Rz. 32

"Beschränkt" wird das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland bereits dann, wenn die Bundesrepublik Deutschland abstrakt verpflichtet ist, auf den inländischen Steueranspruch ausländische Steuern anzurechnen und dies vorher nicht der Fall war. Die Norm stellt also auf den Zeitpunkt ab, in dem eine Veränderung des Besteuerungsrechts vorliegt.[1] Dies ist regelmäßig der Zeitpunkt der Überführung in eine ausländische Betriebsstätte. § 12 Abs. 1 Satz 1 KStG ist danach im Sinne einer Gefährdungsnorm zu verstehen.[2] Ein Anspruch auf (zukünftige) Steueranrechnung besteht z. B. dann, wenn ein Wirtschaftsgut aus einer inländischen Betriebsstätte (unbeschränkter Besteuerungsanspruch) in eine ausländische Betriebsstätte in einem Staat, für den die Anrechnungsmethode anzuwenden ist, überführt wird. Dann wird das Besteuerungsrecht wegen der Pflicht, eine ausländische Steuer anzurechnen, beschränkt. Dies gilt unabhängig davon, ob diese "Beschränkung", d. h. die Anrechnung der ausländischen Steuer, auf einem DBA oder auf § 34c Abs. 1 EStG i. V. m. § 26 KStG beruht. Die Beschränkung tritt ein, wenn nach der Gesetzeslage eine Anrechnung (in Zukunft) zu erfolgen hat.

 

Rz. 32a

Es kommt nach dem Wortlaut der Vorschrift m. E. nur auf die Beschränkung des "Besteuerungsrechts" an, nicht darauf, dass tatsächlich eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts eingetreten ist (zur Gegenauffassung siehe Rz. 32b). Bei einer Anrechnungsbetriebsstätte ist das deutsche Besteuerungsrecht durch die Verpflichtung zur Anrechnung ausländischer Steuer "beschränkt", d. h., die Bundesrepublik Deutschland darf die Gewinne der Betriebsstätte nicht mehr uneingeschränkt besteuern. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der ausländische Staat überhaupt eine Steuer erhebt.[3] Allein die Tatsache, dass Deutschland zur Anrechnung verpflichtet ist, reicht aus. Ob es später tatsächlich zur Anrechnung kommt, ändert nichts daran, dass die Verpflichtung zur Anrechnung besteht und daher das deutsche Besteuerungsrecht nicht mehr uneingeschränkt geltend gemacht werden kann.[4]

 

Rz. 32b

Das FG Münster hat Zweifel daran geäußert, ob bereits in dem Wechsel vom alleinigen Besteuerungsrecht zu einer Besteuerung unter Anrechnung einer ausländischen Steuer eine Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland zu erblicken sei. Gegen eine Beschränkung spreche aber, dass die Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht behalte und "lediglich" die ausländische Steuer anrechnen müsse. Zu einer Beschränkung des Besteuerungsrechts komme es erst dann, wenn tatsächlich eine ausländische Steuer gezahlt und diese auf die inländische Steuer angerechnet werde. Ob es dazu komme, hänge von Umständen in der Zukunft ab. Im Zeitpunkt der Änderung der Rechtslage (bspw. bei Änderung eines DBA), also von einem unbeschränkten Besteuerungsrecht zu einem Zustand einer abstrakten Anrechnungsverpflichtung, bleibe es beim deutschen Besteuerungsrecht.[5]

M.E. ist die Differenzierung zwischen deutschem Besteuerungsrecht und dem Steueranspruch (§ 37 Abs. 1 AO) ergebnisleitend. Das deutsche unbeschränkte Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder Nutzung eines Wirtschaftsguts beschreibt einen Zustand, in dem der deutsche Fiskus exklusiv auf die Gewinne aus der Veräußerung oder Nutzung eines Wirtschaftsgutes zugreifen darf. Aus einem unbeschränkten Besteuerungsrecht folgt jedoch grds. erst im Realisationszeitpunkt der Steueranspruch. Zutreffend ist, dass der Steueranspruch erst durch die Verpflichtung eine ausländische Steuer anzurechnen gemindert wird, die erst dann eintritt, wenn auch eine ausländische Steuer gezahlt worden ist. Tatbestandsmerkmal des § 12 Abs. 1 S. 1 KStG ist jedoch nicht der Steueranspruch, sondern das (abstrakte) Besteuerungsrecht der BRD. Das unbeschränkte Besteuerungsrecht beschreibt die Befugnis, den Gewinn aus der Veräußerung oder Nutzung ungeschmälert (also ohne Anrechnung ausländischer Steuer) besteuern zu dürfen. Dieses Besteuerungsrecht wird bei einer Überführung in eine ausländische Anrechnungsbetriebsstätte beschränkt. Diese Beschränkung des Besteuerungsrechts im Zeitpunkt der Überführung löst wegen der Entstrickungsbesteuerung des § 12 KStG bereits den Steueranspruch aus.[6] Eine Gleichstellung des "Besteuerungsrechts" mit dem "Steueranspruch" ist m. E. unzutreffend. Hätte der Gesetzgeber auf den Steueranspruch abstellen wollen, hätte er dies wohl so formuliert.

 

Rz. 33

Eine "Beschränkung" des deutschen Besteuerungsrechts liegt auch vor, wenn der Stpfl. im Rahmen der Anrechnungsmethode statt der Anrechnung den Abzug der ausländischen Steuer von der Bemessungsgrundlage nach § 26 Abs. 1 KStG, § 34c Abs. 2 EStG wählt. An sich ist der Abzug der ausländischen Steuer wie eine Betriebsausgabe, wie auch der Abzug von anderen Betriebsausgaben von der Bemessungsgrundlage, keine "Beschränkung des Besteuerungsrechts" der Bundesrepublik. Insoweit hat auf der Grundlage des objektiven Nettoprinzips von vornherein kein Best...

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