Rz. 25.7

[Autor/Stand] Vielschichtige Überschneidung der Regelungsbereiche. Während sich die vGA und die verdeckte Einlage gegenseitig ausschließen, kann es zur Überschneidung der jeweiligen Regelungsbereiche mit § 1 Abs. 1 Satz 1 kommen. Beispielsweise besteht bei Vermögensverlagerungen von einer inländischen Tochtergesellschaft auf ihre ausländische Mutter- oder eine Schwestergesellschaft durch eine Funktionsverlagerung. Gesetzessystematisch wird dieses Konkurrenzverhältnis in § 1 Abs. 1 Satz 4 aufgelöst. Danach sind weitergehende Berichtigungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 neben den Rechtsfolgen der anderen Einkünftekorrekturnorm durchzuführen, wenn die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu weitergehenden Berichtigungen führt (vgl. Rz. 26.3 ff.). Dies bedeutet, dass die Rechtsfolgen des § 1 neben die Rechtsfolgen anderer Korrekturnormen treten (sog. "Wertauffüller"). Neben der Einkünftekorrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kommt § 1 Abs. 1 Satz 1 i.d.R. nur dann zur Anwendung, wenn die Verrechnungspreiskorrektur nach § 1 Abs. 1 Satz 1 dem Grunde oder der Höhe nach weitergeht als nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn auf Rechtsfolgenseite der Fremdvergleichspreis gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG höher ist als der ermittelte gemeine Wert entsprechend § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG i.V.m. § 9 BewG.[2] Im Ergebnis finden also die vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und die Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG nebeneinander (parallel) Anwendung, sodass es der Finanzverwaltung grundsätzlich unbenommen ist, Verrechnungspreiskorrekturen auf die Grundsätze der vGA zu stützen. Aber: Der in § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 bis 3c niedergelegte und im Detail beschriebene Fremdvergleichsgrundsatz muss nicht notwendigerweise der durch die Rechtsprechung entwickelten Theorie des doppelten ordentlichen Geschäftsleiters zur Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung als notwendige Tatbestandsvoraussetzung der vGA entsprechen (vgl. zu Einzelheiten Rz. 26.1 f.).[3]

 

Rz. 25.8

[Autor/Stand] Unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen. Das Verhältnis von § 1 zur vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist ein vielschichtiges, was vor allem in den unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 1 begründet liegt.[5] Während die Anwendung von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG einen Steuerpflichtigen voraussetzt, der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S.d. § 1 KStG ist, kann § 1 auf jede Person anzuwenden sein, die im Inland steuerpflichtige Einkünfte erzielt. Insoweit ist § 1 die weitere Vorschrift, die allenfalls dann hinter § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zurücktritt, wenn auch dessen Voraussetzungen gegeben sind.

 

Rz. 25.9

[Autor/Stand] Veranlassung der Minderung des Unterschiedsbetrages durch das Gesellschaftsverhältnis. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG muss die Minderung des Unterschiedsbetrages i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG durch das Verhältnis zu einem Gesellschafter bzw. durch ein beteiligungsähnliches Rechtsverhältnis veranlasst sein. § 1 verlangt dagegen nicht notwendigerweise ein Gesellschafts- bzw. ein beteiligungsähnliches Rechtsverhältnis. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 reicht die Möglichkeit einer beherrschenden bzw. begründeten Einflussnahme bzw. das eigene Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen aus.[7] Ferner wurde durch das ATADUmsG[8] das Begriffsverständnis der nahestehenden Person erweitert. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b führt auch ein Anspruch auf mindestens ein Viertel des Gewinns oder des Liquidationserlöses zu einem Nahestehen. § 1 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b erweitert die Definition der nahestehenden Person auf Fälle, in denen eine dritte Person sowohl gegenüber der Person als auch gegenüber dem Steuerpflichtigen Anspruch auf mindestens ein Viertel des Gewinns oder des Liquidationserlöses hat. Infolgedessen findet das neue Konzept des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b auch bei "Dreiecksfällen" Anwendung.[9] Die Regelungen zeigen, dass § 1 in diesem Bereich weiter als § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gefasst ist. Umgekehrt kann nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG jedes unmittelbare oder mittelbare Gesellschafts- oder beteiligungsähnliche Rechtsverhältnis eine Veranlassung i.S. der Vorschrift begründen. Dies gilt auch für Minderheits- bzw. Minibeteiligungen. § 1 Abs. 2 Nr. 1 setzt demgegenüber eine wesentliche Beteiligung von mindestens einem Viertel voraus. Insoweit enthält § 1 die engere Tatbestandsvoraussetzung.

 

Rz. 25.10

[Autor/Stand] Geschäftsbeziehung. Sowohl § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG[11] als auch § 1 setzen eine Minderung der Einkünfte voraus.[12] Ein wesentlicher Unterschied zwischen § 1 und § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG besteht darin, dass § 1 zwingend eine Geschäftsbeziehung erfordert, ohne die eine Korrektur nicht möglich ist,[13] während § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auch dann Anwendung findet, wenn eine bestimmte Vorteilszuwendung nicht als Geschäftsbeziehung (sondern z.B. als Schenkung) qualifiziert werden kann.[14]

 

Rz. 26

[Autor/Stand] Weitere materiell-rechtliche Unterschiede zwischen § 1 und §...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge