Rz. 145

Der Begriff der Anschaffungskosten folgt aus § 255 Abs. 1 HGB, der uneingeschränkt im Steuerrecht Anwendung findet.[1] Anschaffungskosten sind danach alle Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, ferner die Nebenkosten des Erwerbs und nachträgliche Anschaffungskosten. Der BFH rechnet – unabhängig von der Frage der anschaffungsnahen Herstellungskosten – Aufwendungen zu den Anschaffungskosten, die zuvor regelmäßig als Erhaltungsaufwendungen abziehbar waren. Im Ergebnis ist es damit zu einer Verschärfung der Rspr. gekommen. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rspr. angeschlossen und wendet sie in allen offenen Fällen an.[2]

 

Rz. 146

Zu den Erwerbskosten gehören der Kaufpreis (§ 6 EStG Rz. 97ff.) sowie als Nebenkosten regelmäßig Makler-, Notar-, Gerichtskosten und die GrESt. Für Zwecke der Abschreibung sind diese Kosten bei Erwerb eines bebauten Grundstücks in einen Grund und Boden- sowie einen Gebäudeanteil aufzuteilen (§ 6 EStG Rz. 152).

 

Rz. 147

Ein Gebäude ist betriebsbereit i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB, wenn es entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Aufwendungen, die getätigt werden, um das Gebäude bestimmungsgemäß nutzen zu können, gehören daher zu den Anschaffungskosten.

 

Rz. 148

Für Baumaßnahmen, die nach dem 31.12.2003 begonnen werden, sind die Grundsätze der anschaffungsnahen Herstellungskosten in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG i. V. m. § 9 Abs. 5 EStG Gesetz geworden.

 

Rz. 149

Die Betriebsbereitschaft ist bei einem Gebäude für jeden Teil, der gesondert genutzt werden soll, zu prüfen, d. h. z. B. bei einem vermieteten Mehrfamilienhaus für jede einzelne Wohnung, wenn das Gebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird und deshalb mehrere Wirtschaftsgüter umfasst.[3] Es kann daher eine Wohnung betriebsbereit, eine andere nicht betriebsbereit sein.[4] Der Erwerber selbst entscheidet, zu welchem Zweck er das Gebäude nutzen will. Zweck ist zum einen, dass das Gebäude innerhalb einer bestimmten Einkunftsart zur Erzielung von Einkünften eingesetzt wird, zum anderen, auf welche konkrete Art und Weise das Gebäude tatsächlich genutzt werden soll, z. B. als Wohn- oder Bürogebäude.

 

Rz. 150

Ist ein Gebäude im Zeitpunkt des Erwerbs, d. h. im Zeitpunkt der Besitzübergabe oder des Übergangs von Nutzen und Lasten, vermietet und wird es weiter durch Vermietung genutzt, ist es betriebsbereit und kann nicht mehr in diesen Zustand versetzt werden. Instandhaltungsmaßnahmen und Schönheitsreparaturen, die an den vermieteten Wohnungen durchgeführt werden, sind daher in diesen Fällen keine Anschaffungskosten.[5]

 

Rz. 151

Die Finanzverwaltung unterscheidet bei der Frage der Betriebsbereitschaft in objektive und subjektive Funktionstüchtigkeit.

 

Rz. 152

Objektiv funktionsuntüchtig ist ein Gebäude, wenn für den Gebrauch wesentliche Teile objektiv nicht nutzbar sind, z. B. die Heizung, die Sanitär- oder Elektroinstallation oder die Fenster, oder wenn das Gebäude vor der erstmaligen Nutzung nach Erwerb wegen eines Schadens nicht vermietbar ist.[6] Werden diese Teile funktionsfähig gemacht, liegen Anschaffungskosten vor, wobei es keine Rolle spielt, ob das Gebäude im Zeitpunkt der Anschaffung vermietet ist oder nicht. Mängel durch Verschleiß, die durch laufende Reparaturen behoben werden, beeinträchtigen die Funktionstüchtigkeit nicht.

 

Rz. 153

Subjektiv funktionsuntüchtig ist ein Gebäude, das für die konkrete Zweckbestimmung nicht geeignet ist. Soll z. B. das Wohngebäude als Bürogebäude genutzt werden, und ist eine Erneuerung der Elektroinstallation erforderlich, führen die Aufwendungen zu Anschaffungskosten. Entsprechendes gilt beim Umbau eines Büros in eine Arztpraxis.[7]

 

Rz. 154

Steht das Gebäude bei Erwerb leer, ist aus Sicht des Erwerbers zunächst offen, wie das Gebäude genutzt werden soll. Führt der Erwerber daher Baumaßnahmen durch, um das Gebäude entsprechend seiner Zweckbestimmung nutzen zu können, liegen ebenfalls Anschaffungskosten vor.

 

Rz. 155

Handelt es sich um ein Wohngebäude, gehört zur Zweckentscheidung auch die Frage, welchen Wohnstandard das Gebäude haben soll, d. h., welche Qualität die Ausstattung und Einrichtung haben, die den Gebrauchswert einer Wohnung ausmachen. Wesentlich und entscheidend hierfür ist der Zustand der Heizungs-, Elektro- und Sanitärinstallationen sowie der Fenster. Baumaßnahmen vor der erstmaligen Nutzung eines Gebäudes an mindestens drei Bereichen dieser Ausstattungsmerkmale, deren Schwerpunkt nicht die Reparatur und Ersetzung des Vorhandenen, sondern die funktionserweiternde Ergänzung zum Gegenstand haben, können den Standard eines Gebäudes erhöhen und führen zu Anschaffungskosten. Mit dieser Rspr. hat der BFH einen neuen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Standardanhebung, geprägt und damit zulasten der Stpfl. die Grenzen zum Erhaltungsaufwand erheblich eingeschränkt.

 

Rz. 156

Der BFH unterscheidet drei Standardtypen[8]:

  • einfacher Sta...

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