Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in den VAE

Dubai, bisher ein (Steuer-) Paradies, hat sich jüngst als bevorzugter Standort für "Influencer", also Personen mit großer Präsenz in den sozialen Medien, entwickelt, die von Steuerfreiheit und Prämien angezogen werden. Diese locken insbesondere deutsche Internetstars an, um dort zu leben und von dort aus ihre Tätigkeiten auszuüben. Doch es gibt dort auch viele deutsche Immobilieneigentümer.

Die Bekämpfung von Steuerumgehung

Olaf Scholz, ehemaliger Bundesfinanzminister und jetziger Kanzler, hat im Jahr 2021 von einem anonymen Informanten eine CD erworben, die Informationen über steuerlich relevante Angelegenheiten in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) enthält. Der Kaufpreis belief sich auf 2 Mio. EUR. Der Wert dieser Datensammlung weckt Hoffnungen auf bedeutende Erkenntnisse für die deutsche Finanzbehörde.

Wer ist betroffen und welche Maßnahmen sind geplant?

Die Daten betreffen hauptsächlich Immobilien und Grundstücke deutscher Staatsbürger, die sich in den VAE befinden und in Deutschland wohnhaft sind. Solche steuerlich relevanten Informationen stehen normalerweise der deutschen Finanzverwaltung nicht zur Verfügung. Nunmehr werden diese Daten nach und nach durch die Finanzämter abgeglichen und ausgewertet. Der Schwerpunkt liegt auf Einnahmen, die aus Immobilientransaktionen (Verkauf und Vermietung) resultieren.

Steuerliche Handhabung nach der sog. 1. Stufe der Besteuerung

Nach den Grundsätzen des internationalen Steuerrechts sind betroffene Einzelfälle hierbei zweistufig zu prüfen. Zunächst ist auf einer sog. 1. Stufe der Besteuerung das nationale Steuerrecht zu prüfen. Erst wenn sich nach dieser nationalen Besteuerungsstufe ein steuerbares Ertragssubstrat ergibt, ist auf einer weiteren sog. 2. Stufe der Besteuerung eine Beschränkung nach internationalem Steuerrecht aufgrund bilateraler Vereinbarungen (z.B. Doppelbesteuerungsabkommen, DBA) zu prüfen.

Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht

Im Falle unbeschränkter Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 1 EStG) im Inland – d.h. bei natürlichen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt – gilt dem Grunde nach das sog. Welteinkommensprinzip des § 2 Abs. 1 EStG. Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland ist hierbei regelmäßig zu verneinen, wenn der Steuerpflichtige unter Benutzung einer im Ausland gelegenen Wohnung lediglich seine Tätigkeit im Inland ausübt (BFH, Urteil v. 25.5.1988, I R 225/82).

Grenzgänger haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt grundsätzlich im Wohnsitzstaat (BFH, Urteil v. 10.7.1996, I R 4/96). Demnach unterliegen die betroffenen Steuerpflichtigen mit "sämtlichem Einkommen auf der Welt (sog. Welteinkommen)" grundsätzlich der deutschen Einkommensteuer, unabhängig des Orts der Einkommenserzielung. Im Rahmen des Welteinkommens gelten als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG regelmäßig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen, Schiffen, die in ein Schiffsregister eingetragen sind, und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z.B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht). Anschließend ist im Falle unbeschränkter Einkommensteuerpflicht im Inland, die sog. 2. Stufe der Besteuerung nach Internationalen Grundsätzen zu prüfen, insbesondere ob ein DBA das Besteuerungsrecht Deutschlands beschränkt.

Beschränkte Einkommensteuerpflicht

Im Falle beschränkter Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG), d.h. bei natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist vielmehr der sog. Inlandskatalog des § 49 EStG zu prüfen. Nur wenn sich ein positiver Besteuerungstatbestand hiernach ergibt, liegt steuerbares Besteuerungssubstrat im Inland vor. Ist ein Einkünftetatbestand nach § 49 EStG hingegen zu verneinen, entfällt auch regelmäßig eine Prüfung der sog. 2. Stufe der Besteuerung, da bereits kein steuerbares Ertragssubstrat im Inland auf der 1. Stufe der Besteuerung begründet wird.

Als inländische Einkünfte i.S.d. beschränkten Einkommensteuerpflicht gelten hierbei regelmäßig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG), soweit sie nicht zu den Einkünften nach § 49 Abs. 1 S.  1 Nr. 1 bis 5 EStG gehören, wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte oder sonstige Rechte, insbesondere Patentrechte, Markenrechte oder Sortenrechte, im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte oder in einer anderen Einrichtung verwertet werden (§ 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG). Nach § 49 Abs. 2 EStG sind bei der Feststellung, ob inländische Einkünfte i.S.d. beschränkten Steuerpflicht vorliegen, die im Ausland gegebenen Besteuerungsmerkmale insoweit außer Betracht zu lassen, als bei ihrer Berücksichtigung steuerpflichtige inländische Einkünfte nicht angenommen werden könnten (sog. isolierende Betrachtungsweise).

