Rz. 106

Grundstücke, die in der DDR und in Ost-Berlin enteignet wurden, sind – auch wenn sie bis zur Enteignung zu einem Betriebsvermögen gehörten – zum Zeitpunkt ihrer Rückgabe unter den nachstehenden Voraussetzungen Privatvermögen, weil die Enteignung als eine endgültige, nicht umkehrbare Maßnahme anzusehen war. Aus demselben Grund gehören auch Ansprüche auf die Rückgabe enteigneter Grundstücke – auch wenn die Grundstücke ehedem Betriebsvermögen darstellten – zum Privatvermögen. In beiden Fällen ist jedoch Voraussetzung, dass der Rückgabeanspruch nicht vom 1.7.1990 (Währungsstichtag, Stichtag für die DM-Eröffnungsbilanz) bis zum Rückgabetag in ein Betriebsvermögen des Stpfl. einzubeziehen war.

 

Rz. 107

Die Rückübertragung in der DDR enteigneter Grundstücke stellt keine Anschaffung im steuerlichen Sinne und damit auch keine Anschaffung i. S. d. § 23 EStG dar.[1] Das gilt auch dann, wenn mit der Rückgabe eine Ausgleichszahlung[2] verbunden war. Deshalb liegt mangels eines Anschaffungsgeschäfts innerhalb der Frist kein Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 EStG vor, wenn ein rückübertragenes, im Privatvermögen gehaltenes Grundstück innerhalb von 2 bzw. 10 Jahren nach der Rückgabe veräußert wird. Das gilt auch für die Veräußerung eines Grundstücks, das dem Rückgabeberechtigten gem. § 9 VermG als Entschädigung für ein enteignetes, nicht rückgabefähiges Grundstück übereignet worden ist.

 

Rz. 108

Eine Anschaffung i. S. d. § 23 EStG liegt aber dann vor, wenn ein enteignetes Grundstück gem. § 32b InVorG[3] an den Anmelder (der die Rückgabe begehrte) nach Ablehnung oder Rücknahme seines Rückübertragungsantrags gegen Zahlung des in § 21b InVorG genannten Betrags (mindestens Verkehrswert) rückübertragen wird.[4]

 

Rz. 109

Wegen des nur sehr langsamen Fortgangs der Rückübertragungen wurden vielfach Rückübertragungsansprüche entgeltlich übertragen. Der Erwerb eines Rückübertragungsanspruchs ist eine Anschaffung des Grundstücks i. S. d. § 23 EStG. Die Übertragung des Rückübertragungsanspruchs ist die Grundlage für den späteren Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber des Rückübertragungsanspruchs. Maßgebend für die Anschaffung und Veräußerung i. S. d. § 23 EStG sind i. d. R. die Verpflichtungsgeschäfte. Nach der Rspr.[5] sind bei einem Grundstück mit der Abgabe des Meistgebots bei einer Versteigerung und ebenso mit der Abtretung der Rechte aus einem solchen Meistgebot Anschaffung und Veräußerung i. S. d. § 23 EStG vollzogen (Rz. 10, 34). Die entgeltliche Übertragung des Rückübertragungsanspruchs und spätere Veräußerung des rückübertragenen Grundstücks ist daher als Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusehen.[6]

Daraus folgt:

  • Die Übertragung des Rückübertragungsanspruchs ist die Anschaffung und – bei Weiterveräußerung – die Veräußerung des Grundstücks i. S. d. § 23 EStG.
  • Die vertragliche und dingliche Übertragung des Grundstücks auf den Erwerber des Rückübertragungsanspruchs löst keine Folge i. S. d. § 23 EStG aus, sie stellt insbesondere keine Anschaffung i. S. d. § 23 EStG dar.
  • Die Veräußerung des Grundstücks durch den Erwerber des Rückübertragungsanspruchs innerhalb von 2 bzw. 10 Jahren nach dem Erwerb des Rückübertragungsanspruchs führt zu einem privaten Veräußerungsgeschäft gem. § 23 EStG.
  • Die Veräußerung des Rückübertragungsanspruchs durch den Erwerber dieses Anspruchs innerhalb von 2 bzw. 10 Jahren nach dem Erwerb führt (wie oben) ebenfalls zu einem privaten Veräußerungsgeschäft gem. § 23 EStG.

Rz. 110 einstweilen frei

[2] Wertausgleich, Gegenleistung, Ablösebetrag – §§ 7, 7a, 18, 18a VermG, Neufassung BGBl I 1997, 1975.
[3] Neufassung BGBl 1997, 1997.
[4] OFD Chemnitz v. 27.10.1997, S 2256 – 14/3 – St 31, INF 2/1998, S. IV.

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