Abgrenzung Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen

Herstellungskosten eines Gebäudes sind nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB Aufwendungen für die Herstellung eines Gebäudes sowie Aufwendungen, die für die Erweiterung oder für die über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung eines Gebäudes entstehen.

Wann liegt eine wesentliche Verbesserung eines Gebäudes vor und wann nicht?

Ursprünglicher Zustand i. S. v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist grundsätzlich der Zustand des Gebäudes im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung durch den Steuerpflichtigen oder seinen Rechtsvorgänger im Fall des unentgeltlichen Erwerbs. Eine wesentliche Verbesserung i. S. v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Gebäude generalüberholt wird, d. h. Aufwendungen, die für sich genommen als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen sind, in ungewöhnlicher Höhe zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum oder Wirtschaftsjahr anfallen. Nur weil es teuer wird, ist es nicht automatisch eine Investition! Es kann durchaus auch teure Instandhaltungsmaßnahmen geben.

Eine wesentliche Verbesserung und damit Herstellungskosten sind erst dann gegeben, wenn die Maßnahmen zur Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes in ihrer Gesamtheit

  • über eine zeitgemäße substanzerhaltende (Bestandteil-)Erneuerung hinausgehen,
  • den Gebrauchswert des Gebäudes insgesamt deutlich erhöhen und
  • damit für die Zukunft eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit geschaffen wird.

Von einer deutlichen Erhöhung des Gebrauchswerts ist z. B. auszugehen, wenn der Gebrauchswert des Gebäudes (Nutzungspotential) von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird. Eine Erhöhung der Gebrauchsmöglichkeit liegt insbesondere im Fall einer wesentlichen Verlängerung der Nutzungsdauer des Gebäudes vor. Dabei ist nicht nur die technische, sondern auch die wirtschaftliche Nutzungsdauer zu beachten. Eine Verlängerung der Nutzungsdauer um 3 – 5 Jahre ist sicherlich nicht so wesentlich, wie eine Verlängerung um 20 – 25 Jahre! Eine wesentliche Verbesserung entsteht nicht schon dadurch, dass Erhaltungsaufwendungen in ungewöhnlicher Höhe geballt anfallen. Bei umfassenden baulichen Maßnahmen an Gebäuden wird eine Verlängerung der technischen Nutzungsdauer nur dann eintreten, wenn die für die Nutzbarkeit maßgebende mutmaßliche Haltbarkeitsdauer der Bausubstanz in ihrer Gesamtheit dies gewährleistet.

Praxis-Beispiel: Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Ein zwölfstöckiges Hotelgebäude, welches vor 25 Jahren neu errichtet wurde, wird nach und nach von oben nach unten grundlegend renoviert. Die sanitären Anlagen in den Nasszellen, die Fenster, die Heizkörper und die Elektroinstallation werden erneuert. Verschönerungsarbeiten wie neue Bodenbeläge, Maler- und Tapezierarbeiten werden vorgenommen. Obwohl der mittlere Standard des Gebäudes nicht wesentlich gehoben wird und somit die Maßnahmen als Erhaltungsaufwand behandelt werden könnten, wird trotzdem hierdurch die Nutzungsdauer des Gebäudes deutlich verlängert und damit die Gebrauchsmöglichkeit erweitert. Diese Maßnahmen sind nunmehr als Herstellungskosten zu aktivieren.

Der zeitliche Aspekt ist zu beachten

Bei der Beurteilung, ob Erhaltungsaufwand vorliegt, ist auch der zeitliche Aspekt zu beachten. Von einer Sanierung in Raten ist grundsätzlich auszugehen, wenn die Maßnahmen innerhalb eines Fünfjahreszeitraumes durchgeführt worden sind. Wer also den Standard in mindestens 3 Fällen der zentralen Ausstattungsmerkmale (Qualität der Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie der Fenster und Fassade) innerhalb von 5 Jahren erhöht, muss die Maßnahmen insgesamt und zusammen als Investition behandeln.

Sind im Rahmen einer umfassenden Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahme sowohl Arbeiten zur Schaffung eines betriebsbereiten Zustandes, zur Erweiterung des Gebäudes oder Maßnahmen, die über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinausgehen, als auch Erhaltungsarbeiten durchgeführt worden, sind die hierauf jeweils entfallenden Aufwendungen grundsätzlich - ggf. durch Schätzung - in Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen aufzuteilen, die mit den jeweiligen Aufwendungsarten im Zusammenhang stehen. Ratsam ist auf jeden Fall, die Handwerker mit der Trennung der Kosten zu beauftragen oder es werden von vornherein zwei Aufträge erteilt.

Uwe Jüttner