Rz. 215

Die Beteiligung und die Stimmrechte müssen dem Organträger zuzurechnen sein. Das bedeutet, dass die Anteile in seinem Eigentum stehen und die Stimmrechte ihm, als aus seinem Eigentum fließend, zuzurechnen sein müssen. Das ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG, wonach der Organträger in einer Weise an der Organgesellschaft "beteiligt" sein muss, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte "aus den Anteilen" zusteht. Die Stimmrechte müssen daher aus dem Eigentum an den Anteilen fließen.[1] Wie auch sonst im Steuerrecht bedeutet Eigentum nicht nur das bürgerlich-rechtliche, sondern auch das wirtschaftliche Eigentum.[2] Ein wirksam vereinbartes Treuhandverhältnis verschafft daher dem Treugeber die Stellung als Organträger.[3]

Andererseits erfolgt die Zurechnung bei Sicherungseigentum an den Anteilen bei dem Sicherungsgeber, bei Verpfändung der Anteile bei dem Pfandschuldner, sodass Sicherungsnehmer und Pfandgläubiger die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung nicht erfüllen.

 

Rz. 216

Die Stimmrechte müssen dem Stpfl. selbst aufgrund seines rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums steuerlich zuzurechnen sein. Das ist bei Mehrfachstimmrechten, die mit den von dem Organträger gehaltenen Anteilen satzungsgemäß verbunden sind, der Fall. Die Zurechnung zu Angehörigen oder nahe stehenden Personen des Stpfl. oder die Zusammenrechnung mit den Anteilen von Minderheitsgesellschaftern genügt jedoch nicht, da die Stimmrechte dem Organträger aus eigenem Recht zustehen müssen.[4] Aus dem Erfordernis der steuerlichen Zurechnung aufgrund des zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums folgt auch, dass schuldrechtliche Verträge über Stimmrechtsausübung, den Erwerb der Anteile, eine Stimmrechtsvollmacht o. Ä. dem aus diesen Verträgen Berechtigten nicht das Stimmrecht in der für das Steuerrecht erforderlichen Weise verschaffen, es sei denn, er erwirbt bereits aufgrund dieser Verträge das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen.[5] Dann wäre ihm das Stimmrecht als Ausfluss des wirtschaftlichen Eigentums mit steuerrechtlicher Wirkung zuzurechnen. Im Fall des wirtschaftlichen Eigentums steht das Stimmrecht rechtlich dem rechtlichen Eigentümer zu. Es genügt dann aber, wenn dem wirtschaftlichen Eigentümer die Stimmrechte durch Stimmrechtsausübungsverträge usw. durch den bürgerlich-rechtlichen Eigentümer verschafft werden. Das ist der Fall, wenn der rechtliche Eigentümer das Stimmrecht nach Weisung und im Interesse des wirtschaftlichen Eigentümers ausüben muss. Maßgebend ist, ob der wirtschaftliche Eigentümer über die Stimmrechte, wenn auch über einen Mittelsmann, verfügen kann. Nicht ausreichend ist dagegen ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung der Gesellschaftsanteile, wenn damit keine Verfügungsmacht über die Stimmrechte verschafft wird.[6]

 

Rz. 217

Anhand dieser Grundsätze ist auch die Frage zu beantworten, welche Bedeutung die Gesellschafterliste nach § 16 GmbHG bei Änderung der Beteiligungsverhältnisse hat. Im Verhältnis zu der Gesellschaft gilt nur derjenige als Gesellschafter, der in der dem Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste aufgeführt ist. Dies gilt sowohl bei Einzelübertragung der Anteile als auch bei Gesamtrechtsnachfolge, wie Erbfolge und Umwandlung. Bezüglich der Stimmrechte gilt somit derjenige, der in der Gesellschafterliste eingetragen ist, als der Stimmrechtsberechtigte. Bei einer Änderung der Beteiligungsverhältnisse hat der Geschäftsführer bzw. der Notar die geänderte Gesellschafterliste unverzüglich, d. h. nach § 121 BGB ohne schuldhaftes Zögern, dem Handelsregister einzureichen. Wird die Gesellschafterliste unverzüglich nach dem Gesellschafterwechsel bei dem Handelsregister eingereicht, gelten Rechtshandlungen des Erwerbers, also auch seine Stimmrechtsausübung, als von Anfang an wirksam.

 

Rz. 218

In der Zeit zwischen dem Erwerb der Anteile und der Einreichung der Gesellschafterliste ist der Erwerber daher nicht legitimiert, die Stimmrechte auszuüben. Dies löst die Frage aus, ob dies dazu führen kann, dass die finanzielle Eingliederung in den Organträger als Erwerber nicht während des gesamten Wirtschaftsjahrs besteht.[7] Bei der Beantwortung dieser Frage ist davon auszugehen, dass die Gesellschafterliste keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage hat, also weder auf das wirtschaftliche bzw. rechtliche Eigentum an den Anteilen noch auf die Zuordnung der Stimmrechte. Der Erwerber ist also der materielle Inhaber der Stimmrechte, auch wenn er sie wegen der unwiderlegbaren Vermutung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG vorläufig nicht ausüben kann. Soweit die geänderte Gesellschafterliste unverzüglich eingereicht wird, werden Rechtshandlungen, und damit auch Stimmrechtsausübungen des Erwerbers rückwirkend wirksam. Das gilt auch für die finanzielle Eingliederung, sodass im Normalfall kein Problem entsteht. Problematisch können nur diejenigen Fälle sein, in denen die rechtzeitige Einreichung der Gesellschafterliste versäumt wird. Auch in diesem Fall besteht jedo...

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