7.4.3.1 Organschaftliche Gewerbeverluste

 

Rz. 89

Der Gewerbeertrag ist nach § 10a GewStG um Gewerbeverluste der vorangegangenen Jahre zu kürzen. Da es sich bei § 10a GewStG um eine Vorschrift zur Ermittlung des Gewerbeertrags handelt, ist sie bei der Ermittlung des Gewerbeertrags jeder einzelnen Gesellschaft des Organkreises anzuwenden. Der für jede Gesellschaft selbstständig zu ermittelnde Gewerbeertrag ist daher der Gewerbeertrag nach Kürzung um etwaige Verlustvorträge. Dies gilt auch für die über § 10a S. 10 GewStG vermittelte Anwendung des § 8c KStG und des § 8d KStG im Falle eines sog. schädlichen Anteilseignerwechsels.

 

Rz. 89a

Gewerbeverluste, die die Organgesellschaft während des Bestehens der Organschaft erleidet (Fehlbetrag bei der Ermittlung des Gewerbeertrags), sind auf den Organträger zu übertragen. Sie können dort mit den positiven Gewerbeerträgen des Organträgers oder anderer Organgesellschaften ausgeglichen werden.[1] Erleidet der Organkreis insgesamt einen Gewerbeverlust, ist dieser Fehlbetrag bei dem Organträger nach § 10a GewStG vortragsfähig. Der "Gewerbetreibende" i. S. d. § 10a GewStG ist der Organträger, da bei ihm der (einheitliche) Gewerbeertrag bzw. –verlust des Organkreises ermittelt und versteuert wird. Das gilt auch für organschaftliche Verluste nach Beendigung der Organschaft. Die Zurechnung des (negativen) Gewerbeertrags einer Organgesellschaft kann mit Auflösung der Organschaft für Zwecke des Verlustabzugs nicht rückgängig gemacht werden. Damit werden Verluste, die eine Organgesellschaft während der Dauer der Organschaft erleidet, dauerhaft auf den Organträger übertragen. Eine Geltendmachung dieser Verluste auf Ebene der Organgesellschaft nach Ende der Organschaft ist nicht möglich. Einem solchen Abzug der Verluste bei der (früheren) Organgesellschaft steht das Erfordernis der Unternehmeridentität entgegen.[2] Dieses Ergebnis vermeidet auch erhebliche praktische Schwierigkeiten bei der Zuordnung von Verlusten bei der Auflösung einer Organschaft. Bei mehreren verlust- und gewinnbringenden Gesellschaften innerhalb des Organkreises wäre nicht mehr feststellbar, der Verlust welcher Organgesellschaft in dem einheitlichen Gewerbeverlust des Organkreises noch vorhanden wäre.

7.4.3.2 Vororganschaftliche Gewerbeverluste

 

Rz. 90

Gem. § 10a S. 3 GewStG kann die Organgesellschaft den Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen, die sich vor dem rechtswirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags ergeben haben. Damit ist ein Ausgleich organschaftlicher positiver Gewerbeerträge mit vororganschaftlichen negativen Gewerbeerträgen nicht möglich. Im Ergebnis können die vororganschaftlichen negativen Gewerbeerträge nicht auf den Organträger übertragen werden. Sie bleiben bei der Organgesellschaft erhalten und können nur von dieser und nur nach Beendigung des Organschaftsverhältnisses abgezogen werden. Die gewerbesteuerliche Rechtslage entspricht dadurch der nach § 15 S. 1 Nr. 1 KStG bestehenden Rechtslage (§ 15 KStG Rz. 3ff.).

Für die Frage, ob ein negativer Gewerbeertrag vor dem rechtswirksamen Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags angefallen ist, ist auf das Jahr des Wirksamwerdens des Gewinnabführungsvertrags abzustellen, nicht auf das des Abschlusses.[1] Das ist von Bedeutung, wenn der Vertrag in dem einen Jahr unterschrieben, aber erst im nächsten Jahr in das Handelsregister eingetragen wird. Dann sind negative Gewerbeerträge des Jahrs vor der Eintragung des Gewinnabführungsvertrags noch "vororganschaftliche" Gewerbeerträge.

 

Rz. 91

Hat der Organträger vororganschaftliche Verluste, sollten diese nach R 68 Abs. 5 S. 6 GewStR nicht von den positiven Gewerbeerträgen der Organgesellschaften abziehbar sein, sondern nur von denen des Organträgers.[2] Dies wäre nur richtig, wenn GewSt-Pflichtiger nach Begründung der Organschaft nicht der Organträger, sondern der Organkreis als Ganzes wäre. Dann wäre die Ansicht vertretbar, dass hinsichtlich der vororganschaftlichen Gewerbeverluste des Organträgers die Unternehmeridentität fehlt. Ein GewSt-Subjekt "Organkreis" gibt es nach § 2 GewStG aber nicht. GewSt-Subjekt ist der Organträger, nicht ein hiervon unterschiedener Organkreis. Dem Organträger werden die Gewerbeerträge der Organgesellschaften als eigene Besteuerungsgrundlagen, die nach der Betriebsstättenfiktion aus eigenen Betriebsstätten stammen, zur Besteuerung zugeordnet; er schuldet hierauf nicht etwa fremde GewSt (die der Organgesellschaften), sondern eigene. Dann besteht aber auch Unternehmeridentität. Es ist kein Rechtsgrund ersichtlich, den Ausgleich der vororganschaftlichen Gewerbeverluste des Organträgers mit den ihm zugerechneten organschaftlichen Gewerbeerträgen der Organgesellschaften zu verweigern.[3] Die Situation ist nicht anders, als wenn der Organträger eine weitere Betriebsstätte gründet und deren positive Gewerbeerträge m...

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