Rz. 289

Eine Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs bedeutet, dass die Wirtschaftsgüter in der Anfangsbilanz anders angesetzt werden als in der Schlussbilanz des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs. Die damit verbundene Vermögensmehrung oder -minderung fällt in den fiktiven Zeitraum (logische Sekunde) zwischen Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs und Beginn des laufenden Wirtschaftsjahrs. Da dieser fiktive Zeitraum zu keinem Besteuerungszeitraum gehört, werden hierin anfallende Vermögensmehrungen oder -minderungen steuerlich nicht erfasst.

Aus diesem Grund ist eine Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs grundsätzlich nicht möglich, da es im betrieblichen Bereich steuerfreie Vermögensmehrungen oder -minderungen grundsätzlich nicht gibt.

Eine Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs ist nach der Rspr. auch nicht allein deshalb möglich, weil bei einer (früheren) Einbuchung eines Wirtschaftsguts der Bilanzzusammenhang durchbrochen und eine Verbindlichkeit zu Unrecht erfolgsneutral in die Anfangsbilanz eingestellt wurde (sich also nicht steuermindernd ausgewirkt hat). Soll jetzt die Verbindlichkeit ausgebucht werden, muss das in der (ersten, noch offenen) Schlussbilanz geschehen, und damit gewinnwirksam; die ursprüngliche erfolgsneutrale Einbuchung allein rechtfertigt nicht eine erfolgsneutrale Ausbuchung.[1] Der Stpfl. hätte gegen die erfolgsneutrale Einbuchung Rechtsbehelf einlegen müssen (m. E. unrichtig; Rz. 294).

 

Rz. 290

Der Bilanzzusammenhang kann jedoch ausnahmsweise durchbrochen werden, wenn Fehler in dem Betriebsvermögensvergleich der Vorjahre infolge des Bilanzzusammenhangs zu nicht akzeptablen Ergebnissen führen würden.

So gilt der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs dann nicht, wenn der Stpfl. bei der Durchführung des Betriebsvermögensvergleichs willkürlich gegen zwingende handels- und steuerrechtliche Vorschriften verstoßen hat, um sich ungerechtfertigte Steuervorteile zu verschaffen. Das liegt vor, wenn der Stpfl. willkürlich Abschreibungen unterlässt, um sie in späteren Wirtschaftsjahren bei höherer Steuerbelastung nachzuholen. Die Rspr. sieht hierin einen Verstoß gegen Treu und Glauben.[2] Der Stpfl. muss sich unter Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs so behandeln lassen, als hätte er Abschreibungen vorgenommen; der Buchwert des Wirtschaftsguts wird also in der Anfangsbilanz, und damit gewinn- und steuerneutral, auf einen Wert herabgesetzt, den er bei ordnungsmäßiger Abschreibung erreicht hätte. Die Abschreibungen gehen dem Stpfl. insoweit verloren.

 

Rz. 291

M. E. ist dieser Rspr. nicht zu folgen. Selbst wenn in dem Verhalten des Stpfl. ein Verstoß gegen Treu und Glauben lag, kann die Folge nicht der Verlust der Abschreibungen sein; denkbar wäre allenfalls, die Steuer so zu erheben, als wenn die Abschreibungen periodengerecht vorgenommen worden wären. Dem Stpfl. ist ein Aufwand in Höhe der Abschreibungen entstanden; würde dieser nicht berücksichtigt, obwohl durch den Grundsatz des Bilanzzusammenhangs die verfahrensrechtliche Möglichkeit hierzu besteht, würde gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstoßen.

Kein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt jedenfalls vor mit der Folge, dass eine Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs nicht zulässig ist, wenn das Unterlassen der Abschreibung auf außersteuerlichen Gründen beruhte[3] (zur Nachholung der Abschreibung vgl. § 7 EStG Rz. 235ff.).

 

Rz. 292

Die Rspr. wendet die Grundsätze zur Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs auch auf die Nachholung von Rückstellungen an[4] (hierzu sowie zur Kritik an dieser Ansicht § 5 EStG Rz. 432).

 

Rz. 293

Hat der Stpfl. in den Vorjahren Aktivierungen unterlassen, kann der Bilanzzusammenhang nicht durchbrochen werden; die Aktivierung in der letzten offenen Schlussbilanz führt dann zu einer Nachholung der Gewinnauswirkungen.[5]

 

Rz. 294

Eine Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs ist außerdem zulässig, wenn dadurch Fehler berichtigt werden, die Fehlerberichtigung in der Schlussbilanz aber zu unzutreffenden Gewinnauswirkungen führen würde[6] oder wenn eine Fehlerberichtigung in der Schlussbilanz nicht mehr möglich ist.[7]

Eine Gewinnauswirkung durch die Fehlerberichtigung ist dann unrichtig, wenn der ursprüngliche Fehler sich nicht erfolgswirksam ausgewirkt hat (z. B. Erwerb eines Wirtschaftsguts, Einbuchen einer Verbindlichkeit, Nichteinbuchen eines Wirtschaftsguts). Dann darf auch die Korrektur dieses Fehlers nicht gewinnwirksam erfolgen.

Es sind folgende Fälle denkbar:

  • Der Stpfl. hat fälschlich überhaupt nicht bilanziert (Fälle des "nicht erkannten Gewerbebetriebs").
  • Ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens ist fälschlich nicht bilanziert worden.
  • Ein Wirtschaftsgut des notwendigen Privatvermögens ist fälschlich bilanziert worden.
  • Eine private Verbindlichkeit ist in die Bilanz aufgenommen worden (vgl. jedoch Rz. 289).
  • Eine betriebliche Verbindlichkeit ist nicht bilanziert worden.

In dem Fall, dass erstmals eine Bilanz aufgestellt und die aktiven und passiven Wirtschaftsgüter erstmals bila...

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