1.5.1 Subsidiaritätsprinzip

 

Rz. 9

§ 23 EStG greift nur ein, wenn die Einkünfte aus den in Abs. 1 genannten Veräußerungsgeschäften nicht unter eine andere Einkunftsart fallen, z. B. die Veräußerung von Betriebsvermögen im Rahmen der Gewinneinkünfte oder die Veräußerung von Wertpapieren i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG. Das folgt zum einen aus § 22 Nr. 1 S. 1 EStG, da private Veräußerungsgeschäfte zu den sonstigen Einkünften gehören, zum anderen aus der Subsidiaritätsklausel des § 23 Abs. 2 EStG. § 23 EStG erfasst somit nur die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, sodass Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens nicht unter § 23 EStG fallen können.[1] Ab Vz 2009 ist § 23 EStG infolge der Streichung des S. 2 in Abs. 2 vollen Umfangs subsidiär.

[1] Levedag, in Schmidt, EStG, 2023, § 23 EStG Rz. 65; Ratschow, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht , § 23 EStG Rz. 28.

1.5.2 Verhältnis zu § 17 EStG

 

Rz. 10

Bis Vz 2008 gilt Folgendes: Nach § 23 Abs. 2 S. 2 EStG a. F. ist § 17 EStG in den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 nicht anzuwenden, d. h., bei der Veräußerung im Privatvermögen gehaltener Anteile i. S. d. § 17 EStG (Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Privatvermögen von mindestens 1 %) hat § 23 EStG Vorrang. Die Auswirkungen sind, dass § 23 EStG im Gegensatz zu § 17 EStG nur einen eingeschränkten Verlustausgleich zulässt, § 17 EStG einen Freibetrag gewährt, § 23 EStG eine Freigrenze. Mit der Einführung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens in § 3 Nr. 40 EStG ist der für Veräußerungsgewinne i. S. d. § 17 EStG bisher gewährte ermäßigte Steuersatz des § 34 EStG weggefallen.

Rz. 11 einstweilen frei

 

Rz. 12

Ab Vz 2009 ist S. 2 in Abs. 2 gestrichen worden, sodass § 17 EStG wieder den Vorrang hätte.[1] Da die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ab Vz 2009 aber in § 20 Abs. 2 EStG geregelt ist und für Anteile gilt, die nach dem 31.12.2008 erworben worden sind, kann sich zukünftig keine Konkurrenz zu § 23 EStG mehr ergeben (§ 52a Abs. 10 S. 1 EStG a. F.).

[1] Levedag, in Schmidt, EStG, 2023, § 23 EStG Rz. 66.

1.5.3 Verhältnis zu § 20 EStG

 

Rz. 13

Im Verhältnis zu § 20 EStG gilt die Subsidiaritätsregelung des § 23 Abs. 2 EStG, sodass die Veräußerung von Wertpapieren i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG dort zu erfassen ist. Ab Vz 2009 ist die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften in § 20 Abs. 2 EStG geregelt, wenn die Anteile nach dem 31.12.2008 erworben werden (Rz. 5a. 6a; § 52a Abs. 10 S. 1 EStG a. F.), sodass sich keine Konkurrenz mehr ergibt, z. B. bei Finanzinnovationen. Weiterhin unter § 23 EStG fallen die Veräußerung fremder Währungen (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) sowie der Erwerb und die Veräußerung von Schuldverschreibungen, die einen Anspruch auf Lieferungen, z. B. von Gold verbriefen.[1]

Rz. 14 bis 16 einstweilen frei

[1] BFH v. 12.5.2015, VIII R 35/14, BFH/NV 2015, 1467 zum XETRA-Gold; BFH v. 12.5.2015, VIII R 4/15, BFH/NV 2015, 1468; Stiegler/Thiede, NWB-EV 2015, 347; BFH v. 27.10.2015, VIII R 70/13, BFH/NV 2016, 736; Ratschow, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 23 EStG Rz. 30.

1.5.4 Halbeinkünfteverfahren/Teileinkünfteverfahren

 

Rz. 17

Das Halbeinkünfteverfahren fand nach § 3 Nr. 40 Buchst. j EStG bis Vz 2008 Anwendung bei der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, deren Leistung bei dem Empfänger zu Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehörten. In diesen Fällen war nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG nur der halbe Veräußerungspreis anzusetzen, nach § 3c Abs. 2 EStG gemindert um die halben Anschaffungskosten und ggf. halben Werbungskosten.[1]

 

Rz. 17a

Das Halbeinkünfteverfahren fand erstmals für Veräußerungen im Jahr 2002, bei abweichendem Wirtschaftsjahr in 2002/2003 Anwendung (§ 52 Abs. 4a Nr. 2 EStG). Das Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Buchst. j EStG ist ab Vz 2009 durch das UntStReformG 2008 abgeschafft und ab 2009 durch das Teileinkünfteverfahren ersetzt worden (§ 3 Nr. 40 EStG; § 3 Nr. 40 EStG Rz. 199ff.).

[1] Heinicke, in Schmidt, EStG, 2008, § 3c EStG Rz. 30; jetzt Levedag, in Schmidt, EStG, 2023, § 3c EStG Rz. 13.

1.5.5 Gewerbliche Veräußerungsgeschäfte

 

Rz. 18

Die Veräußerung von Privatvermögen kann zu einer gewerblichen Tätigkeit i. S. d. § 15 EStG führen, wenn die Grenzen der Vermögensverwaltung überschritten werden, z. B. beim An- und Verkauf von Wertpapieren oder Grundstücken.

 

Rz. 18a

Regelmäßig ist der An- und Verkauf von Wertpapieren Vermögensverwaltung. Auch der fortgesetzte An- und Verkauf in erheblichem Umfang und über einen längeren Zeitraum begründet keinen Gewerbebetrieb, solange er sich in den gewöhnlichen Formen, wie sie bei Privatleuten die Regel bilden, abspielt. Gewerblichkeit ist nur gegeben, wenn der Stpfl. wie ein Wertpapierhändler auftritt (vgl. zu den Einzelheiten § 15 EStG Rz. 197ff.).[1]

Zum An- und Verkauf von Gold als Gewerbebetrieb oder private Vermögensverwaltung vgl. § 15 EStG Rz. 201b ff.

 

Rz. 18b

Der An- und Verkauf von Grundstücken führt zum gewerblichen Grundstückshandel, wenn mehr als 3 Objekte innerhalb bestimmter Zeiten angeschafft und veräußert werden (zu den Einzelheiten vgl. § 15 EStG Rz. 140ff.). Durch die verlängerte Frist des § 23 EStG werden Grundstücksgeschäfte steuerl...

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