Gebäude: Anschaffungskosten vs. Erhaltungsaufwendungen

Während bei Neubauten meist nur Investitionen entstehen, gilt es bei Bestandsgebäuden zwischen Anschaffungs- und Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen zu unterscheiden. Bei der bilanziellen Behandlung ist zwischen aktivierungspflichtigen Herstellungskosten und nicht aktivierbarem Erhaltungsaufwand zu differenzieren.

Was als Anschaffungs- und Herstellungskosten gilt

Nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Aufwendungen als Herstellungskosten zu aktivieren, wenn eine der 3 folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

  • Herstellung eines Vermögensgegenstands,
  • Erweiterung eines Vermögensgegenstands oder
  • wesentliche Verbesserung eines Vermögensgegenstands, die über seinen ursprünglichen Zustand hinausgeht.

Der IDW RS IFA 1 enthält hierzu klarstellende Regelungen, die sich weitgehend an den steuerlichen Bestimmungen (BMF, Schreiben v. 18.7.2003, IV C 3 - S 2211 - 94/03) orientieren, jedoch in mancherlei Hinsicht etwas "weicher" definiert sind.

Anschaffungskosten eines Gebäudes sind

  • Aufwendungen, die geleistet werden, um das Gebäude zu erwerben und es in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Gebäude einzeln zugeordnet werden können,
  • Anschaffungsnebenkosten und
  • nachträgliche Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB).

Gebäude: Betriebsbereiter Zustand

Ein Gebäude ist betriebsbereit, wenn es entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Die Betriebsbereitschaft ist bei einem Gebäude für jeden Teil des Gebäudes, der nach seiner Zweckbestimmung selbständig genutzt werden soll, gesondert zu prüfen. Die Betriebsbereitschaft setzt die objektive und subjektive Funktionstüchtigkeit des Gebäudes voraus. Ein Gebäude ist objektiv funktionsuntüchtig, wenn für den Gebrauch wesentliche Teile objektiv nicht nutzbar sind. Dies gilt unabhängig davon, ob das Gebäude im Zeitpunkt der Anschaffung bereits genutzt wird oder leer steht. Wird bspw. ein Dachgeschoss ausgebaut, um es als Wohnung nutzen zu können, so sind sämtliche Aufwendungen (z. B. Dachisolierung, Fenster und Dachgauben, Zwischenwände, Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen, Einbau einer Treppe anstatt der alten Klappleiter) als aktivierungspflichtige Anschaffungskosten zu behandeln.

Subjektiv ist ein Gebäude funktionsuntüchtig, wenn es für die konkrete Zweckbestimmung des Erwerbers nicht nutzbar ist. Aufwendungen für Baumaßnahmen, welche zur Zweckerreichung erforderlich sind, führen wiederum zu aktivierungspflichtigen Anschaffungskosten. Bspw. wird eine ehemalige Wohnung zu einer Zahnarztpraxis umgebaut. Die Verlegung zusätzlicher Wasser- und Abwasserleitungen oder Druckluftleitungen in die einzelnen Räume machen die Praxis erst einmal subjektiv dem Zweck entsprechend nutzbar.

Gebäudestandard von Bedeutung

Zur Zweckbestimmung gehört auch die Entscheidung, welchem Standard das Gebäude künftig entsprechen soll:

  • sehr einfach,
  • mittel oder
  • sehr anspruchsvoll.

Baumaßnahmen, die das Gebäude auf einen höheren Standard bringen, machen es betriebsbereit - ihre Kosten sind Anschaffungskosten. Der Standard eines Wohngebäudes bezieht sich auf die Eigenschaften einer Wohnung. Wesentlich sind vor allem Umfang und Qualität der Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie der Fenster und Fassade (zentrale Ausstattungsmerkmale). Hier ist zu prüfen, ob eine Standardhebung vorliegt und in wie vielen Fällen der zentralen Ausstattungsmerkmale der Standard gehoben wird. Außerdem ist zu beachten, ob die Standardhebung auch mit einer Erweiterung einhergeht. Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen bilden unabhängig von ihrer Höhe Herstellungskosten, wenn sie für eine Erweiterung i. S. v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB entstehen.

Uwe Jüttner