Neue Funktionsverlagerungs-VO kann Aufwand und Steuerbelastung bei Verrechnungspreisen erhöhen
Die Vorschriften zum Fremdvergleichsgrundsatz wurden bereits am 2. Juni 2021 durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz (AbzStEntModG) neugefasst und an die aktuellen OECD-Verrechnungspreisleitlinien angepasst. Im Zuge dessen wurden auch die Regelungen zu Funktionsverlagerungen überarbeitet und in einen neuen Absatz 3b in § 1 AStG überführt.
Am 5. Juli 2022 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium (BMF) einen Referentenentwurf zur neuen Funktionsverlagerungsverordnung ( FVerlV-RE). Dieser zielt im Wesentlichen darauf ab, jene Lücken zu schließen, die durch die Neuordnung des geltenden Rechts entstanden sind und orientiert sich demnach stark an der bisherigen Fassung. Bei den inhaltlichen Änderungen sind folgende Aspekte hervorzuheben:
Neudefinition des Transferpakets kann Aufwand in Unternehmen erhöhen
Vorgesehen ist eine Neudefinition des Transferpakets als „verlagerte Funktion als Ganzes“, welche der Gesetzesänderung im AbzStEntModG folgt. In diesem Zusammenhang wurde eine inhaltliche Anpassung der Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne des § 1 Abs. 3b AStG vorgenommen, wonach die Übertragung bzw. Überlassung von Wirtschaftsgütern keine Notwendigkeit für eine Funktionsverlagerung mehr darstellen soll. Auch soll zukünftig eine teilweise Übertragung bzw. Überlassung einer Funktion für den Tatbestand ausreichen. Diese Neuregelungen sowie der daraus resultierende Wegfall der zweiten und dritten Escape-Klausel stellen eine Verschärfung der Vorschriften zu Funktionsverlagerungen dar und können daher in Zukunft zu Mehraufwand auf Seiten der Steuerpflichtigen führen.
Sprachliche Ungenauigkeiten beseitigt
Es wurden sprachliche Ungenauigkeiten und Anwendungsprobleme der aktuell geltenden FVerlV beseitigt. So wird im Rahmen der Ausführungen zum Wert des Transferpakets nun anstelle von „Gewinnpotentialen“ der in der Unternehmensbewertung übliche Begriff „finanzielle Überschüsse“ verwendet.
Erhöhung der Beweislastschwelle
Weiterhin wurde die Beweislastschwelle im Rahmen des Kapitalisierungszeitraums erhöht. Dadurch muss der Steuerpflichtige fortan einen begrenzten Kapitalisierungszeitraum nicht nur glaubhaft machen, sondern auch nachweisen. Ähnliche Änderungen wurden für die Annahme von Funktionsdopplungen sowie dem Ansatz von Schadenersatz, Entschädigungs- und Ausgleichsansprüchen für den Wert von Funktionsverlagerungen vorgenommen.
Bewertung des Transferpakets
Bei der Bewertung des Transferpakets sollen nach dem neuen Entwurf der FVerlV auch Steuereffekte, die aus der Funktionsverlagerung selbst resultieren, berücksichtigt werden. Weiterhin soll es zwingend sein, bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes auf marktübliche Zinsen für das verlagernde und das übernehmende Unternehmen zurückzugreifen. Unternehmensübliche Vergleichsparameter sollen als unzureichend klassifiziert werden, wodurch die Bestimmung der Kapitalisierungszinssätze deutlichen Mehraufwand mit sich bringen kann.
Funktionsverlagerungen ab 2022 (Beginn) betroffen
Die neue Verordnung ist mit ihren Bestimmungen zur rechtssicheren und einheitlichen Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Funktionsverlagerungen gemäß § 1 Abs. 3b AStG maßgeblich und erstmals auf Funktionsverlagerungen in Veranlagungszeiträumen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen. Die Neufassung ist daher rückwirkend auch für Restrukturierungen relevant, die bereits vor ihrer Verabschiedung durchgeführt wurden. Auf vor dem 1. Januar 2022 vollendete Funktionsverlagerungen findet die seit 2008 existierende Fassung der FVerlV Anwendung.
Fazit
Die Bedeutung der Analyse, Bewertung und Dokumentation steigt bei den betroffenen Unternehmen durch den Entwurf zur neuen FVerlV deutlich. Der Weg in Richtung von Bewertungsstandards ist zu begrüßen, wird jedoch auch die Anforderungen auf ein neues professionelles Niveau anheben. Im Ergebnis wird das für einige Unternehmen voraussichtlich zu höheren Exit-Steuern führen.
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