2.1 Verpflichtung zur Leistung von Vorauszahlungen

 

Rz. 8

Nach § 37 Abs. 1 EStG ist der Stpfl. zur Entrichtung von Vorauszahlungen verpflichtet. Dies gilt für alle unbeschränkt Stpfl., für beschränkt Stpfl. dagegen nur, sofern eine Veranlagung in Betracht kommt, also nicht, wenn die ESt durch Steuerabzug gem. den Bestimmungen des § 50 EStG abgegolten ist (§ 50 EStG Rz. 89ff.). Dieser materiell-rechtliche Anspruch des FA ist – wie jeder andere steuerliche Anspruch auch[1] – durch Vorauszahlungsbescheid (§ 155 Abs. 1 AO) festzusetzen (Rz. 70). Die Festsetzung von Vorauszahlungen nach Abs. 1 ist dabei eine gebundene Entscheidung.[2] Lediglich hinsichtlich der Anpassung der Vorauszahlungen gem. § 37 Abs. 3 S. 3 EStG ist eine Ermessensentscheidung des FA gegeben (Rz. 57).[3]

 

Rz. 8a

Die Verpflichtung des Stpfl. zur Zahlung von Vorauszahlungen bezieht sich auf alle einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, unabhängig von der Einkunftsart. Die Festsetzung von Vorauszahlungen ist damit auch dann zulässig, wenn der Stpfl. ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bezieht, die dem LSt-Abzug unterliegen. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG ist hierin nicht zu sehen.[4] Die Verpflichtung besteht auch für Einkünfte aus verbotener oder sittenwidriger Tätigkeit.[5] Einschränkungen der Verpflichtung zur Leistung von Vorauszahlungen ergeben sich aus den Vorschriften über die Bemessung, z. B. den Abzug der Steuerabzugsbeträge (Rz. 27). § 37 EStG gilt nicht für Mitunternehmerschaften, da diese nicht Subjekt der ESt sind. Über die Regelung des § 31 KStG gilt die Bestimmung aber auch im Anwendungsbereich des KSt-Rechts.[6]

[1] Ausnahme Steueranmeldung, vgl. §§ 167, 168 AO.
[2] § 37 Abs. 1 EStG: "Der Steuerpflichtige hat … zu entrichten".
[3] Differenzierend Kahl-Hinsch, in Lademann, EStG, § 37 EStG Rz. 10a ff.

2.2 Entstehung der Vorauszahlungen

 

Rz. 9

Die ESt-Vorauszahlungen entstehen jeweils mit Beginn des Kalendervierteljahrs, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind, d. h., die Entstehung hängt von der Fälligkeit des Abs. 1 S. 1 ab. Nach dieser Fälligkeitsregelung des § 37 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 EStG entstehen die Vorauszahlungen zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. eines jeweiligen Jahres. Die Bestimmung abweichender Zahlungszeitpunkte nach Abs. 2 durch die jeweilige OFD ist ab Vz 2009 weggefallen. Wird die Steuerpflicht erst im Lauf des Jahrs begründet, entsteht die Vorauszahlung allerdings erst mit Begründung der Steuerpflicht. Dies betrifft Fälle des Zuzugs aus dem Ausland oder der Geburt. Sie können mangels Bestehens der Steuerpflicht von der Grundregelung nicht erfasst werden. Bei Zuzug aus dem Ausland am 15.8. entsteht die Vorauszahlung, die am 10.9. zu entrichten ist, zum 15.8. Für den folgenden Termin bleibt es bei der Entstehung zum 1.10.

 

Rz. 9a

Ohne Bedeutung für das Entstehen der Vorauszahlungen ist, ob die Steuerpflicht, z. B. durch den Tod des Stpfl., danach wieder wegfällt. Bei einer nachträglichen Erhöhung der Vorauszahlungen nach § 37 Abs. 4 EStG entsteht die Vorauszahlung mit Bekanntgabe des Steuerbescheids, der die Vorauszahlung festsetzt. § 37 Abs. 1 S. 2 EStG gilt für nachträgliche Vorauszahlungen nicht; § 37 Abs. 3 S. 3 EStG enthält keine Regelung. Somit gilt § 38 AO, wonach der Steueranspruch mit Tatbestandsverwirklichung entsteht. Hierbei ist aber zu beachten, dass die Festsetzung nach Abs. 3 S. 3 eine Ermessensentscheidung ist, sodass die erhöhte Vorauszahlung erst mit Ausübung des Ermessens, also der Bekanntgabe des Steuerbescheids nach § 124 AO, entstehen kann.[1]

 

Rz. 10

Für Steuerabzugsbeträge bestehen gesonderte Entstehungszeitpunkte, sodass während des Vz nicht von einer einheitlichen Steuerschuld und einem einheitlichen Entstehungszeitpunkt gesprochen werden kann. Gem. § 38 Abs. 2 S. 2 EStG entsteht die LSt mit Zufluss des Arbeitslohns beim Arbeitnehmer, also regelmäßig monatlich; gem. § 44 Abs. 1 S. 2 EStG entsteht die KapESt in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen. Das kann monatlich, viertel-, halb- oder jährlich geschehen.

 

Rz. 11

Der Steueranspruch entsteht an den genannten Terminen nur dem Grunde, nicht der Höhe nach. Mit Ablauf des Vz stehen Steuerschuld und Steuerabzugsbeträge zwar unabänderbar fest, sodass der später ergehende Steuerbescheid, der die Höhe der Steuerschuld konkretisiert, lediglich klarstellende Bedeutung hat. Gleichwohl sind die Vorauszahlung nach § 37 Abs. 3 S. 2 EStG nicht in jedem Fall nach dem Ergebnis der letzten Veranlagung zu bemessen (dann m. E. auch Entstehen der Höhe nach), sondern nur grundsätzlich, d. h., abweichende Entscheidungen sind zulässig (Rz. 25).[2] An die Entstehung knüpft die (eigentlich selbstverständliche) Rechtsfolge an, dass der Anspruch vor Entstehung nicht entrichtet zu werden braucht, der Anspruch vor Entstehung nicht fällig werden kann. Nach § 170 Abs. 1 AO knüpft der Beginn der Festsetzungsverjährung an die Entstehung des An...

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