Somit unterliegen Auslandsimmobilien dem Grunde nach nicht dem Inlandskatalog des § 49 EStG, da es bereits an einer inländischen Belegenheit, einer Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register, bzw. einer Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder einer anderen Einrichtung mangelt. Somit sind vielmehr Praxisfälle unbeschränkter Einkommensteuerpflicht im Fokus der Besteuerungspraxis. Bei Fällen beschränkter Einkommensteuerpflicht kann es jedoch im Einzelfall zur ausländischen Steueranrechnung nach § 34c EStG kommen.

Steuerliche Handhabung bis 2021 (mit DBA-VAE), sog. 2. Stufe der Besteuerung

Am 14.7.2011 ist das Abkommen vom 1.7.2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den VAE zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen in Kraft getreten. Das Abkommen tritt nach seinem Art. 30 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Artikel 29 Abs. 2, 1. HS am 31.12.2021 außer Kraft, sofern nicht beide Vertragsstaaten einer Verlängerung zustimmen und sich gegenseitig schriftlich auf diplomatischem Weg bis zum 30.6.2021 unterrichtet haben, dass die innerstaatlichen Erfordernisse für eine Verlängerung um weitere 10 Jahre erfüllt sind (Art. 30 Abs. 1 Satz 2 des Abkommens).

Wenn Einkünfte aufgrund eines DBA im Inland steuerfrei sind, dürfen diese nicht in den übrigen Anlagen zur Einkommensteuererklärung eintragen (ausgenommen Anlage N und Anlage N AUS) werden. Art. 6 des DBA VAE regelt die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen (sog. Belegenheitsprinzip). Das Besteuerungsrecht hat nach dem Internationalen Steuerrecht auf 2. Stufe regelmäßig der Belegenheitsstaat nach der sog. DBA-Verteilungsnorm.

Die Einkünfte unterliegen jedoch in der Regel dem Progressionsvorbehalt. Hierbei gilt die sog. DBA-Vermeidungsnorm der Freistellungsmethode unter Progressionsvorbehalt. Im DBA VAE heißt es dazu in Art. 22 Abs. 2: "Einkünfte einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person, die nach diesem Abkommen von der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland befreit sind, können gleichwohl in der Bundesrepublik Deutschland bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen der Person einbezogen werden." Das heißt, dass das Finanzamt die Einkünfte in die Bemessung des Steuersatzes einbezieht, der auf das zu versteuernde Einkommen anzuwenden ist.

Auf der Anlage AUS ist die Höhe dieser Einkünfte, die Einkunftsquelle und die Einkunftsart anzugeben. Diese Angaben sind getrennt nach Staaten anzugeben, aus denen sie stammen. Hat der Steuerpflichtige aus demselben Staat steuerfreie Einkünfte aus mehreren Einkunftsquellen erzielt und reicht die Erklärungsmöglichkeit von 20 Eintragungen nicht aus, ist für diese Angaben eine gesonderte Aufstellung zu machen.

Steuerliche Handhabung ab 2022 (ohne DBA-VAE), sog. 2. Stufe der Besteuerung

Ab dem 1.1.2022 tritt ein Zeitraum ohne bestehendes DBA VAE ein, der aus deutscher Perspektive zu bewerten ist.

Im Grunde genommen bleibt es in den Fällen der uneingeschränkten Steuerpflicht in Deutschland dabei, dass die ausländische Steuer gem. § 34c EStG auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet wird. Aufgrund der Tatsache, dass in den VAE keine Einkommensteuer für Privatpersonen erhoben wird, wird die volle Besteuerung weiterhin in Deutschland erfolgen.

Ausländische Einkünfte, die im Inland steuerpflichtig sind, müssen stets in den Anlagen zur Einkommensteuererklärung angeben. Das Finanzamt geht davon aus, dass die Einkünfte auch in den übrigen Anlagen zur Einkommensteuererklärung (Anlage V) eingetragen worden sind und die Einkünfte im Quellenstaat nach dortigem Recht besteuert wurden. Dies gilt unabhängig davon, ob ein DBA besteht oder nicht.

Wurden auf diese Einkünfte im Ausland eine Steuer gezahlt, was derzeit in der VAE jedoch nicht der Fall ist, die der deutschen Einkommensteuer entspricht, wird diese Steuer grundsätzlich auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet (§ 34c Absatz 1 EStG). Das Finanzamt rechnet eine gezahlte ausländische Steuer bis zu dem Betrag an, bis zu dem auf die ausländischen Einkünfte eine deutsche Einkommensteuer entfällt.

Fazit

Der Ankauf von Steuer-CDs hat eine bedeutende Entwicklung in Bezug auf die steuerliche Behandlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgelöst. Dubai, das bisher als ein beliebter Standort für "Influencer" galt, die von großzügigen Steuervorteilen angezogen wurden, steht nun im Mittelpunkt des Interesses für die deutsche Finanzbehörde.

Die Daten betreffen hauptsächlich Immobilien und Grundstücke deutscher Staatsbürger in den VAE. Während bisherige steuerliche Handhabungen durch ein DBA geregelt wurden, tritt ab dem 1.1.2022 ein Zeitraum ohne bestehendes DBA ein. In Fällen der uneingeschränkten Steuerpflicht in Deutschland wird die ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer gemäß § 34c EStG angerechnet. Da die VAE keine Einkommensteuer für Privatpersonen erheben, bleibt die volle Besteuerung in Deutschland bestehen.

Schlagworte zum Thema:  Internationales Steuerrecht