Rz. 1231

[Autor/Stand] Kumulativer Übergang von Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen. Weitere Tatbestandsvoraussetzung einer Funktionsverlagerung ist, dass mit der Funktion auf das ausländische verbundene Unternehmen Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile übergehen. Auch insoweit handelt es sich um eine konstitutive Tatbestandsvoraussetzung, dh. ohne Übertragung und/oder Überlassung von Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen kann keine Funktionsverlagerung vorliegen.[2] Infolgedessen kann allein die Übertragung einer Funktion (Anm. 1205 ff.) nicht zu einer gewinnrealisierenden Funktionsverlagerung führen.[3] Durch die Verwendung einer "und"-Verknüpfung in § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV wird ferner deutlich, dass die Übertragung oder Nutzungsüberlassung sowohl von Wirtschaftsgütern als auch von sonstigen Vorteilen notwendig ist, um eine Funktionsverlagerungsbesteuerung auszulösen. Umgekehrt gesprochen reicht es nicht aus, dass nur Wirtschaftsgüter, nicht aber sonstige Vorteile übertragen werden.[4] Ferner ist die bloße Übertragung oder Nutzungsüberlassung von sonstigen Vorteilen (ohne Wirtschaftsgüter) für eine Funktionsverlagerung nicht ausreichend.

 

Rz. 1232

[Autor/Stand] Abgrenzung zur Auffassung der OECD. Auch die OECD verfolgt die Auffassung, dass eine Reallokation von Funktionen im Konzern nur dann zu vergüten ist, wenn Wirtschaftsgüter oder Rechte von einem Unternehmen auf ein anderes verbundenes Unternehmen übertragen oder zur Nutzung überlassen werden.[6] Eine Gesamtbewertung (i.S. der Bewertung eines Transferpakets) ist allerdings nach Auffassung der OECD nur dann durchzuführen, wenn eine sog. "Activity" ins Ausland übergeht.[7] Voraussetzung für den Übergang einer "Activity" (Anm. 1217) ist, dass Wirtschaftsgüter übergehen, die es dem aufnehmenden Unternehmen ermöglichen, bestimmte Funktionen und Risiken wahrzunehmen.[8]

 

Rz. 1233

[Autor/Stand] Begriff des Wirtschaftsguts. Die Rspr. definiert den Begriff des Wirtschaftsguts weit, indem weniger auf zivilrechtliche als vielmehr auf wirtschaftliche Gesichtspunkte abzustellen ist.[10] Infolgedessen sind sowohl Sachen, Tiere und nicht körperliche Gegenstände i.S. des BGB (§§ 90 und 90a BGB), sofern sie am Bilanzstichtag bereits "als realisierbarer Vermögenswert" angesehen werden können[11], als auch bloße vermögenswerte Vorteile einschließlich "tatsächlicher Zustände" und "konkretisierter Möglichkeiten"[12] Wirtschaftsgüter, wenn sich der Kaufmann diese etwas kosten lässt, sie nach der Verkehrsauffassung einer selbständigen Bewertung zugänglich sind und idR einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen.[13] Einzelheiten der Definition des Wirtschaftsgutes sollen an dieser Stelle nicht weiter diskutiert, sondern stattdessen auf die umfangreiche Kommentarliteratur zur Definition des Wirtschaftsgutes verwiesen werden.[14]

 

Rz. 1234

[Autor/Stand] Begriff des sonstigen Vorteils. Der Begriff des sonstigen Vorteils wird weder gesetzlich in § 1noch in den VWG-Funktionsverlagerung definiert. Auch die OECD-Leitlinien befassen sich nicht mit dem Begriff des sonstigen Vorteils als Tatbestandsvoraussetzung einer Funktionsverlagerung. Aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV "Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile" kann allerdings die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Gesetzgeber mit sonstigen Vorteilen alle Vermögenswerte gemeint hat, die nicht als Wirtschaftsgüter qualifiziert werden können. Es handelt sich damit um Vermögenswerte, die nicht zu einem Wirtschaftsgut "erstarkt" sind, sondern üblicherweise Teil des Geschäfts- oder Firmenwertes sind. Als solche kommen zB Kundenbeziehungen, einzelne Kundenaufträge, eingearbeitetes Personal oder Lieferantenbeziehungen in Betracht.[16] Darüber hinaus können singuläre und unternehmerische Geschäftschancen[17] sonstige Vorteile sein.[18] Solche sonstigen Vorteile sind regelmäßig – aufgrund ihrer fehlenden Wirtschaftsguteigenschaft – einer Einzelbewertung nicht zugänglich, sondern werden vielmehr im Rahmen der Transferpaketbewertung als Bestandteil des einer Funktion als organischer Teil eines Unternehmens (Anm. 1209) zuzuordnenden Geschäfts- oder Firmenwertes vergütet (Anm. 1214 ff.).

 

Rz. 1235

[Autor/Stand] Übertragung von Chancen und Risiken. Eng verbunden mit der Frage der Abgrenzung des Begriffs der sonstigen Vorteile ist die Frage, was unter Chancen und Risiken, welche mit der Funktion sowie den Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen auf das ausländische verbundene Unternehmen übertragen werden,[20] zu verstehen ist. Selbstverständlich ist, dass die isolierte Übertragung von Chancen und Risiken keine Funktionsverlagerung begründen kann. § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV spricht insofern zutreffend von "damit verbundenen Chancen und Risiken", ohne allerdings zu konkretisieren, ob es auf die Verbundenheit mit der Funktion selbst oder aber mit den übergehenden Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen ankommt. Richtigerweise können indessen die Chancen und Risiken nur mit den übergehenden Wirtschaftsgütern und sonsti...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge