Rz. 429

[Autor/Stand] Berücksichtigung sachlicher Entlastungsmerkmale mittelbar beteiligter Personen.[2] Wie bereits in Rz. 361 ff. ausführlich erläutert, ist für die Begründung der sachlichen Entlastungsberechtigung allein auf die Verhältnisse bei der Körperschaft abzustellen (sog. isolierte Betrachtungsweise). Ein unmittelbarer Rückgriff auf die sachlichen Entlastungsmerkmale mittelbar beteiligter Personen ist damit (ebenso wie bei der persönlichen Entlastungsberechtigung, vgl. Rz. 221 f.) nicht möglich. Gleiches gilt für die Merkmale anderer nahestehender Personen (zu Fragen des Outsourcings s. Rz. 379 ff.). Möglich bleibt indes eine (geordnete) Berücksichtigung der sachlichen Entlastungsmerkmale innerhalb der sog. verschachtelten Prüfung der persönlichen Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG (dazu ausf. Rz. 223 ff. mit Beispielen). Da bei der Prüfung eines fiktiven Entlastungsanspruchs auch fiktiv zu prüfen ist, ob diesem Entlastungsanspruch § 50d Abs. 3 EStG entgegenstünde (s. zur Prüfungssystematik Rz. 223 f.), können sachliche Entlastungsmerkmale auf einer vorgelagerten Beteiligungsstufe dazu führen, dass die persönliche Entlastungsberechtigung bei der Körperschaft gegeben ist und infolgedessen der Entlastungsanspruch der Körperschaft nicht nach § 50d Abs. 3 EStG versagt wird. Es ist aber zu beachten, dass sich die Berücksichtigung der sachlichen Entlastungsmerkmale (Wirtschaftstätigkeit und wesentlicher Zusammenhang) einer mittelbar beteiligten Person nur daraus ergibt, dass im Rahmen der persönlichen Entlastungsberechtigung (d.h. bei der Ermittlung eines fiktiven Entlastungsanspruchs) auf Ebene der beteiligten Person nochmals inzident zu prüfen ist, ob § 50d Abs. 3 EStG einem grundsätzlich bestehenden (fiktiven) Entlastungsanspruch entgegensteht: Daraus folgt, dass sachliche Entlastungsmerkmale einer mittelbar beteiligten Person nur dann berücksichtigt werden, wenn diese Person auch einen fiktiven Entlastungsanspruch hätte; hätte sie einen solchen nicht, käme es auf ihrer Ebene nicht auch zu einer fiktiven Prüfung von § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG (kein direkter Durchgriff auf Entlastungsmerkmale mittelbar beteiligter Personen, vgl. Rz. 222).[3] Die Beteiligungsebene, auf der die mittelbar persönliche Entlastungsberechtigung i.S.d. § 50d Abs. 3 EStG bei der Prüfung "nach oben" nicht mehr vorliegt[4], markiert damit zugleich auch das Ende für eine Prüfung der sachlichen Entlastungsberechtigung in der Beteiligungskette; diese kann von dort aus nur noch in der Beteiligungskette "nach unten" erfolgen.[5] Aus der Prüfungssystematik des § 50d Abs. 3 EStG lässt sich daher nicht ableiten, dass auch die sachliche Entlastungsberechtigung von mittelbar beteiligten Personen "zugerechnet" wird, die selbst keinen fiktiven Entlastungsanspruch hätten.[6] Das ist auch in der Sache gerechtfertigt, denn wenn die substanzstarke mittelbar beteiligte Person, mit deren Wirtschaftstätigkeit die Einkunftsquelle einen wesentlichen Zusammenhang aufweist, keinen fiktiven Entlastungsanspruch hätte, zeigt dies gerade, dass die Einkunftsquelle eigentlich ihr zugerechnet werden müsste und sie die substanzlose Körperschaft nur zu Erlangung eines Steuervorteils eingeschaltet hat. S. zu weiteren Beispielen Rz. 226 f., 360, 369; zu Sonderfällen s. Rz. 370 ff.

 

Rz. 430

 

Beispiel (Kein Durchgriff bei fehlender persönlicher Entlastungsberechtigung)

Die (passive) ACo ist ansässig im DBA-Staat A und bezieht Lizenzgebühren von einem deutschen Vergütungsschuldner, die einer Abzugsteuer nach § 50a EStG unterliegt. Nach dem DBA-A hat Deutschland kein Quellenbesteuerungsrecht. An der ACo ist die im DBA-Staat B ansässige BCo beteiligt, die eine Wirtschaftstätigkeit ausübt, mit der das IP der ACo einen wesentlichen Zusammenhang aufweist. Hat die ACo Anspruch auf Entlastung von der Abzugsteuer nach § 50a EStG?

Lösung

Die Frage ist zu verneinen, wenn man für die persönliche Entlastungsberechtigung eine Rechtsgrundkongruenz fordert (vgl. Rz. 208).[7] Die ACo hätte grundsätzlich einen Entlastungsanspruch nach dem DBA-A. Diesem Anspruch könnte aber § 50d Abs. 3 EStG entgegenstehen. Eine sachliche Entlastungsberechtigung (§ 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG) fehlt bei der ACo, sodass es für eine Versagung nur noch auf das Fehlen auch der persönlichen Entlastungsberechtigung (§ 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG) ankommt: Würde die BCo die Lizenzgebühr unmittelbar selbst erzielen, so könnte sie sich nicht auf das DBA-A berufen, sodass nach der Ansicht einer Rechtsgrundkongruenz die persönliche Entlastungsberechtigung fehlt. Damit sind die Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG auf Ebene der ACo erfüllt und die Prüfung des § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG ist beendet. Es bleibt die Möglichkeit eines Gegenbeweises. Die Entlastungsmerkmale der BCo können nach der Prüfungssystematik des § 50d Abs. 3 EStG nur berücksichtigt werden, wenn im Rahmen der Prüfung der persönlichen Entlastungsberechtigung auf Ebene der BCo geprüft werden muss, ob ihrem fiktiven ...

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