Rz. 32

[Autor/Stand] Abgrenzung zur gesellschaftsrechtlichen Veranlassung im Rahmen einer Entnahme. Die Anwendungsbereiche der Entnahme gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und des § 1 Abs. 1 sind grundsätzlich verschieden. Während die Entnahmefälle eine gesellschaftsrechtlichen Veranlassung betrifft, setzt § 1 Abs. 1 eine schuldrechtliche Beziehung voraus.[2] Gleichwohl kann es bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zu einem Nebeneinander der Anwendung der Entnahme und des § 1 Abs. 1 kommen; vor allem dann, wenn im Rahmen einer vereinbarten Geschäftsbeziehung mit einer nahestehenden Person die Preisbestimmung durch außerbetriebliche Gründe beeinflusst wird.

 

Beispiel:

E betreibt ein Einzelunternehmen in Deutschland. E liefert Waren zu einem unangemessen geringen Preis an seinen in Spanien ansässigen Sohn, der dort eine Ferienimmobilie baut. Die insoweit entstehende Konkurrenz zwischen einer Entnahme gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 1 Abs. 1 wird durch die Wertauffüllerfunktion des § 1 gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 gelöst, d.h., § 1 Abs. 1 ordnet eine über den Teilwert hinausgehende Korrektur nach dem Fremdvergleichspreis an (s. nachfolgende Rz. 32.1).

 

Rz. 32.1

[Autor/Stand] Unterschiede zwischen Fremdvergleichspreis und Teilwert. Das Verhältnis des § 1 zur Entnahme wird in seinem Ausgangspunkt dadurch charakterisiert, dass jedenfalls im Regelfall § 1 eine Gewinnkorrektur zum Fremdvergleichspreis und die Entnahme eine solche zum Teilwert vorsieht. Damit macht es für den Stpfl. – in der Regel eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft – einen Unterschied in der Rechtsfolge, welche Gewinnkorrekturvorschrift Anwendung findet. Dies macht der BFH-Beschluss v. 17.12.1997 deutlich.[4] Dort ging es um die Frage, zu welcher Gewinnkorrektur eine von einem inländischen Unternehmen (AG & Co. KG) hergestellte und an eine ausländische nahestehende Person gelieferte Hühnerfarm führt. Zieht man als Rechtsgrundlage die Entnahme heran, so war die Hühnerfarm nach damaliger Rechtslage mit ihrem Teilwert zu bewerten, was bei einem produzierenden Unternehmen zu einer Bewertung mit den eigenen Herstellungskosten (= Wiederbeschaffungswert) führt. Die so ermittelten Herstellungskosten enthalten keinen Gewinnaufschlag. Der Ansatz des Fremdvergleichspreises gem. § 1 führt dagegen zur Berücksichtigung des Gewinnaufschlags. Der Stpfl. stand sich deshalb bei der Annahme einer Entnahme günstiger. Insoweit ist der Wortlaut des § 1 verwirrend, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 1 die Rechtsfolge nur "unbeschadet anderer Vorschriften" eintreten soll, während § 1 Abs. 1 Satz 3 ausdrücklich die weitergehende Gewinnkorrektur nach dem Fremdvergleichsgrundsatz vorschreibt.[5] Nach der Klarstellung durch das UntStRefG 2008[6] hat der Gesetzgeber das Konkurrenzverhältnis, das der BFH in seinem Beschluss v. 17.12.1997[7] als "offen" angesehen hat, zugunsten der "Wertauffüllerfunktion" des § 1 gelöst (zu Einzelheiten vgl. auch Rz. 26.3 ff.). § 1 kommt demnach ergänzend zur Anwendung, wenn dessen Rechtsfolgen weitgehen, m.a.W. wenn der Fremdvergleichspreis den Teilwert übersteigt.

[Autor/Stand] Autor: Ditz/Wassermeyer, Stand: 01.03.2023
[2] Vgl. Wassermeyer, IStR 1997, 657; Kaminski in S/K/K, AStG/DBA, § 1 AStG Rz. 20 (Stand: Oktober, 2011).
[Autor/Stand] Autor: Ditz/Wassermeyer, Stand: 01.03.2023
[4] Vgl. BFH v. 17.12.1997 – I B 96/97, BStBl. II 1998, 321 = BFHE 185, 24 = FR 1998, 487.
[5] Zu diesbzgl. Widersprüchen vgl. Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften2, S. 242; Fischer/Kleineidam/Warnecke, Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre5, S. 97; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, S. 690; Westerfelhaus, DB 1983, 907.
[6] UntStRefG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630; zur Gesetzesbegründung siehe BT-Drucks. 16/4841 v. 27.3.2007 zu Art. 7 Nr. 1 Buchst. a Satz 3; vgl. Anhang 1 Gesetzesmaterialien S. G 22 ff.
[7] BFH v. 17.12.1997 – I B 96/97, BStBl. II 1998, 321 = BFHE 185, 24, = FR 1998, 487 m. Anm. Wassermeyer, IStR 1998, 243 und Kaminski, SteuerStud. 1998, 505.

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