a) Systematik

 

Rz. 167

[Autor/Stand] Regelungssystematik. Die Nr. 1 statuiert das erste Missbrauchsindiz. Nach der Gesetzeskonzeption soll ein Indiz für einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch sein, wenn den an der Körperschaft Beteiligten oder durch diese begünstigten Personen der geltend gemachte Entlastungsanspruch nicht zustände, wenn sie (fiktiv) die abzugsteuerpflichtigen Einkünfte unmittelbar selbst erzielen würden. Dieses erste Missbrauchsindiz lässt sich terminologisch als „fehlende persönliche Entlastungsberechtigung” (der Beteiligten bzw. begünstigten Personen) bezeichnen. Konzeptionell kann sich die Körperschaft für ihre eigene Entlastungsberechtigung auf die (fiktive) Entlastungsberechtigung ihrer Anteilseigner berufen und ist damit „ mittelbar persönlich entlastungsberechtigt ”.

 

Rz. 168

[Autor/Stand] Verhältnis zu Nr. 2: „ Und ”. Die Erfüllung des Missbrauchsindizes der Nr. 1 ist notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Missbrauchsvermutung und damit die Versagung des Entlastungsanspruchs: Zusätzlich muss hierfür noch das Missbrauchsindiz der Nr. 2 erfüllt sein (vgl. auch Rz. 240). Das ergibt sich aus der "und"-Verknüpfung von Nr. 1 und Nr. 2. Es ist also unschädlich, wenn an der Körperschaft nur nicht entlastungsberechtigte Personen beteiligt sind, sofern nicht auch die sachliche Entlastungsberechtigung i.S.d. Nr. 2 fehlt. Umgekehrt ist es ebenso unschädlich, wenn die sachliche Entlastungsberechtigung nach Nr. 2 fehlt, aber nur entlastungsberechtigte Personen an der Körperschaft beteiligt sind. Fehlt aber die persönliche Entlastungsberechtigung und zugleich (kumulativ) auch die sachliche Entlastungsberechtigung, vermutet das Gesetz (widerlegbar[3]) einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch und schließt aus diesem Grunde den Entlastungsanspruch des Körperschaftsteuersubjekts aus. Zur Reichweite der Versagung ("soweit") s. Rz. 479 ff.

 

Rz. 169

[Autor/Stand] Telos. Durch die Nr. 1 versucht der Gesetzgeber die äußeren Rahmenbedingungen des typischen Grundfalls des sog. Treaty- oder Directive-Shoppings abzubilden, die als "Eingangsvoraussetzung" für die Vermutung eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs notwendigerweise gegeben sein müssen. Dieser Grundfall ist dadurch geprägt, dass ein nicht entlastungsberechtigtes Steuersubjekt (A) die unmittelbare Einkünfteerzielung[5] auf ein weiteres, eigenständiges Steuersubjekt (B)[6] verlagert, das aufgrund seiner eigenen Steuerrechtsfähigkeit nun einen Entlastungsanspruch selbst geltend machen kann. Der äußere Anschein eines Missbrauchs wird dabei erst dadurch hervorgerufen, dass im Vergleich von A zu B eine „steuerliche Statusverbesserung” eintritt (vgl. Rz. 14): B kann nunmehr aufgrund der bei ihm vorliegenden (verbesserten) Umstände einen Entlastungsanspruch geltend machen, während A aufgrund der bei ihm vorliegenden (schlechteren) Umstände keine solche steuerliche Entlastung geltend machen könnte. Dies wird dadurch erreicht, dass die rechtliche Möglichkeit der Gründung eigenständiger Rechtssubjekte zu dem Zweck eingesetzt wird, deren abschirmende Steuerrechtsfähigkeit für die Umleitung der Einkünfteerzielung zu nutzen. Tritt hingegen keine steuerliche Statusverbesserung ein, können die äußeren Umstände auch nicht den Anschein eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs hervorrufen, ein Indiz für einen solchen Missbrauch mithin nicht erbringen. Dieser Zweck der Nr. 1 und der ihr immanente Gedanke der steuerlichen Statusverbesserung ist bei der Auslegung interpretationsleitend zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die Frage der Zwischenschaltung von steuerlich transparenten Personengesellschaften, die als solche nicht für die Umleitung der Einkünfteerzielung und damit auch nicht für eine steuerliche Statusverbesserung geeignet sind (vgl. ausf. Rz. 175). Ebenso ist dies bei der Auslegung des Merkmals "dieser Anspruch" zu berücksichtigen (vgl. Rz. 207 ff.). Das Missbrauchsindiz der Nr. 2 bildet kumulativ die inneren Voraussetzungen des Missbrauchs ab (vgl. Rz. 242).

 

Rz. 170

[Autor/Stand] Prüfungsschema. In Anknüpfung an das allgemeine Prüfungsschema zu § 50d Abs. 3 EStG (s. Rz. 72) ist das Missbrauchsindiz der Nr. 1 folgendermaßen zu prüfen:

  1. Ermittlung der für die Bestimmung der persönlichen Entlastungsberechtigung maßgeblichen Anteilseigner bzw. Begünstigten der Körperschaft (vgl. Rz. 171 ff.).
  2. Prüfung eines fiktiven Entlastungsanspruchs für jeden Anteilseigner bzw. Begünstigten (fiktive Entlastungsberechtigung, vgl. Rz. 196 ff.).
  3. Bei mehrstufigen Beteiligungsketten: Fiktive Versagung dieses Entlastungsanspruchs nach § 50d Abs. 3 EStG? (sog. Verschachtelte/inzidente Prüfung des § 50d Abs. 3 EStG, vgl. Rz. 220 ff.).
  4. Ermittlung der Höhe der fehlenden persönlichen Entlastungsberechtigung (vgl. Rz. 486 ff.).

b) Anteilseigner oder Begünstigte

"1. Personen an ihr beteiligt oder durch die Satzung, das Stiftungsgeschäft oder die sonstige Verfassung begünstigt sind, ..."

aa) Allgemeines

 

Rz. 171

[Autor/Stand] Überblick. An der Kö...

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