Rz. 130

Bis zur Einführung des Abs. 1 S. 3 durch das ATADUmsG (mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2019 enden), war für ein Wirtschaftsgut, bei dem die Beschränkung des Besteuerungsrechts weggefallen war, mangels anderer gesetzlicher Anordnung weiterhin der Buchwert anzusetzen. Ein Ansatz mit dem Einlagewert war nicht möglich, da als Einlage nur die Begründung des Besteuerungsrechts fingiert wurde, nicht der Wegfall einer Beschränkung des Besteuerungsrechts. Durch Abs. 1 S. 3 wurde für den Fall der Verstärkung des Besteuerungsrechts – im Einklang mit den einkommensteuerlichen Vorschriften in § 4 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 Hs. 2 und § 4 Abs. 1 S. 9 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5b EStG – die antragsgebundene Möglichkeit geschaffen, die zwingende Buchwertfortführung zu vermeiden.

Der Tatbestand des Abs. 1 S. 3 erfordert zum einen den Wegfall einer Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Veräußerung eine Wirtschaftsguts (Verstärkung des Besteuerungsrechts) und zum anderen eine Entstrickungsbesteuerung in demjenigen Staat, aus dem das Wirtschaftsgut überführt wurde (Herkunftsstaat des Wirtschaftsguts). Die Verstärkung des Besteuerungsrechts meint die umgekehrte Konstellation einer Beschränkung des Besteuerungsrechts (vgl. Rz. 34ff.). Eine Beschränkung des Besteuerungsrechts fällt mithin weg, wenn ein Wirtschaftsgut aus einer Anrechnungsbetriebsstätte in das Stammhaus überführt wird. In diesem Fall ist hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts keine ausländische Steuer mehr auf die deutsche Steuer anzurechnen.

Erfolgt im Herkunftsstaat des Wirtschaftsguts eine Entstrickungsbesteuerung und wird das deutsche Besteuerungsrecht verstärkt, wird eine Veräußerung und Anschaffung des Wirtschaftsguts auf Antrag des Stpfl. mit dem Entstrickungswert (= der Wert, den der andere Staat der Besteuerung zugrunde gelegt hat), höchstens dem gemeinen Wert, fingiert.[1] Die Entstrickungsbesteuerung muss – wie der Tatbestand ausdrücklich formuliert – tatsächlich "erfolgt" sein.[2] Ist die Entstrickungsbesteuerung nicht "erfolgt", obwohl sie nach dem Recht des Herkunftsstaates hätte erfolgen müssen, besteht das Wahlrecht nicht (siehe dazu Rz. 129a). In diesem Fall bleibt es beim Buchwertansatz.

 

Rz. 130a

Übt der Steuerpflichtige sein Wahlrecht aus, gilt dies als Veräußerung und Anschaffung des Wirtschaftsguts zu dem Wert, den der andere Staat der Besteuerung zugrunde gelegt hat, höchstens zum gemeinen Wert. Es wird zum einen ein Veräußerungsvorgang fingiert, der zu einer Aufdeckung der im Wirtschaftsgut enthaltenen und in der Anrechnungsbetriebsstätte gebildeten stillen Reserven führt. Zum anderen wird ein Anschaffungsvorgang zum (fingierten) Veräußerungswert fingiert, der zu einem höheren Buchwert (sog. "step-up") und damit zu einem höheren Abschreibungspotenzial führt.

 

Rz. 130b

Bei Ausübung des Wahlrechts werden durch die fiktive Veräußerung die im Wirtschaftsgut gebundenen stillen Reserven aufgedeckt und es entsteht ein (der Anrechnungsbetriebsstätte zuzurechnender) Gewinn, der im Inland besteuert wird. Diese durch die Veräußerungsfiktion ausgelöste Steuer wird in der Literatur (unter Bezugnahme auf Quellen im BMF) als sog. "Welcome Tax" bezeichnet.[3] Der für den Stpfl. entstehende und sinnbildende Vorteil des Antrags nach Abs. 1 S. 3, welcher eine "Welcome Tax" auslöst, gründet maßgeblich auf der Funktionsweise des § 26 Abs. 1 und 2 S. 1 i. V. m. § 34c Abs 1 bis 3 und 5 bis 7 EStG. Danach kann die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Körperschaftsteuer angerechnet werden, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Nach § 26 Abs. 2 S. 1 KStG ist die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Körperschaftsteuer (vereinfacht) in der Weise zu ermitteln, dass die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens, einschließlich der ausländischen Einkünfte, ergebende deutsche Körperschaftsteuer im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird. Dabei ist eine staatenbezogene Betrachtungsweise angezeigt (sog. Steuerobjektidentität).[4]

Die ausländischen Einkünfte sind für die Berechnung der deutschen KSt und für die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts zu ermitteln.[5]

Da die Entstrickungsbesteuerung nach Maßgabe des Steuerrechts des Herkunftsstaates des Wirtschaftsguts durchgeführt wird, entsteht in diesem Staat ein durch die Übertragung des Wirtschaftsguts ausgelöster Entstrickungsgewinn, welcher zu einer grundsätzlich anrechenbaren ausländischen Steuer führt. Da die Anrechnung jedoch nur im laufenden Veranlagungszeitraum erfolgen kann (sog. "per-year-limitation")[6], erfordert eine vollständige Anrechnung der ausländischen Steuer entsprechende ausländische Einkünfte, die nach Maßgabe deutschen Steuerrechts ermittelt und im Rahmen der deutschen Besteuerung erfasst...

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