Rz. 304

Eine Gewinnausschüttung wird nach § 1a Abs. 3 S. 4 Alt. 2 KStG bereits zu dem Zeitpunkt fingiert, in dem der Gesellschafter die Auszahlung seines Gewinnanteils verlangen kann. Die Ausschüttung wird also in dem Zeitpunkt fingiert, in dem der Gesellschafter einen zivilrechtlichen Anspruch auf die Auszahlung seines Gewinnanteils hat. Auf die tatsächliche Auszahlung des Gewinnanteils kommt es nicht an. Unerheblich ist auch, ob der Gesellschafter die Auszahlung seines Gewinnanteils tatsächlich verlangt.[1] Kann der Gesellschafter seinen Gewinnanteil mit der Feststellung des Jahresabschlusses verlangen, gilt dieser in diesem Zeitpunkt als ausgeschüttet.[2] Dagegen gelten gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorauszahlungen auf den Gewinn unabhängig von der Feststellung des Jahresabschlusses als ausgeschüttet, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann.[3]

Damit sind insbesondere unterjährige Zahlungen der optierenden Gesellschaft angesprochen. Diese bewirken (konsequenterweise) eine Gewinnausschüttungsfiktion in dem Moment, in dem der Gesellschafter aus der optierenden Gesellschaft Geld (oder andere Wirtschaftsgüter) erhält oder verlangen kann.

Sind Gewinnanteile wegen eines Auszahlungsanspruchs des Gesellschafters als fiktive Gewinnausschüttung behandelt worden, führt die spätere Auszahlung dieser Beträge nicht mehr zu einer Ausschüttungsfiktion. Da regelmäßig die Verbuchung auf einem Fremdkapitalkonto einen Auszahlungsanspruch des Gesellschafters dokumentiert, löst die spätere Zahlung gegen Buchung auf einem Fremdkapitalkonto keine Ausschüttungsfiktion mehr aus. Sofern Gewinnanteile zunächst auf einem Eigenkapitalkonto verbucht wurden und werden diese später (ohne vorhergehende Begründung eines Auszahlungsanspruchs, andernfalls löst dieser bereits die Ausschüttungsfiktion aus) entnommen, wird durch die Entnahme eine fiktive Gewinnausschüttung nach Abs. 2 S. 4 Alt. 1 ausgelöst, siehe dazu Rz. 315.

 

Rz. 305

Zu den Gewinnanteilen, deren Auszahlung der Gesellschafter aufgrund gesetzlicher Regelung verlangen kann, gehören insbesondere

- die Gewinnanteile von Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft und Komplementären einer Kommanditgesellschaft (vgl. §§ 122 Abs. 1 Alt. 2, 161 Abs. 2 HGB),

- die Gewinnanteile von Kommanditisten, soweit deren Kapitalkonten nicht durch Verluste unterhalb ihrer Einlage gemindert wurden (vgl. § 169 Abs. 1 S. 2 HGB),

- die Gewinnanteile von Gesellschaftern einer Partnerschaftsgesellschaft (vgl. § 1 Abs. 4 PartGG, §§ 721, 722 BGB).[4]

Die Ausschüttungsfiktion wegen eines gesetzlichen Anspruchs eine Auszahlung verlangen zu können, geht jedoch nicht über den auf den Gesellschafter entfallenden Gewinnanteil hinaus. Allein die gesetzliche Möglichkeit, einen den Gewinnanteil übersteigenden Betrag entnehmen oder dessen Auszahlung von der Gesellschaft verlangen zu können, löst daher insoweit noch keine Ausschüttungsfiktion und keine KESt aus.[5]

Gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorauszahlungen auf den Gewinn gelten unabhängig von der Feststellung des Jahresabschlusses als ausgeschüttet, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann.[6]

 

Rz. 306

Die konkrete Verbuchung der Gewinnanteile des Gesellschafters auf einem Eigenkapitalkonto ist für die rechtliche Beurteilung der Ausschüttungsfiktion unbeachtlich. Allein der Bestand eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Auszahlung des nämlichen Gewinnanteils begründet die Ausschüttungsfiktion. Steht dem Gesellschafter ein Auszahlungsanspruch zu, lässt sich die Ausschüttungsfiktion auch dann nicht vermeiden, wenn die Gewinnanteile, auf die ein Auszahlungsanspruch besteht, in eine gesamthänderisch gebundene Gewinnrücklage eingestellt werden, deren Auflösung eines vorherigen Gesellschafterbeschlusses bedarf.[7] Für die Ausschüttungsfiktion ist unbeachtlich, ob der Zahlungsanspruch einem beherrschenden Gesellschafter oder einem nur geringfügig an der optierenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafter zusteht.[8] Werden Gewinnanteile, deren Auszahlung der Gesellschafter verlangen kann, auf einem Eigenkapitalkonto verbucht, wird wegen des Auszahlungsanspruchs eine Ausschüttungsfiktion ausgelöst. Gleichzeitig gilt der fiktiv ausgeschüttet Betrag unmittelbar nach der fiktiven Ausschüttung als wieder eingelegt, wodurch sich die Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters und das steuerliche Einlagekonto der Gesellschaft entsprechend erhöhen.[9] Werden Gewinnanteile auf einem Fremdkapitalkonto verbucht, wird durch diese Verbuchung dokumentiert, dass dem Gesellschafter in der nämlichen Höhe ein Auszahlungsanspruch zusteht. Demzufolge wird in einem solchen Fall die Ausschüttungsfiktion auch dann ausgelöst, wenn der Gesellschafter vor der Verbuchung (noch) keinen Auszahlungsanspruch gegenüber der Gesellschaft hatte.[10]

 

Rz. 307

Die gesetzliche Regelung erfordert eine Gestaltung der gesellschaftsvertraglichen Abreden dahingehend, dass ein Auszahlungsanspruch eines Gesellschafters nicht ungewollt (bspw. d...

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