Rz. 43

Der Begriff der Landwirtschaft i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG ist eng auszulegen.[1] Hierunter fallen weder die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG neben der Landwirtschaft aufgeführten weiteren Fälle von Pflanzenproduktion noch die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG genannte Tierzucht und Tierhaltung. Von daher ist unter Landwirtschaft die selbstständige und nachhaltige Gewinnung und Verwertung von Pflanzen und Pflanzenteilen mittels Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Beteiligung am allg. wirtschaftlichen Verkehr zu verstehen.[2] Werden Pflanzen mittels anorganischer Stoffe erzeugt, liegt keine Landwirtschaft mangels Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens vor. Ebenfalls nicht zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG führt nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG die gewerbliche Bodenbewirtschaftung. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft liegen aber vor, wenn die gewerbliche Bodenbewirtschaftung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs erfolgt. Nicht von Bedeutung ist, wozu die gewonnenen Pflanzen und Pflanzenteile nach dem Absatz am Markt vom Käufer letztendlich verwendet werden.

 

Rz. 44

Die landwirtschaftliche Tätigkeit umfasst nicht nur die selbstständige und nachhaltige Gewinnung von Pflanzen und Pflanzenteilen mittels Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens, sondern auch deren Verwertung. Hierzu gehören die Veräußerung und der Verbrauch der entsprechenden Erzeugnisse. Gleiches gilt auch für deren Veredelung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs, wobei allerdings Voraussetzung ist, dass die veredelten Produkte nach der Verkehrsauffassung noch als landwirtschaftliche Erzeugnisse anzusehen sind. Ebenfalls zur landwirtschaftlichen Tätigkeit zählen die mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Hilfsgeschäfte. Gleiches gilt für Nebengeschäfte.[3] Hierbei handelt es sich um Geschäftsvorgänge, die in enger Beziehung zur land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebsinhabers – wie z. B. die ehrenamtliche Tätigkeit in land- und forstwirtschaftlichen Berufsverbänden (Rz. 17) – stehen.

 

Rz. 45

Der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs setzt keine Mindestgröße voraus.[4] Allerdings geht die Finanzverwaltung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung vor dem Hintergrund der Abgrenzung zur Liebhaberei im Allgemeinen davon aus, dass steuerlich kein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, wenn die bewirtschafteten Grundstücksflächen insgesamt nicht größer als 0,3 ha sind.[5] Sind die Grundstücksflächen größer als 0,3 ha, wird der Flächeneigentümer aber nicht land- und forstwirtschaftlich tätig, liegt ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nicht vor.[6] Die Vereinfachungsregelung gilt nicht, wenn die Flächen intensiv genutzt werden, z. B. für Sonderkulturen, Gemüse-, Blumen- und Zierpflanzenbau, Baumschulen und Weinbau.[7] Die 0,3 ha-Grenze ist keine starre Grenze. Maßgebend für die Beurteilung sind jeweils die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls. Weder kann generell bei einem Überschreiten der Grenze von 0,3 ha vom Bestehen eines landwirtschaftlichen Betriebs[8], noch bei einem Unterschreiten der Grenze von 0,3 ha vom Nichtbestehen eines landwirtschaftlichen Betriebs ausgegangen werden. Auch stellen landwirtschaftliche Nutzflächen von mehr als 0,3 ha nicht allein im Hinblick auf ihre Größe landwirtschaftliche Teilbetriebe dar.[9]

 

Rz. 46

Wird ein landwirtschaftlicher Betrieb durch Entnahme, Überführung oder Übertragung von Flächen verkleinert und verbleibt mindestens eine Fläche, die der Erzeugung von Pflanzen oder Tieren i. S. d. § 13 Abs. 1 EStG zu dienen bestimmt ist, liegt nach § 14 Abs. 2 S. 1 EStG unabhängig von der Größe dieser Fläche keine Betriebsaufgabe vor (§ 14 EStG Rz. 259ff.). Unberührt bleibt nach § 14 Abs. 2 S. 2 EStG die Anwendung von § 16 Abs. 3b EStG (Verpächterwahlrecht).

 

Rz. 47

Ebenfalls nicht Voraussetzung für einen landwirtschaftlichen Betrieb ist ein voller landwirtschaftlicher Besatz (Betriebsgebäude, Maschinen, sonstige Betriebsmittel).[10] Gleiches gilt hinsichtlich des Vorhandenseins von Eigentumsflächen[11] oder einer Hofstelle.[12] Ausreichend ist die Nutzung von dazu gepachteten Flächen oder von Stückländereien. Auch ist für einen landwirtschaftlichen Betrieb die Erzielung eines erheblichen nachhaltigen Rohertrags nicht Voraussetzung.[13]

 

Rz. 48

Die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb werden demjenigen zugerechnet, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird. Dabei ist es unerheblich, ob der landwirtschaftliche Betrieb auf eigenem oder gepachtetem Grund und Boden oder aufgrund eines Nutzungsrechts ausgeübt wird. Gleiches gilt auch für die Betriebsführung durch einen Verwalter oder die Bodenbewirtschaftung durch einen Lohnunternehmer. Der Auftrag gebende Grundstückseigentümer erzielt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auch bei Bestehen eines sog. Crop-Sharing-Vertrags.[14] Letzterer beinhaltet, dass sich z. B. ein landwirt...

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