ein besondere Kennzeichnungspflicht der Steuerbescheinigung i. S. d. § 45a Abs. 2 EStG ergibt sich des Weiteren aus § 44a Abs. 6 S. 2 EStG. Bezüge zur KiSt-Erhebung ergeben sich aus den Verweisen auf § 45a Abs. 1 bis 3 in § 51a Abs. 2c Nr. 4 S. 2, Abs. 2c S. 6 und Abs. 2d S. 3 EStG. Nach § 30 Abs. 1 S. 1 InvStG die KSt-Pflicht für die inländischen Beteiligungseinnahmen eines Spezial-Investmentfonds, wenn der Spezial-Investmentfonds gegenüber dem Entrichtungspflichtigen unwiderruflich erklärt, dass den Anlegern des Spezial-Investmentfonds Steuerbescheinigungen gem. § 45a Abs. 2 EStG ausgestellt werden sollen (sog. Transparenzoption). Weitere Vorschriften, die die Steuer...

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