Rz. 16

Der räumliche Zusammenhang wird durch die Grundstücksflächen der Betriebsstätte, also durch die Erdoberfläche, hergestellt.[1] Wird der räumliche Zusammenhang unterbrochen, z. B. durch Wasserläufe, Bahndämme oder Straßen, ist nach der Verkehrsanschauung trotzdem eine einheitliche Betriebsstätte gegeben, wenn über entsprechende Vorrichtungen, z. B. Überbrückungen, eine räumliche Verbindung tatsächlich besteht.[2] Dabei kann der räumliche Zusammenhang auch durch die Wasseroberfläche hergestellt werden. Daher bilden z. B. die Anlegestellen eines Fährbetriebs eine mehrgemeindliche Betriebsstätte, die sich auf die Gemeinden erstreckt, in deren Gebiet sich die Anlegestellen befinden.[3]

 

Rz. 17

Die räumliche Verbindung der Betriebsstättenteile kann auch auf betrieblichen Anlagen unter oder über der Erdoberfläche beruhen, z. B. auf Tunneln, Schienen, Rohr- oder Kabelleitungen. Ohne Bedeutung ist dabei, ob der räumliche Zusammenhang sichtbar ist.[4] So können z. B. ein Tanklager und eine Raffinerie, die ein Mineralölunternehmen in verschiedenen Gemeinden unterhält und die durch unterirdische Rohrleitungen miteinander verbunden sind, eine mehrgemeindliche Betriebsstätte darstellen.[5] Gleiches gilt für ein Elektrizitätsunternehmen, dessen einzelne Elektrizitätswerke in verschiedenen Gemeinden liegen, wenn die Elektrizitätswerke durch Kabelleitungen untereinander verbunden sind.[6] Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Leitungen dem Elektrizitätsunternehmen gehören oder nicht, vielmehr reicht die Inanspruchnahme des verbundwirtschaftlichen Stromnetzes aus. Bei einem Elektrizitätswerk, das als Wasserkraftwerk betrieben wird, stellen Stau- und Wehranlagen, die nicht zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehören, sondern öffentlich sind, keine ausreichende räumliche Verbindung her.[7] Auch eine Kohlenzeche, die einem Elektrizitätsunternehmen gehört, bildet eine selbstständige Betriebsstätte. Die Verbindung der Zeche durch Kabelleitungen mit dem Versorgungsnetz des Elektrizitätsunternehmens reicht für einen räumlichen Zusammenhang zwischen Zeche und Elektrizitätsunternehmen nicht aus.[8]

 

Rz. 18

Kein räumlicher Zusammenhang entsteht durch das für betriebliche Zwecke genutzte öffentliche Straßen- oder Telekommunikationsnetz.[9] Daher ist ein Omnibusbetrieb, dessen Linien mehrere Gemeinden verbinden, keine mehrgemeindliche Betriebsstätte, da die von den Omnibussen befahrenen öffentlichen Straßen den notwendigen räumlichen Zusammenhang nicht herstellen können.[10] Gleiches gilt mangels betriebsspezifischer Verbindung für Windkraftanlagen, die über das allgemeine Stromnetz[11] oder für Lärmmessstationen eines Verkehrsflughafens, die über das allgemeine Kabelnetz miteinander verbunden sind.[12] Dagegen stellt ein Straßenbahnbetrieb, der sich über mehrere Gemeinden erstreckt, eine mehrgemeindliche Betriebsstätte dar, da die räumliche Verbindung zwischen den einzelnen Betriebsteilen durch die Gleisanlagen gegeben ist. Gleiches gilt bei einem Windpark, der mehrere Gemeinden umfasst.[13] Bei der Gesamtanlage handelt es sich einschließlich Zuwegung, externer Verkabelung und Übergabestation um eine einheitliche Betriebsstätte.

 

Rz. 19

Der räumliche Zusammenhang besteht, wenn die Telekommunikationsleitung zu der eigentlichen Betriebsanlage eines Unternehmens, das ein Telefonnetz betreibt, gehört. Somit ist z. B. der auf den Betrieb des Telefonnetzes der Deutschen Telekom AG entfallende GewSt-Messbetrag auf alle inländischen Gemeinden zu zerlegen, da sich dieses Netz auf alle Gemeinden erstreckt und deshalb insoweit eine – sich auf das gesamte Bundesgebiet erstreckende – mehrgemeindliche Betriebsstätte vorliegt.[14] Die zum Telefonnetz der Deutschen Telekom AG gehörenden oberirdisch oder unterirdisch verlaufenden Kabel weisen die Eigenschaften einer Teilbetriebsstätte auf.

[1] BFH v. 28.10.1964, I B 403/61 U, BStBI III 1965, 113.
[2] Güroff, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 30 GewStG Rz. 3.
[3] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 30 GewStG Rz. 14.
[9] BFH v. 25.9.1968, I B 118/65, BStBl II 1968, 827; Baldauf, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 30 GewStG Rz. 5.
[10] BFH v. 25.9.1968, I B 118/65, BStBl II 1968, 827; H 30.1 "Omnibuslinienbetrieb" GewStH 2016.
[12] BFH v. 16.12.2009, I R 56/08, BStBl II 2010, 492, BFH/NV 2010, 753; Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 30 GewStG Rz. 16; a. A. Baldauf, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 30 GewStG Rz. 5.
[13] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 30 GewStG Rz. 16.

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