1.2.2.1 Allgemeines

 

Rz. 6

§ 3 Abs. 1 unterscheidet gedanklich zwischen nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen (vgl. Rz. 9ff.) und nichtrechtsfähigen Vermögensmassen (vgl. Rz. 14ff.). Gemeinsames Merkmal dieser Gebilde ist, dass sie in kein Register eingetragen werden. Kennzeichnendes Merkmal der nichtrechtsfähigen Personenvereinigung ist, dass sie als Verbandsperson organisiert ist, d. h. auf einem Zusammenschluss einer Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen zur Erreichung eines gemeinsames Zweckes beruht.[1] Dieses Merkmal fehlt demgegenüber bei nichtrechtsfähigen Vermögensmassen. Ein Rechtsgebilde, das Mitglieder hat und Mitgliederbeiträge erhebt, kann daher nicht als Vermögensmasse angesehen werden, sondern muss eine Personenvereinigung sein.[2]

 

Rz. 7

Ist zweifelhaft, ob eine Personenvereinigung als Mitunternehmerschaft oder als selb­ständige körperschaftsteuerpflichtige Verbandsperson (nichtrechtsfähiger Verein) anzusehen ist, und wurde sie zum Vorteil der Gesellschafter seit vielen Jahren als Mitunternehmerschaft behandelt, so kann ein Gesellschafter gegen die Versteuerung des bei der Veräußerung seines Gesellschaftsanteils erzielten Gewinns nicht einwenden, es liege keine Mitunternehmerschaft, sondern eine private Beteiligung an einer Körperschaft vor.[3]  M.E. ist das Urteil bedenklich und sollte nicht verallgemeinert werden. Auf Grund des Jahresprinzips kann sich auch aus einer langjährigen unrichtigen Behandlung kein Rechtsverlust des Steuerpflichtigen ergeben, selbst wenn er daraus Vorteile gezogen und dieser Behandlung zugestimmt hat. Nur in besonderen Einzelfällen steht dem auch im Steuerrecht das Verbot widersprüchlichen Verhaltens entgegen.[4]

 

Rz. 8

Kartelle sind Zusammenschlüsse wirtschaftlich selbständig bleibender Unternehmer zur Regelung des zwischen ihnen bestehenden Wettbewerbs. Syndikate sind eine Unterform der Kartelle, die den Verkauf oder den Einkauf als Zentralstellen für ihre Mitglieder durchführen oder vermitteln.

Für alle diese Gebilde galten früher ungeachtet ihrer Rechtsform (juristische Person, nichtrechtsfähige Personenvereinigung, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) die Sondervorschriften der sog. Kartellsteuerverordnung vom 20.12.1941.[5]  Nachdem der BFH diese Verordnung für rechtsunwirksam erklärt hat, hängt die Besteuerung dieser Gebilde nunmehr allein von ihrer Rechtsform ab.[6]

[2] Vgl. BFH v. 5.2.1964, I 213/62, HFR 1964, 247.
[4] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 139, Rz. 168.
[5] RStBl 1941, 953.

1.2.2.2 Der nichtrechtsfähige Verein

 

Rz. 9

In der Praxis gibt es viele Organisationen, die auf die Rechtsfähigkeit verzichten und die Form eines nichtrechtsfähigen Vereins wählen. Dazu gehören insbesondere bestimmte Berufsverbände (Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände), politische Parteien, Kartelle u.Ä. Soweit diese nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen Vermögen besitzen, wird vielfach eine sog. Vermögensverwaltungsgesellschaft in der Form einer Kapitalgesellschaft eingeschaltet (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 6). Damit wird eine größere Flexibilität erreicht, z. B. im Falle des Erwerbs oder der Veräußerung von Grundbesitz.

 

Rz. 10

Eine ausdrückliche Begriffsbestimmung des nichtrechtsfähigen Vereins fehlt sowohl im Zivilrecht als auch im Steuerrecht. Der nichtrechtsfähige Verein unterscheidet sich von einem rechtsfähigen Verein im Allgemeinen nur dadurch, dass er nicht in das Vereinsregister eingetragen bzw. ihm keine Rechtsfähigkeit verliehen worden ist. Die tatsächliche Gestaltung wird in aller Regel den gesetzlichen Bestimmungen für die rechtsfähigen Vereine entsprechen.

 

Rz. 11

Für den nichtrechtsfähigen Verein fehlen auch besondere gesetzliche Vorschriften. Lediglich § 54 BGB bestimmt, dass „auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind”, „die Vorschriften über die Gesellschaft” des bürgerlichen Rechts[1] Anwendung finden. Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner. Die Rechtspraxis hat jedoch den nichtrechtsfähigen Verein in gewisser Hinsicht dem rechtsfähigen Verein angenähert; so wird eine der Haftung des Mitglieds eines rechtsfähigen Vereins vergleichbare Haftungsbeschränkung für die Mitglieder des nichtrechtsfähigen Vereins dadurch erreicht, dass angenommen wird, dass der Vorstand das einzelne Mitglied nur hinsichtlich seines Anteils am Vereinsvermögen verpflichten darf.[2]

Die Grenze zwischen einem nichtrechtsfähigen Verein und einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ist fließend. Allgemein gültige Abgrenzungsregeln lassen sich nicht aufstellen. Die Entscheidung muss vielmehr stets auf die Verhältnisse im Einzelfall abstellen. Dabei kommt den vertraglichen Abmachungen und dem tatsächlichen Verhalten der Beteiligten besondere Bedeutung zu. Auf die äußere Form und die Bezeichnung des Gebildes (Club, Gemeinscha...

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